Auch Flatrates haben Grenzen

Herr X schloss einen neuen Mobilfunkvertrag mit Y AG ab. Das Abonnement beinhaltete „unlimitierte“ Leistungen für Telefonie, SMS und auch gewisse Auslandsverbindungen. Herr X habe sich zur Bezeichnung „unlimitiert“ des Abonnements vor Vertragsschluss extra beim Verkäufer versichert. Dennoch erhielt X teilweise hohe, den Abonnementspreis übersteigende Monatsrechnungen. Der Anbieter verweist auf das „Fair Use“- Prinzip und stellt klar, dass Kunden auf Nachfrage hin über die Bedeutung und den Umfang unlimitierter Angebote informiert würden. Für den Ombudsmann ist zu prüfen, was Kunden und Kundinnen von einem solchen Angebot erwarten dürfen.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Mit Eingabe vom 27. April 2012 hat X ein Begehren um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens eingereicht. Der Ombudsmann hat diese Eingabe samt allen dazu übermittelten Dokumenten studiert und eine Stellungnahme vom betroffenen Anbieter angefordert. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen kann der Ombudsmann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten.

Der vorliegende Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme der Anbieter berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

1. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von X wird Folgendes entnommen:

„Im Dezember 2011 unterschrieb ich einen Rahmenvertrag mit dem Mobilfunkanbieter Y. Der Verkäufer erklärte mir den Vertrag so, dass der Vertrag unlimitiert sei (kostenlos in alle Netze so lange ich will, SMS/MMS inbegriffen, selbst ins Ausland könne ich telefonieren). Da ich auch noch selbstständig sei, brauche ich das 1. Jahr nicht CHF 120.- Monatsgebühren zu zahlen, sondern nur die Hälfte CHF 60.- (das war zum Zeitpunkt des Abschlusses ein Angebot von Y). Nach mehrmaligem Nachfragen, ob der Vertrag wirklich unlimitiert sei und ich keine unangenehmen Kosten haben werde, versicherte mir der Verkäufer dies und so kam es zum Abschluss des Vertrages. Im Januar 2012 bekam ich die erste Rechnung über stolze CHF 241.50. Ich konsultierte sofort den Verkäufer, er konnte sich die hohe Rechnung nicht erklären und schrieb mir eine Gutschrift über CHF 170.- gut. Im Februar 2012 erwartete mich wieder eine so hohe Rechnung über CHF 303.35. Ich suchte wieder den Verkäufer auf, wieder das gleiche Spiel, Gutschrift über CHF 123.-. Er versprach mir, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Auch im März 2012 sah die Rechnung nicht anders aus, CHF 273.45. Ich fuhr wieder in den Y Shop in Aarau. Der Verkäufer war im Urlaub und ein anderer Verkäufer bediente mich und gab mir zu verstehen, dass mein Vertrag auf 50 Stunden limitiert sei, Y würde ja sonst Pleite gehen, wenn sie immer solch hohe Telefonrechnungen von all ihren Kunden im Monat haben würde. Ich habe aber ausdrücklich vor Abschluss des Vertrages nachgefragt, ob der Vertrag wirklich unlimitiert sei und was unlimitiert bedeutet. Wenn ich gewusst hätte, dass ich nur 50 Stunden telefonieren darf, hätte ich nie diesen Vertrag abgeschlossen. Ich fühle mich einfach falsch beraten oder sogar hintergangen. Auch die Telefonate, die ich mit dem Anbieter geführt habe, wurden nur mit der Aussage abgespeichert, ich soll doch den Verkäufer haftbar machen, der mir den Vertrag zu diesen Konditionen verkauft habe. Toll, der wickelt mein Nachfragen auch nur noch mit den angeblichen 50 Stunden ab. Ich möchte nun nach all den Unannehmlichkeiten aus diesem Vertrag und mein Geld, das ich in den letzten Monaten gezahlt habe, zurück, ohne die hohe Strafe bei Rücktritt bezahlen zu müssen. Bitte helfen Sie mir, denn ich habe keine Chance gegen diesen Anbieter und ich habe keine Lust diese hohen Rechnungen immer wieder zu tragen. Die SIM-Karte habe ich mittlerweile sperren lassen, um weitere hohe Rechnungen zu vermeiden.

Ziel: Sofortiger Rücktritt aus dem Vertrag ohne die anfallenden hohen Kosten, sowie die Zurückerstattung der letzten 3 Rechnungen von CHF 818.30 - Gutschriften über CHF 293.- Grundgebühren über CHF 180.00 (= 345.30 CHF), die ich gezahlt habe, obwohl der Vertrag unlimitiert ist.“

2. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Y wird Folgendes entnommen:

„Gemäss seiner Aussage wurde der Kunde bei Vertragsunterzeichnung falsch über unsere unlimitierten Y- Angebote informiert. Bereits diese Aussage überrascht uns sehr. Unsere Y- Center Mitarbeiter sind sehr gut über die Einschränkung der "Fair Use Policy" (max. Gespräche von 50 Stunden pro Monat) informiert. Speziell wenn sich ein Kunde explizit betreffend dem Begriff "unlimitiert" informiert, wird er grundsätzlich immer darauf hingewiesen. Spätestens wurde sie jedoch bei Ihrem Besuch im Y Center am 12. Februar 2012 auf die genauen Konditionen aufmerksam gemacht. Diesen Schluss lässt ein vom Kundenberater registriertes Memo unmissverständlich zu. Seiner Aussage zu Folge zeigte sich die Kundin zufrieden (auch aufgrund der gewährten Gutschrift) und einverstanden sich zukünftig an die Bedingungen zu halten. Auffällig ist, dass die Kundin ihre Nummer am 27. Februar 2012 sperren liess. Dies nicht aufgrund eines Kündigungswunsches, sondern weil ihr das mit dem Vertrag erworbene iPhone abhanden gekommen sei. Erst im Anschluss (im April 2012) meldete sich die Kundin bei uns betreffend einer vorzeitigen Vertragskündigung. Die vorzeitige Kündigungsgebühr für ihren Vertrag über 24 Monate mit einem iPhone hätte gemäss den Vertragskonditionen CHF 800.- betragen. Wir kommen ihr diesbezüglich auf der nächsten Rechnung entgegen und verrechnen nur die Gebühr von CHF 500.-.

Es ist nicht nachweisbar, welche Aussagen bei Vertragsunterzeichnung gemacht wurden. Die Aussagen der Kundin, respektive unseres Verkäufers, gehen diesbezüglich weit auseinander. Wir sind bereit, der Kundin wie folgt entgegenzukommen: Wir offerieren ihr, die letzten drei Rechnungen zu annullieren (diejenigen vom 1. April 2012, 1. Mai 2012 und 1. Juni 2012). Dazu reduzieren wir die Schlussrechnung vom 1. Juli 2012 auf die Annullationsgebühr von CHF 500.-. Die Alternative wäre gewesen, dass uns die Kundin das zu Vorzugskonditionen offerierte iPhone zurückgeschickt hätte. Aufgrund des Verlusts ist dies leider nicht mehr möglich. Damit ist es für uns auch nicht möglich die Annullationskosten weiter zu reduzieren (wie erwähnt verrechnen wir bereits nur CHF 500.- anstatt CHF 800.-). Die zusätzliche Gebühr würde sich dementsprechend auf CHF 205.90 belaufen. Die Kundin müsste nach diesen Gutschriften noch einen offenen Restbetrag von CHF 773.45 begleichen (inkl. der noch nicht abgeschlossenen Schlussrechnung vom 1. Juli 2012). Wir erachten dieses Angebot als äusserst kulant und hoffen, damit eine einvernehmliche Lösung mit der Kundin finden zu können.“

3. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann ombudscom als Schlichtungsstelle bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbieterinnen von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 5 des Verfahrensreglements von ombudscom geregelt. Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel innerhalb der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befasst sein.

Am 19. April 2012 wandte sich X per Brief an Y. In ihrem Schreiben führte sie aus, dass sie am 2. Dezember 2011 einen Rahmenvertrag für Geschäftskunden abgeschlossen habe, wobei ihr unlimitierte Telefonie in alle Netze sowie unlimitierte SMS zugesichert worden seien. X legte dar, dass sie den Y-Mitarbeiter vor Vertragsschluss mehrfach auf die Bedeutung von „unlimitiert“ sowie auf ihre Angst vor hohen Rechnungen aufmerksam gemacht habe. Als der Mitarbeiter ihr die Kostenlosigkeit von Telefonie und SMS bestätigte, schloss X den Vertrag ab. Weiter schilderte X, dass die ersten Rechnungen vom Januar 2012, Februar 2012 und März 2012 alle sehr hoch ausgefallen seien. X führte aus, dass sie nach jeder dieser Rechnungen in den Y Shop ging, um eine Erklärung zu erhalten. Die Besuche im Y Shop brachten aber erst nach der dritten Rechnung eine Erklärung, nämlich die Limitierung des Vertrages auf 50 Stunden. X statuierte in ihrem Brief an den Anbieter abschliessend, dass es, hätte sie von der Limitierung auf 50 Stunden gewusst, nicht zu einem Vertragsschluss gekommen wäre. Als Ziel formulierte die Kundin den Wunsch sofort ohne Kostenfolge aus dem Rahmenvertrag für Geschäftskunden entlassen zu werden sowie die Rückerstattung der bisher bezahlten Gebühren in Höhe von CHF 818.-. Am 24. April 2012 antwortete der Anbieter, dass der betreffende Y Shop Mitarbeiter mitgeteilt habe, dass er die Kundin über die Fair Use Policy (maximal 50 Stunden) informiert habe. Nach dem Aufsuchen des Y Shops seien Gutschriften gewährt und die Kundin erneut über die Fair Use Policy informiert worden. Y lehnte deshalb ein weiteres Entgegenkommen ab. Es ist somit keine Einigung zwischen den Parteien ergangen.

X hat ihren Versuch zur Einigung mit Y glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

4. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

A. Allgemeines zum „Fair Use“- Grundsatz

In seiner Stellungnahme wies der Anbieter mehrfach auf die „Fair Use Policy“ hin. Zum besseren Verständnis möchte der Ombudsmann kurz auf diesen Begriff eingehen. Die “Fair Use Policy” (Regel zur angemessenen Verwendung) ist eine Klausel im Vertrag bzw. in den AGB zwischen Anbieter und Nutzer von Pauschalangeboten und findet insbesondere bei Angeboten mit Flatrate (Telefonie und Internet) Anwendung. Ziel ist es, eine übermässige oder sogar exzessive Nutzung eines Pauschalangebotes zu verhindern bzw. einzuschränken. Mittels der “Fair Use Policy” ist es dem Anbieter möglich, die Dienstleistungen nach einem gewissen Verbrauch einzuschränken oder den Mehrverbrauch zusätzlich zu verrechnen. Laut Anbieter sind “Fair Use Policy”- Klauseln erforderlich, um einer Überbeanspruchung der Netzkapazitäten verhindern zu können, was bei anderen Nutzern zu Nachteilen führen würde. Hauptziel ist die Gewährleistung einer qualitativ stabilen und gleichwertigen Versorgung aller Kunden.

B. AGB von Y

Im vorliegenden Fall schloss X für ihre Einzelunternehmung Z am 2. Dezember 2011 ein Abonnementsvertrag für 24 Monate ab, welches unlimitierte Telefonie und SMS sowie 1 Gigabyte kostenlose Datenübertragung beinhaltete. Dazu erhielt X ein iPhone zu Vorzugskonditionen. Im Rahmenvertrag für Geschäftskunden wird festgehalten, dass mit der Unterschrift die Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiert werden. In den Business Service AGB von Y findet sich folgende Klausel:

„Flatrate Produkte werden dem Kunden zum normalen privaten bzw. geschäftlichen Gebrauch angeboten. Wenn der Kunde den normalen privaten Gebrauch überschreitet, behält sich Y vor, geeignete Massnahmen zu ergreifen, um die bestmögliche Servicequalität für sämtliche Kunden sicherzustellen. Solche Massnahmen umfassen den Wechsel auf einen anderen Preisplan, die Verringerung der Übertragungsrate, die Unterbrechung der betroffenen Dienstleistung und die Belastung zum anwendbaren Standardtarif.“

Für den Ombudsmann stellt sich somit die Frage, was unter „normalem privaten Gebrauch“ zu verstehen ist. Recherchen des Ombudsmanns haben ergeben, dass der normale private Gebrauch auf der Internetseite von Y umschrieben wird. Unter der Rubrik „Personalisieren Sie Ihr Y- Abo“ kann für Sprechen, SMS und Surfen die gewünschte Bandbreite ausgewählt werden. Neben den jeweiligen Kategorien gibt es einen Info-Punkt. Bei der Kategorie Sprechen wird für unbegrenzte Anrufe darauf hingewiesen, dass Y von einer normalen Nutzung von maximal 3000 Minuten pro Monat ausgeht. Bei Überschreitung dieser Grenze werde der Standardtarif von CHF 0.40 pro Minute verrechnet. Weiterführende Informationen hinsichtlich des normalen privaten Gebrauchs konnte der Ombudsmann weder auf der Homepage von Y noch in den AGB finden.

C. Vertragsschluss und Rechnungen von Januar und Februar 2012

Im vorliegenden Fall wurde das Abonnement nach Aussagen der Kundin in einem Y Shop geschlossen. In ihrem Schlichtungsbegehren erklärte X, dass sie den Y Mitarbeiter mehrfach auf den Begriff „unlimitiert“ angesprochen habe. Der Mitarbeiter habe ihr darauf versichert, das Angebot sei absolut unlimitiert. X legte dar, dass sie über die Limitierung auf 3000 Minuten bzw. 50 Stunden nicht aufgeklärt worden sei. Y hingegen behauptet, dass ihre Mitarbeiter sehr gut über die “Fair Use Policy” im Bild seien und Kunden grundsätzlich darüber informieren würden. Für den Ombudsmann bestehen im vorliegenden Fall keine Möglichkeiten den tatsächlichen Inhalt des Beratungsgesprächs beim Vertragsschluss nachzuvollziehen. Es liegen allein die Aussagen der Parteien vor, welche in diesem Punkt nicht übereinstimmen. Eine eindeutige Klärung dieses Streitpunkts ist nicht möglich. Festzuhalten ist jedoch, dass X sowohl nach der ersten Rechnung vom 2. Januar sowie der zweiten vom 2. Februar 2012 den Y- Shop aufgesucht hat. Dies legen neben der Aussage der Kundin auch die Stempel des Y- Shop inkl. Unterschrift auf beiden Rechnungen nahe. Dabei wurde ihr jeweils eine Gutschrift in Höhe der zusätzlichen Kosten, die der Kundin trotz unlimitiertem Abonnement verrechnet wurden, gewährt. Auch diese sind jeweils auf den beiden Rechnungen vermerkt. Dieses Vorgehen lässt nach Ansicht des Ombudsmanns die Aussagen der Kundin, wonach sie bei Vertragsschluss nicht über die Limitierung des Angebots informiert wurde, zumindest plausibel erscheinen. Weiteren Anhaltspunkte ergeben sich durch die Aussage von X, sie habe beide Rechnungen beim selben Y- Mitarbeiter beanstandet. Identische Unterschriften auf beiden Rechnungen belegen dies.

D. Rechnung von März 2012

Y bringt in ihrer Stellungnahme vor, dass ein Memo eines Y Mitarbeiters vom 12. Februar 2012 vorliege, welches darlege, dass die Kundin erneut über die Limitierung auf 3000 Minuten informiert wurde. Die Kundin sei aufgrund der gewährten Gutschrift zufrieden gewesen und habe sich einverstanden erklärt, sich zukünftig an die Bedingungen zu halten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe die Kundin somit über die Limitierung Bescheid gewusst. Das angesprochene Memo liegt dem Ombudsmann nicht vor. Allerdings ist es nach Erfahrung des Ombudsmanns durchaus üblich, dass nach Kundengesprächen Memos mit dem wichtigsten Inhalt des Gespräches verfasst werden. Dieses Vorbringen des Anbieters widerspricht allerdings dem Schlichtungsbegehren von X, dass sie erst nach ihrem dritten Besuch im Y Shop (nach der Rechnung vom 2. März 2012) über die Limitierung aufgeklärt wurde. Der bisher zuständige Mitarbeiter sei ferienabwesend gewesen, worauf sie von einem anderen Y- Mitarbeiter bedient worden sei. Da auf der Rechnung vom 2. März 2012 kein Vermerk enthalten ist und für diese Rechnung auch keine Gutschrift mehr gewährt wurde, ist es für den Ombudsmann nicht nachvollziehbar, welche der beiden Schilderungen zum Sachverhalts zutreffen. Der Zeitpunkt, ab wann die Information zur Konsumationslimite von 3000 Minuten vorlag, kann vom Ombudsmann nicht festgestellt werden.

E. Warn-SMS

Auf Nachfrage des Ombudsmanns teilte Y mit, dass die Kunden vor Erreichen der “Fair Use Policy”- Grenze von 50 Stunden zweimal per SMS gewarnt würden. Die SMS würden automatisch generiert, erstmals bei Erreichen von 2700 Gesprächsminuten, letztmals bei Erreichen der Maximalgrenze von 3000 Gesprächsminuten. Gemäss der Auskunft von Y erhielt X am 28. Dezember 2011 um 5.34 Uhr die erste Warn-SMS mit folgendem Inhalt: „Sie haben 2700 Min. telefoniert. Alle Anrufe ab der 3000. Min. werden zum Tarif von CHF 0.40/Min. verrechnet (von Y festgelegte max. normale Nutzung). Die zweite Warnung wurde am 31. Dezember 2011 um 8.07 Uhr verschickt. Der Inhalt lautete: „Sie haben 3000 Min. telefoniert und die von Y festgelegte max. normale Nutzung erreicht. Ab sofort werden Anrufe zum Tarif von CHF 0.40/Min. verrechnet. Y“. Dieselben beiden SMS wurden am 23. Januar 2012 um 21.28 Uhr und am 28. Januar 2012 um 20.48 Uhr, wie auch am 16. Februar 2012 um 20.45 Uhr und 20. Februar 2012 um 8.02 Uhr verschickt. Auf Nachfrage des Ombudsmanns bestritt X jedoch Warn-SMS erhalten zu haben. Der Ombudsmann hält es für zweifelhaft, dass die Kundin keine dieser sechs Kurzmitteilungen erhalten haben soll. Aus eigener Erfahrung geht der Ombudsmann davon aus, dass versandte SMS-Nachrichten den Empfänger mit hoher Sicherheit erreichen. Es daher wenig wahrscheinlich, dass dies bei insgesamt sechs über über einen Zeitraum von drei Monaten versandten SMS nicht funktioniert haben soll. Die Kundin hat auf explizite Nachfrage zu erhaltenen Warn- SMS ausgesagt, keine solche Mitteilungen erhalten zu haben. Dies spricht auch eher gegen die Annahme, dass die Kundin solche SMS als gegenstandslos erachtete, weil sie in fester Überzeugung von einem wortwörtlich unlimitierten Vertrag ausging. Auch dieser Punkt im Sachverhalt lässt sich nicht vollends klären. Der Ombudsmann muss folglich offen lassen, ob die Kurzmitteilungen eingingen bzw. von der Kundin zur Kenntnis genommen wurden.

F. Fazit

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der vorliegende Fall von gegensätzlichen Aussagen und damit einem unklaren Sachverhalt geprägt ist. Da die Schlichtungsstelle kein Gericht ist, muss sich der Ombudsmann bei der Sachverhaltsklärung vor allem auf die Aussagen der Parteien abstützen. Diese gehen in diesem Fall allerdings weit auseinander. X war davon überzeugt, ein unlimitiertes Abonnement bezüglich SMS und Telefonie abgeschlossen zu haben. Die beiden gewährten Gutschriften nach den Rechnungen vom 2. Januar 2012 und 2. Februar 2012, in welchen die zusätzlich generierten Kosten gutgeschrieben wurden, könnten die Kundin in ihrer Vorstellung bestärkt haben. X hat für diese Rechnungen jeweils Gutschriften in Höhe der zusätzlich verrechneten Gebühren erhalten, d.h. sie musste nur die Grundgebühr bezahlen. Das Abonnement wurde genutzt. Die Beträge sind von der Kundin daher geschuldet und können nicht zurückgefordert werden.

Fraglich ist die Sachlage bei der Rechnung vom 2. März 2012. Auch in diesem Monat hat sie das Abonnement zweifellos genutzt. Unklar ist jedoch, ab welchem Zeitpunkt die Kundin über die Limite von 50 Stunden informiert war. Die Darstellungen sind gegensätzlich. Der Anbieter stützt sich auf die Erinnerung vom 12. Februar 2012. Die Kundin bringt vor, erst nach der Rechnung vom 2. März 2012 informiert worden zu sein. Allerdings wurden auch im Monat Februar 2012 zwei Warn-SMS verschickt. Da die Verantwortung für die erneute Überschreitung der Limite von 3000 Minuten nicht eindeutig einer Partei zugeordnet werden kann, schlägt der Ombudsmann die hälftige Teilung des Rechnungsbetrages in Höhe von CHF 273.45 vor. Y übernimmt somit CHF 136.75 und X ebenfalls CHF 136.70.

Was die Rechnungen vom 2. April 2012 bis 2. Juni 2012 anbelangt, begrüsst der Ombudsmann das Entgegenkommen von Y, der Kundin die Rechnungsbeträge zu erlassen. Y hat weiter angeboten, die Gebühren für die vorzeitige Kündigung von CHF 800.00 auf CHF 500.00 zu reduzieren. Das Angebot von Y die vorzeitige Kündigungsgebühr bei Rückgabe des zu Vorzugskonditionen erhaltenen iPhones vollständig zu erlassen, erachtet der Ombudsmann als kulant. Da eine Rückgabe durch den Verlust des iPhones durch die Kundin jedoch nicht mehr möglich ist, geht der Ombudsmann mit dem Anbieter einig, dass ein gewisser Ersatz geschuldet ist. Allerdings möchte er den Anbieter dazu bewegen, den Betrag auf CHF 400.00 zu reduzieren.

5. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Y AG verzichtet gegenüber X auf die Forderungen aus den Rechnung Nr. 117673450 vom 2. April 2012, Nr. 118617497 vom 2. Mai 2012 sowie Nr. 119563679 vom 2. Juni 2012.
  2. Y AG reduziert die Rechnung Nr. 116734224 vom 2. März 2012 in Höhe von CHF 273.45 um CHF 136.75. Es verbleibt somit eine offene Forderung gegenüber X in der Höhe von CHF 136.70.
  3. Y AG reduziert die Schlussrechnung vom 1. Juli 2012 auf die Annullationsgebühr von CHF 400.00.
  4. Y AG stellt X innert 20 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Bestätigung über die erfolgreiche Schlichtung eine neue Rechnung gemäss Ziff. 2 und 3 über CHF 536.70 samt dazugehörigem Einzahlungsschein zu.
  5. X bezahlt den ausstehenden Betrag von CHF 536.70 an Y AG mittels dazugehörigem Einzahlungsschein innert 20 Tagen nach Erhalt der neuen Rechnung.
  6. X nimmt zur Kenntnis, dass die bereits bezahlten Beträge für die Rechnungen Nr. 114871446 und Nr. 115799267 vom 2. Januar 2012 und 2. Februar 2012 an Y Ah geschuldet sind.
  7. Mit Bezahlung der Forderung nach Ziffer 5 sehen sich die Parteien per Saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt.
  8. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 13. August 2012

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