Auf Falschauskünfte der Mitarbeitenden darf man sich verlassen

Der Kunde X bestreitet die Mehrwertdienstgebühren rechtzeitig und bezahlt die unbestrittenen Rechnungskosten. Dennoch stellt ihm der Anbieter Mahnungen zu. Darf er das? Leider ja, weil 38 Abs. 4 FDV nur vorsieht, dass der Anbieter den Anschluss nicht sperren und den Vertrag nicht kündigen darf. Die Aussage des Anbieters Y, dass er lediglich das Inkasso für den Mehrwertdienstanbieter mache, ist aber nicht zutreffend, denn die Anbieter nehmen jeweils einen Teil der Mehrwertdienstgebühren für sich ein. Ausserdem muss der Anbieter seine Kundschaft umfassend über das weitere Vorgehen der bestrittenen Mehrwertdienste informieren. Dies war vorliegend nicht der Fall.

Weiter will Kunde X das Vertragsverhältnis auf den nächstmöglichen Termin kündigen. Der Anbieter Y teilt ihm einen falschen Termin mit, auf welchen der Vertrag ohne Kostenfolge gekündigt werden könne. Kunde X kündigt auf diesen Zeitpunkt. Später stellt der Anbieter Y dem Kunden dennoch Gebühren für eine vorzeitige Kündigung in Rechnung, weil die Mindestvertragsdauer nicht abgelaufen sei. Darf sich der Kunde X auf die Fehlauskunft verlassen? - Ja, denn bei der auskunftserteilenden Person handelt es sich um eine Hilfsperson, für deren Fehlverhalten der Anbieter haftet. Der Anbieter Y muss die Gebühren für die vorzeitige Kündigung somit annullieren.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Am 19. Oktober 2020 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.

Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:

„Mein Stiefsohn (06.01.2005), nutzt dieses Handy samt Vertrag. Es folgten zwei Rechnungen von Anbieter Y am 06.04.2020 für 75.- u. am 05.05.2020 für 89.70 für Mehrwertdienste Premium SMS Kurznummer xxx.

Mein Stiefsohn hat jedoch kein Abo oder Leistungen offiziell bezogen. Ich habe mich an Anbieter Y mehrfach schriftlich gewendet. Die sonstigen Abokosten waren korrekt verrechnet und habe ich auch bezahlt. Anbieter Y forderte auf mich direkt beim Mehrwertdienstanbieter melden, da sie sich nicht zuständig fühlten. Dies machte ich. Darauf hin schrieb mir der Mehrwertdienstanbieter, dass nur 15.- für den Dienst verrechnet wurden. Weitere Hinweise zu weiteren Leistungen wurden nicht gemacht. Trotz diesem Rückmeldung besteht Anbieter Y weiter auf Ihren Forderungen und ging inhaltlich nie darauf ein. Sie meinten nur, dass ich mich ansonsten an die Ombudtsstelle zu wenden habe.

Am 10.07.2020 habe ich diesen Anschluss auf den nächsten regulären Zeitpunkt gekündigt. Im Schreiben vom 17.07.2020 von Anbieter Y wurde benannt, dass die Kündigung auf den 31.07.2020 möglich ist, falls früher 290.40 Bearbeitungsgebühren anfielen. Ich ging davon aus, dass ich somit ab 31.07.2020 regulär ohne weitere Kostenfolge aus dem Vertrag ausstieg. Danach folgte eine Rechnung von 489.70 ohne jegliche Erklärung von Anbieter Y und es wurde gedroht ein Inkassobüro einzusetzen.

Nun schrieb Anbieter Y, dass das Abo frühzeitig gekündigt wurde und somit Bearbeitungsgebühren von 325.- anfielen und das Abo 12 Monate ab 16.12.2019 gelaufen wäre – obwohl Anbieter Y zuvor vom 31.07.2020 und 290.40 schrieb.

Das Inkassobüro Z sendet nun eine Mahnung über 689.05. Somit haben sich die bestrittenen Forderungen um die Mehrwertdienste 164.70 mehr als vervierfacht.

  1. Es wurde von Anbieter Y nie inhaltlich zu fehlenden Leistungen des Mehrwertdienstanbieters Stellung bezogen und dies berücksichtigt.
  2. Es wird nun noch eine Bearbeitungsgebühr als Strafe verlangt, obwohl ich regulär auf den nächst möglichen Termin gekündigt habe.
  3. Durch das Inkassobüro werden nun noch div. andere Gebühren versucht mir anzuhängen.

Ziele:
4. Die Kosten für die unklaren Mehrwertdienste will ich nicht bezahlen (Verhandlung max. 15.-)
5. Es werden nicht Bearbeitungsgebühren für die Kündigung auf den 31.07.2020 auferlegt.
6. Die div. Kosten des Inkassobüros sollen nicht zu meinen Lasten gelegt werden.“

B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Anbieter Y wird Folgendes entnommen:

„Der Kunde ist mehrmals in Kontakt mit uns getreten bezüglich Premium SMS, sein minderjähriger Sohn würde es nutzen. Wir haben daraufhin dem Kunden erklärt, dass er die Anbieter der Premium SMS direkt kontaktieren muss, wir würden die Beträge nur weiterverrechnen. Er hat daraufhin nicht bezahlt, wobei seine Akte zu Inkasso gesendet wurde. Nach mehrmaliger Kontaktaufnahme haben wir dem Kunden versprochen, er könnte alle Rechnungen bezahlen die offen sind, abgesehen von den CHF 100.00 Kündigungsgebühren für das Abo. Daraufhin haben wir Ihr Schreiben erhalten, der Kunde ist nicht darauf eingegangen.

Verhandlungsrahmen: CHF 100.00 für die Kündigungsgebühren für das Abo.“

C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt:

Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.

Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen samt Rechnungen und Verbindungsnachweise – sofern vorhanden – und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.

Herr X teilt Anbieter Y mit Schreiben vom 23. April 2020 mit, dass die Forderung von CHF 75.- nicht berechtigt sei. Er ziehe diese deshalb vom Total der Rechnung ab und bezahle nur den nicht bestrittenen Teil von CHF 122.70. Er habe mit der Kurznummer xxx keinen Vertrag abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2020 wiederholt Herr X, dass er den Betrag von CHF 75.- bestreite. Auch auf der aktuellen Rechnung erscheine eine Forderung von CHF 89.70, welche er bestreite. Er werde den nicht bestrittenen Betrag von CHF 56.15 bezahlen. Er habe die Mehrwertdienste nicht aktiviert.

Anbieter Y mahnt den Kunden mit Schreiben vom 25. Mai 2020 über den ausstehenden Betrag von CHF 75.- für die Mehrwertdienste.

Gleichentags informiert Anbieter Y Herrn X brieflich, dass er sich an den Inhaber der Kurznummer xxx wenden müssen. Er könne sich auch an ombudscom wenden. Anbieter Y sei verpflichtet, die Kosten zu begleichen und bestehe deshalb auf ihre Forderungen.

Anbieter Y stellt Herrn X am 17. Juni 2020 einen Kontoauszug mit Einzahlungsschein zu. Er solle den Betrag von CHF 164.70 innert 5 Tagen begleichen.

Herr X teilt Anbieter Y am 19. Juni 2020 brieflich mit, dass er den Betrag von CHF 164.70 bestreite. Das habe er bereits mit Schreiben vom 23. April 2020 und 13. Mai 2020 kundgetan. Er habe sich an den Mehrwertdienstanbieter gewendet. Ihm seien gemäss Auskunft des Mehrwertdienstanbieters nur CHF 15.- in Rechnung gestellt worden. Herr X wiederholt, dass er keinen Vertrag mit dem Mehrwertdienstanbieter eingegangen sei. Deshalb solle Anbieter Y die Forderung annullieren.

Anbieter Y stellt Herrn X mit Schreiben vom 22. Juni 2020 und 24. Juni 2020 nochmals eine Mahnung über CHF 164.70 zu.

Herr X wiederholt mit Schreiben vom 10. Juli 2020, dass er den Betrag von CHF 164.70 nach wie vor bestreite. Es sei nicht schlüssig, wie Anbieter Y auf diesen Betrag komme, sei gemäss Mehrwertdienstanbieter doch nur ein Betrag von CHF 15.- verrechnet worden. Herr X will, dass die Forderung gelöscht wird und ersucht um Kündigung seines Vertrags der Rufnummer 07x xxx xx xx auf den nächstmöglichen Zeitpunkt.

Mit Schreiben vom 17. Juli 2020 teilt Anbieter Y mit, dass der Vertrag erst am 31. Juli 2020 auslaufe. Bis dahin werden die Grundgebühren in Rechnung gestellt. Sollte Herr X die Auflösung des Vertrags vor Vertragsende wünschen, werden ihm CHF 290.40 in Rechnung gestellt. Die Rufnummer 07x xxx xx xx könne bis zum 31. Juli 2020 portiert werden. Er müsse beim Wunschanbieter das Portierungsformular ausfüllen.

Anbieter Y teilt Herrn X mit Schreiben vom 28. August 2020 mit, dass der Vertrag per 31. Juli 2020 beendet worden sei und stellt Herrn X CHF 489.70 in Rechnung.

Am 4. September 2020 informiert Anbieter Y per E-Mail über den Ausstand von CHF 489.70. Dieser werde ohne Zahlungseingang am 11. September 2020 um 15:45 Uhr an das Inkassounternehmen übergeben.

Herr X informiert Anbieter Y, dass der Vertrag ordentlich per 31. Juli 2020 gekündigt worden sei. Der Betrag von CHF 164.70 werde nach wie vor bestrittenen. Anbieter Y sende nun wieder eine Rechnung ohne Erklärung. Dieses Mal über CHF 489.70. Dieser Betrag stimme nicht, es müsse ein Irrtum vorliegen. Die angedrohten Mehrkosten für das Inkassoverfahren werde er nicht übernehmen. Herr X sei mangels Erklärung zu den bestrittenen Gebühren nicht bereit, allfällige Mahngebühren oder Verzugszinsen zu bezahlen.

Anbieter Y erwidert am 8. September 2020, dass Herr X am 16. Dezember 2019 einen Vertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten abgeschlossen habe. Im April 2020 habe er Mehrwertdienste bezogen und sich geweigert, für die Kosten aufzukommen. Anbieter Y lege das Schreiben vom 25. Mai 2020 bei und wiederhole, dass der Dienst nicht von ihnen angeboten werde. Da die April-Rechnung nicht beglichen worden sei, seien mehrere Mahnungen zugestellt worden. Am 17. Juli 2020 sei die vorzeitige Kündigung eingegangen, was eine Gebühr von CHF 100.- sowie die ausstehenden Raten des Mobiltelefons nach sich zog.

Herr X verweist mit Schreiben vom 11. September 2020 darauf, dass seine Kündigung vom 10. Juli 2020 auf den nächst möglichen Zeitpunkt und nicht vorzeitig erfolgt sei. Ausserdem habe Anbieter Y mit Schreiben vom 17. Juli 2020 informiert, dass der Vertrag am 31. Juli 2020 auslaufe und somit keine Strafzahlungen anfallen sollten. Nun spreche Anbieter Y von einer vorzeitigen Kündigung, welche nicht stattgefunden habe. Herr X sei der Ansicht, dass er sich auf die Auskunft von Anbieter Y vom 17. Juli 2020 habe verlassen können. Er lehne die Gebühren für eine vorzeitige Kündigung somit klar ab. Ausserdem erachte er den Betrag von CHF 164.70 für die Mehrwertdienste nach wie vor für unrechtmässig. Herr X verlangt, dass die Schlussrechnung angepasst werde und die Mehrwertdienste sowie die Strafzahlung für die angebliche vorzeitige Kündigung gestrichen werden.

Anbieter Y leitet am 14. September 2020 das Inkassoverfahren beim Inkassounternehmen A ein. Vom Kunden wird ein Betrag von CHF 689.05 verlangt.

Anbieter Y antwortet am 17. September 2020 auf das Kundenschreiben vom 11. September 2020. Herr X solle CHF 389.70 bezahlen, der Betrag von CHF 100.- werde gutgeschrieben und das Inkassoverfahren zurückgezogen.

Herr X hat bereits zahlreiche Male erklärt, dass er den geltend gemachten Betrag bestreitet, sodass es nicht mehr zumutbar ist, nochmals auf das Schreiben vom 17. September 2020 von Anbieter Y zu reagieren. Er hat seinen Versuch zur Einigung mit Anbieter Y somit glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

1. Ausgangslage und Problemstellung

Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Anbieter Y berechtigt war, die bestrittenen, ausstehenden Forderungen für Mehrwertdienste in der Höhe von CHF 164.70 zu mahnen. Weiter wird überprüft, ob die Kündigung per 31. Juli 2020 vorzeitig erfolgte und hierfür Gebühren in Rechnung gestellt werden dürfen.

Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.

2. Allgemeine Vorbemerkungen

2.1 Zur Verantwortung des Fernmeldedienstanbieters in Bezug auf Mehrwertdienste

Anbieter Y stellt sich auf den Standpunkt, dass seine Aufgabe in Bezug auf die Mehrwertdienste lediglich darin bestehe, eine Verbindung zwischen dem Mehrwertdienstanbieter und den Kundinnen und Kunden herzustellen und die von den Kundinnen und Kunden genutzten Dienste auf der monatlichen Mobilfunkrechnung in Rechnung zu stellen. Die Beziehung zwischen der Kundschaft und dem Mehrwertdienstanbieter sei mit der Beziehung zwischen Vertragspartnern vergleichbar. Im Falle eines Streites hinsichtlich des bereitgestellten Dienstes müsse die Kundschaft Kontakt mit dem Mehrwertdienstanbieter aufnehmen. Der Betrag müsse bei Anbieter Y bezahlt werden. Schliesslich müsse Anbieter Y die Beträge den Mehrwertdienstanbietern auch bezahlen.

Der Ombudsmann teilt diese Auffassung insofern, als dass das eigentliche Vertragsverhältnis beim Bezug von Mehrwertdiensten zwischen der Kundschaft und dem Mehrwertdienstanbieter zustande kommt. Wenn die Kundin oder der Kunde bestreitet, die Dienstleistung wissentlich und willentlich in Anspruch genommen zu haben, ist das Zustandekommen eines Vertrags zwischen der Kundschaft und den Mehrwertdienstanbietern strittig. Hinzuweisen ist jedoch, dass Anbieter Y nicht lediglich die vom Mehrwertdienstanbieter verlangten Kosten weiterverrechnet, sondern dafür auch einen Teil der Gebühren für sich einnimmt. Bestreiten Kundinnen und Kunden die Mehrwertdienstgebühren sollten diese beim Fernmeldedienstanbieter innert Frist bestritten werden. Anschliessend wenden sich die Kundinnen und Kunden mit einem Rückerstattungsbegehren an die Mehrwertdienstanbieter. Nach Erhalt einer allfälligen Rückerstattung überweisen sie den Betrag dann an den Fernmeldedienstanbieter. Dieses Vorgehen bedingt allerdings, dass der Fernmeldedienstanbieter seine Kundinnen und Kunden nach der Beschwerde über die Mehrwertdienstgebühren rasch und umfassend über die Mehrwertdienste aufklärt. Bei rechtzeitiger Beanstandung der Rechnung und Bezahlung des unbestrittenen Betrags ist es nützlich, wenn die Fernmeldedienstanbieter zwischenzeitlich den Mahnprozess aussetzen. Schliesslich sollte der Kundschaft genügend Zeit eingeräumt werden, die bestrittenen Mehrwertdienstgebühren von den Mehrwertdienstanbietern zurückzufordern. Die Unterbrechung des Mahnprozesses basiert im Gegensatz zum Verbot, den Anschluss zu sperren sowie den Vertrag zu kündigen, auf Goodwill des Fernmeldedienstanbieters. Eine diesbezügliche gesetzliche Regelung gibt es leider nicht. Dass der Anschluss der Kundin oder des Kunden bei rechtzeitiger Beanstandung der Mehrwertdienstgebühren sowie der fristgerechter Bezahlung des unbestrittenen Teils der Rechnungen nicht gesperrt sowie der Vertrag mit der Kundschaft nicht gekündigt werden darf, wird in Art. 38 Abs. 4 FDV geregelt.

Will der Kunde die in Rechnung gestellten Mehrwertdienstgebühren in der Höhe von CHF 164.70 zurückfordern, muss er diese zuerst gegenüber den betroffenen Mehrwertdienstanbietern geltend machen.

2.2 Gegenstand des Schlichtungsverfahrens

Gegenstand dieses Schlichtungsverfahrens sind somit nicht die bestrittenen Mehrwertdienstgebühren an und für sich, sondern die Herrn X infolge der nicht bezahlten Mehrwertdienstgebühren zugestellten Mahnungen, die Kündigung per 31. Juli 2020 und die damit zusammenhängenden Kosten sowie das eingeleitete Inkassoverfahren.

Die Mehrwertdienstgebühren der Kurznummern xxx von Mehrwertdienstanbieter A, xxxx von Mehrwertdienstanbieter B und xxxxx von Mehrwertdienstanbieter C muss er bei den Mehrwertdienstanbietern beanstanden und eine Rückerstattung dieser Gebühren fordern. Nach Zahlungseingang wird er die Beträge an Anbieter Y überweisen.

Die Rückerstattung des Betrags von CHF 120.- für die Kurznummer xxx von Mehrwertdienstanbieter A wird im Verfahren C7xxxx behandelt. Die weiteren Mehrwertdienste der Kurznummern xxxx und xxxxx wurden bei den Mehrwertdienstanbietern B und C noch nicht beanstandet.

3. Unerwünschte Mehrwertdienste und Folgen

3.1 Sachverhalt und Bemühungen des Kunden

Mit Rechnung vom 6. April 2020 stellte Anbieter Y Herrn X CHF 75.- für Mehrwertdienste der Kurznummer xxx von Mehrwertdienstanbieter A. in Rechnung. Herr X beanstandete diese Rechnung fristgerecht am 23. April 2020 und bezahlte in der Folge am 30. April 2020 den nicht bestrittenen Teil von CHF 122.70. Den Betrag von CHF 75.- für die Mehrwertdienste bezahlte Herr X nicht. Anbieter Y antwortete nicht auf das Schreiben von Herrn X, sondern mahnte den ausstehenden Betrag mit Schreiben vom 25. Mai 2020. Die Erklärung zu den Mehrwertdiensten erfolgte erst einen Monat später – ebenfalls am 25. Mai 2020: Er solle sich an Mehrwertdienstanbieter A wenden. Den bestrittenen Betrag müsse er bezahlen.

Mit der Folgerechnung vom 5. Mai 2020 stellte Anbieter Y Herrn X weitere CHF 89.70 für die nachfolgenden Mehrwertdienste in Rechnung:

  • CHF 45.- für Mehrwertdienste der Kurznummer xxx
  • CHF 15.- für Mehrwertdienste der Kurznummer xxxxx

und

  • CHF 29.70 für Mehrwertdienste der Kurznummer xxxx

Auch diese Mehrwertdienste beanstandete Herr X fristgerecht mit Schreiben vom 13. Mai 2020 und bezahlte den nicht bestrittenen Betrag von CHF 56.15.

Eine Antwort und Erklärungen zu den beiden weiteren Mehrwertdienstanbietern B und C erfolgten nicht. Die Teilzahlung von CHF 56.15 wurde von Anbieter Y fälschlicherweise auf den noch offenen Betrag der bestrittenen Mehrwertdienste in der Höhe von CHF 75.- gemäss Rechnung vom 6. April 2020 und nicht von der Rechnung vom 5. Mai 2020 abgezogen, sodass Anbieter Y für die Rechnung vom 6. April 2020 noch einen Ausstand von CHF 18.85 aufführte und die Rechnung vom 5. Mai 2020 als gänzlich unbezahlt vermerkte.

Eine Antwort auf die Beschwerde vom 13. Mai 2020 ging bei Herrn X nicht ein. Auch versäumte es Anbieter Y seine Kunden über die beiden weiteren Mehrwertdienstanbieter B und C der Kurznummern xxxx und xxxxx zu informieren. Diese Information erhielt der Kunde erst von der Schlichtungsstelle.

3.2 Mahnungen und mangelhafte Information von Anbieter Y

Wie in Ziffer D.2.1 bereits erwähnt, gibt es keine gesetzliche Grundlage, welche den Fernmeldedienstanbietern bei bestrittenen Mehrwertdienstgebühren untersagt, den Mahnprozess in Gang zu setzen. Gemäss Ziffer 9 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) steht der Kundschaft das Recht zu, die Rechnungsbeträge innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Rechnung schriftlich zu beanstanden. Erfolgt eine Beanstandung nach Ablauf dieser Frist, gilt die Rechnung als genehmigt. Auch wenn die Folgen einer rechtzeitigen Beanstandung in den AGB nicht geregelt sind, liegen diese eigentlich auf der Hand: Die beanstandeten Beträge werden bis zur Klärung nicht gemahnt. Kann keine Klärung erfolgen, sollten die ausstehenden Beträge nicht gemahnt werden, solange seitens des Fernmeldedienstanbieters keine umfassende und klare Erklärung zu den Gebühren erfolgt. Vorliegend beanstandete Herr X die Mehrwertdienstgebühren fristgerecht und bezahlte den nicht bestrittenen Teil der Rechnung ebenfalls innert Zahlungsfrist. Anbieter Y informierte Herrn X nie umfassend und klar zu den Mehrwertdienstanbietern. So wurden ihm bspw. nie die Mehrwertdienstanbieter B und C der Kurznummern xxxx und xxxxx bekanntgegeben. Das Verhalten des Fernmeldedienstanbieters erachtet der Ombudsmann für äusserst kundenunfreundlich. Deshalb erachtet der Ombudsmann die Zustellung der Mahnungen im vorliegenden Fall für nicht gerechtfertigt. Allfällige Mahngebühren müssen daher annulliert werden. Des Weiteren wird vorgeschlagen, dass Anbieter Y mangels rechtzeitiger Information an den Kunden eine Gutschrift über die Höhe der bestrittenen Gebühren der Mehrwertdienste der Kurznummern xxxx und xxxxx erstellt: CHF 29.70 für Mehrwertdienste der Kurznummer xxxx und CHF 15.- für Mehrwertdienste der Kurznummer xxxxx, ausmachend CHF 44.70. Eine Kontaktaufnahme mit den Mehrwertdienstanbietern B und C zwecks Rückerstattung dieser Beträge erübrigt sich somit.

4. Kündigung per 31. Juli 2020

4.1 Sachverhalt

Herr X sprach mit Schreiben vom 10. Juli 2020 u.a. die Kündigung des Vertrags mit der Rufnummer 07x xxx xx xx auf den nächst möglichen Zeitpunkt aus. Anbieter Y teilte dem Kunden mit Schreiben vom 17. Juli 2020 mit, dass der Vertrag am 31. Juli 2020 auslaufe und die Abonnementsgebühren bis dahin in Rechnung gestellt werden. Herr X wurde informiert, dass bei einer Kündigung vor Vertragsende eine Gebühr von CHF 290.40 anfalle. Herr X ging somit zu Recht davon aus, dass er den Vertrag ordentlich per 31. Juli 2020 kündigte. Umso erstaunter war er, als ihn Anbieter Y am 28. August 2020 über einen angeblichen Ausstand von CHF 489.70 mahnte. Mit E-Mail vom 4. September 2020 teilte Anbieter Y mit, dass die Forderung ohne Zahlungseingang am 11. September 2020 dem Inkassounternehmen übergeben werde. Im Betrag von CHF 489.70 enthalten waren nach wie vor die rechtzeitig bestrittenen Mehrwertdienstgebühren in der Höhe von CHF 164.70 und zusätzlich CHF 325.-, welche sich der Kunde nicht erklären konnte. Eine vorgängige Rechnung erhielt der Kunde nicht. Im Nachhinein konnte der Kunde in Erfahrung bringen, dass die Mindestvertragsdauer erst am 16. Dezember 2020 enden würde und die Kündigung auf den 31. Juli 2020 entgegen der Zusicherung von Anbieter Y als vorzeitige Kündigung behandelt wurde. Anbieter Y informierte nach einer Beanstandung des Kunden, dass für die vorzeitige Kündigung eine Gebühr von CHF 100.- anfalle. Eine Erklärung für die verbleibenden CHF 225.- stellte der Anbieter dem Kunden nicht zu, sondern leitete am 11. September 2020 wie angekündigt das Inkassoverfahren ein. Später erklärte sich Anbieter Y bereit, die Gebühr von CHF 100.- zu annullieren und das Inkassoverfahren zurückzuziehen. Herr X verlangte aber die Stornierung des gesamten Ausstandes, sodass sich die Parteien diesbezüglich nicht einigen konnten.

Die Informationen des Anbieters an den Kunden sind auch bezüglich der Kündigung ungenügend. Die mangelhafte Auskunft erachtet der Ombudsmann für kundenunfreundlich. Er kann den Unmut von Herrn X nachvollziehen.

4.2 Vertragliche Vereinbarung

Die Überprüfung der eingereichten Unterlagen ergab, dass Herr X am 16. Dezember 2019 in einer Filiale von Z den Vertrag „Mobile XY plus“ für monatlich CHF 9.95 abschloss und ein Mobiltelefon mit 64 GB für CHF 1.- kaufte. Dieses Gerät verfügte über einen Wert von CHF 269.80 und sollte mit einem Betrag von CHF 11.20 während 24 Monaten abbezahlt werden. Bezüglich der Kündigung wurde vertraglich vereinbart, dass bei einer vorzeitigen Kündigung eine Bearbeitungsgebühr von CHF 100.- in Rechnung gestellt werde. Der Ratenzahlungsvertrag sei abhängig von der Dauer des Mobifunkvertrages. Bei Kündigung des Mobilfunkvertrages werde auch der Ratenzahlungsvertrag gekündigt und die verbleibenden Raten fällig. Vertraglich wurde somit eine Ratenzahlung vereinbart, welche die Dauer des Mobilfunktvertrages um 12 Monate übersteigen sollte. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Ratenzahlungsvereinbarung mit der Kündigung des Mobilfunkvertrages hinfällig werde. Es wurde vertraglich somit eine Dauer der Ratenzahlung vereinbart, welche unmöglich war.

Der Vertrag wäre somit ordentlich per 16. Dezember 2020 kündbar gewesen. Mit der vorzeitigen Kündigung per 31. Juli 2020 wäre Anbieter Y gemäss Vertrag somit befugt gewesen, eine Bearbeitungsgebühr von CHF 100.- sowie die verbleibenden Geräteraten in der Höhe von CHF 184.80 in Rechnung zu stellen (verbleibende 16.5 Monate x CHF 11.20), ausmachend CHF 284.80 und nicht CHF 325.-.

4.3 Fehlerhafte Information vom 17. Juli 2020

Eine namentlich nicht genannte mitarbeitende Person von Anbieter Y sicherte Herrn X entgegen der vertraglichen Vereinbarung am 17. Juli 2020 schriftlich zu, dass der Vertrag am 31. Juli 2020 auslaufe und bei einer vorherigen Kündigung eine Gebühr von CHF 290.40 anfallen würde. Auf die Zusicherung durfte sich der Kunde verlassen. Bei den Mitarbeitenden des Anbieters handelt es sich typischerweise um Hilfspersonen im Sinne von Art. 101 OR (Obligationenrecht / SR 220), da der Anbieter die oder den Mitarbeitende/n bewusst (mit Wissen und Wollen) zur Mitwirkung bei der Erfüllung einsetzt. Der Anbieter haftet nur für einen Schaden, welcher die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht. Das bedeutet, es muss ein funktioneller Zusammenhang bestehen, so dass die schädigende Handlung der Hilfsperson zugleich eine Nicht- oder Schlechterfüllung der Schuldpflicht des Geschäftsherrn aus seinem Vertrag mit dem Geschädigten darstellt (BGer, 24.3.2007, 4C.394/2006, E. 4.2). Bei einem befugten Beizug einer Hilfsperson haftet der Geschäftsherr für die Hilfsperson, auch wenn ihn kein Verschulden trifft. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, sodass Anbieter Y für die Falschinformation der mitarbeitenden Person einstehen muss. Das Vertragsverhältnis wird mitsamt der Ratenzahlungsvereinbarung per 31. Juli 2020 ohne Kostenfolgen gekündigt. Anbieter Y wird somit den ausstehenden Betrag von CHF 369.70 (CHF 489.70 abzüglich CHF 120.- der Mehrwertdienste von Mehrwertdienstanbieter A) stornieren. Auch das Inkassoverfahren wird auf Kosten von Anbieter Y zurückgezogen und ein allfälliger Bonitätsdatenbankeintrag von Herrn X wird gelöscht. Für den verbleibenden Ausstand von CHF 120.- für die Mehrwertdienste von Mehrwertdienstanbieter A der Kurznummer xxx wird ein Mahnstopp von 6 Monaten gesetzt. Sobald Herr X den Betrag von Mehrwertdienstanbieter A zurückerstattet hat, wird er diesen an Anbieter Y überweisen.

Diesen Vorschlag erachtet der Ombudsmann unter den gegebenen Umständen für sachgerecht.

Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.

E. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Die Parteien nehmen zur Kenntnis, dass der Vertrag „xx“ der Rufnummern 07x xxx xx xx und die Ratenzahlungsvereinbarung per 31. Juli 2020 gekündigt wurden.
  2. Anbieter Y zieht das gegen Herrn X eingeleitete Inkassoverfahren Nr. xxx'xxx beim Inkassounternehmen A innert 20 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens auf eigene Kosten zurück.
  3. Anbieter Y lässt einen allfälligen mit dem Inkassoverfahren Nr. xxx’xxx zusammenhängenden Bonitätsdatenbankeintrag von Herrn X innert 20 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens beim Inkassounternehmen A auf eigene Kosten löschen.
  4. Anbieter Y reduziert den Ausstand im Kundenkonto Nr. xxxxxxxxxx von Herrn X auf CHF 120.- und setzt während 6 Monaten einen Mahnstopp.
  5. Herr X überweist den Betrag von CHF 120.- nach Eingang der Rückerstattung durch Mehrwertdienstanbieter A umgehend an Anbieter Y.
  6. Nach Erfüllung von Ziffern E.2 bis E.5 des Schlichtungsvorschlags erklären sich die Parteien per saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt.
  7. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 6. November 2020

Dr. Oliver Sidler
Ombudsmann

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