Versteckte Zusatzkosten verstossen gegen UWG

Herr X bestreitet die ihm zusätzlich zu den Abonnementsgebühren von CHF 59.- in Rechnung gestellten Kabelanschlussgebühren von CHF 34.70. Der Ombudsmann erkannte im Schlichtungsvorschlag, dass sich die Werbung und die Vertragsübersicht über das Erfordernis des kostenpflichtigen Kabelanschlusses ausschwiegen. Den AGB konnte das Erfordernis des Kabelanschlusses, jedoch nicht die Kosten entnommen werden. Die alleinige Regelung in den AGB erachtete der Ombudsmann für nicht ausreichend und vertrat die Ansicht, dass diese Regelung missbräuchlich im Sinne von Art. 8 UWG war. Der Kunde wurde mit dem günstigen Abonnement geködert, ohne dass er sich über die Zusatzkosten im Klaren war. Der Ombudsmann kam zum Schluss, dass es an einer vertraglichen Grundlage fehlte, sodass der Anbieter die Rechnungen zu stornieren hatte.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Am 31.08.2023 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.

Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:

„als Mitglied der Stockwerkeigentümergemeinschaft xxx-Strasse 12b, 1234 Ort, bezog ich über den seinerzeit noch von Z in allen Wohnungen eingerichteten Kabelnetzanschluss Dienstleistungen in Form von TV-Empfang und Internetzugang, und zwar im Rahmen einer von unserer Liegenschaftsverwaltung schon vor langer Zeit abgeschlossenen Pauschalkundenvereinbarung mit Anbieter Y, die zum 31.12.2022 aufgelöst wurde. Wie üblich wurden während dieser Phase die Forderungen des Anbieters periodisch indirekt über die Nebenkostenabrechnung den einzelnen Wohnungseigentümern weiterbelastet. Um eine breitere Auswahl an Fernsehsendern und eine schnellere Anbindung ans Internet zu erreichen, schloss ich mit Anbieter Y vor etwa fünf Jahren einen individuellen Vertrag unter dem Begriff „AB“ mit entsprechender Kostenfolge ab (Beilagen 1 und 2).

Entgegen meiner Annahme verzichtete Anbieter Y auf die Kündigung der oben erwähnten Pauschalkundenvereinbarung hin erstaunlicherweise darauf, mir eine Offerte zur Fortführung ihrer Basisversorgung in Gestalt des sogenannten „V“ zu unterbreiten. Obschon also in dieser Hinsicht kein Vertrag besteht, forderte das Unternehmen mich am 19.7.2023 zur Zahlung von Fr. 319.15 für die vom 1.2.2023 bis 30.9.2023 aufgelaufenen Grundgebühren auf (Beilage 3). Aufgrund einer eingeholten Rechtsauskunft stellte ich mich diesem Ansinnen mittels eingeschriebenem Brief vom 13.8.2023 entgegen, worin meine Argumente klar formuliert sind (Beilage 4).

Anbieter Y ging in der elektronischen Antwort vom 18.8.2023 (Beilage 5) auf meinen dargelegten Standpunkt, wonach es an einer vertraglichen Grundlage fehle, überhaupt nicht ein und bestand vielmehr darauf, dass ich die Rechnung begleiche. Die in der Nachricht aufgestellte Behauptung, wonach es für den Kabelanschluss keine Angebote gebe, kann wohl kaum ernst genommen werden, da nach wie vor unzählige solcher auf die Grundversorgung beschränkter Verträge existieren. Dies bewog mich, der mit der Angelegenheit betrauten Mitarbeiterin im Brief vom 21.8.2023 nochmals darzulegen, aus welchen Gründen ich mich ihren Überlegungen nicht anschliessen könne (Beilage 6).

Zumal Anbieter Y in seiner E-Mail vom 28.8.2023 weiterhin vollumfänglich auf seiner Forderung beharrt (Beilage 7), also absolut keine Kompromissbereitschaft zeigt, um die Sache einvernehmlich zu regeln, bitte ich Sie, sich meines Anliegens anzunehmen. Für Ihre Beurteilung scheint mir die folgende Passage im Begleitbrief zur Rechnung des Providers (Beilage 8) besonders wichtig: „Um den Kabelanschluss von Anbieter Y zu nutzen, bitten wir Sie, diese Rechnung innerhalb der gesetzten Frist zu bezahlen. Sie akzeptieren damit die beiliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB von Anbieter Y.“

Meines Erachtens kommt damit eindeutig zum Ausdruck, dass der Vertrag erst zustande käme, wenn die Forderung erfüllt würde. Selbst wenn ich dies täte, blieben mir die zu einem jeden Vertrag gehörenden elementaren Bedingungen, wozu hier selbstredend auch die Mindestdauer zählt, völlig offen. Im Übrigen heisst es in den mir gleichzeitig zugestellten anwendbaren AGB (Beilage 9) unmissverständlich „Der Vertrag beginnt, sobald wir Ihre Anmeldung zu einem Dienst akzeptiert haben.“, doch mangels eines entsprechenden Angebots liegt von mir persönlich gar keine solche Willensbekundung vor.

In diesem Zusammenhang wäre interessant zu erfahren, wie sich Anbieter Y denn dazu gestellt hätte, wenn ich auf Anfang 2023 einen Vertrag gleicher Natur mit einem Konkurrenzunternehmen eingegangen wäre. Wie Sie ferner der eingangs erwähnten Vertragsübersicht „AB“ nur mit Mühe entnehmen können (gelb markiert), soll die dazu bestimmte Mindestvertragsdauer erst am 23.6.2023 geendet haben, was angesichts des bereits mehrere Jahre bestehenden Kontrakts Fragen aufwirft.“

B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Anbieter Y wird Folgendes entnommen:

„Das AB-Abonnement für CHF 59.00, Kundennummer 123456789, wurde per 13. Juli 2021 aktiviert. Die Vertragslaufzeit betrug 24 Monate.

Mit der Rechnung Mai 2023 informierten wir den Kunden, dass die Grundgebühren unserer Abonnements per 1. Juli 2023 um rund 4% inflationsbedingt erhöht werden. Dementsprechend kostet das Abonnement nun CHF 61.40.

Damit unsere digitalen Produkte in Betrieb genommen werden können ist der Kabelanschluss die Grundvoraussetzung. Die Produkte aus dem AB-Portfolio entsprechen in etwa dem Leistungsumfang unserer CD-Abonnements. Sie kosten jedoch mindestens CHF 40.00 weniger. Das liegt daran, dass die Gebühren für den Kabelanschluss nicht im Preis der Produkte enthalten ist und wird dem Kunden separat in Rechnung gestellt.

An der Adresse xxx-Strasse, 1234 Ort hatten wir mit der Verwaltung S einen Kabelanschlussvertrag. Dieser stellten wir eine jährliche Rechnung für die gemeldeten Anschlüsse für den Kabelanschluss. Für die An- und Abmeldung der Anschlüsse war die Verwaltung zuständig.

Grundsätzlich verrechnet die Verwaltung den Kabelanschluss Ihren Mietern oder Stockwerkeigentümern in den Nebenkosten. Anbieter Y hat auf diese Verrechnung keinen Einfluss, da der Mieter oder Stockwerkeigentümer einen Mietvertrag respektiv Stockwerkeigentümervertrag aufweist.

Die Verwaltung S hat den Kabelanschlussvertrag per 31. Dezember 2022 gekündigt. Dies bedeutet für die Mieter oder Stockwerkeigentümer, dass per 1. Januar 2023 die Kabelanschlussgebühren direkt von uns in Rechnung gestellt werden, da die Verrechnung unsererseits nicht weiter über die Verwaltung erfolgt.

Im Zusammenhang der Kabelanschlusskündigung oblag es der Verwaltung, die Mieter oder Stockwerkeigentümer zu informieren.

In der Erstverrechnung (Rechnungsnummer 123456789) ist ersichtlich, dass die Verrechnung für den Zeitraum von 1. Februar 2023 bis 30. September 2023 ist. Demzufolge wurde der Monat Januar 2023 Herrn X geschenkt.

Zum Vergleich, ein Abonnement inklusive Kabelanschlussgebühren mit denselben Leistungen, wie das von Herrn X: CD für CHF 134.15.

Wir können den Unmut nachvollziehen, möchten jedoch an dieser Stelle festhalten, dass Anbieter Y im Fall von Herrn X, keine Gebühren zu Unrecht erhebt.

Selbstverständlich kann Herr X unter Einhaltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sein Abonnement jeweils auf Ende des Monats mit einer Frist von zwei Monaten kündigen.“

C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.

Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.

Der Kunde setzte sich vermehrt mit dem Kundendienst von Anbieter Y bzgl. der extra in Rechnung gestellten Kabelanschlussgebühr in Verbindung. Herr X bestreitet, einen Vertrag über diese abgeschlossen zu haben. Die Parteien konnten keine Einigung finden.

Herr X legte seinen Versuch zur Einigung mit Anbieter Y glaubhaft dar. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

1. Ausgangslage und Problemstellung

Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Anbieter Y dem Kunden die Kabelanschlussgebühr korrekt in Rechnung stellte.

Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.

2. Zur Kabelanschlussgebühr

2.1 Allgemeines zu den Kabelanschlussgebühren

Bei vielen Liegenschaften in der Schweiz ist der Empfang von Fernmeldedienstleistungen über einen Kabelanschluss gewährleistet. Der Kabelanschluss ist in der Regel freigeschaltet und ein Grundangebot (TV, Internet, Radio) an Telekom-Dienstleistungen kann mit entsprechenden Endgeräten empfangen werden. Vertragsnehmerinnen und Vertragsnehmer waren früher in den meisten Fällen die Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer oder eine von ihnen eingesetzte Immobilienverwaltung. Die geschuldeten Anschlussgebühren sind in solchen Fällen üblicherweise im Mietvertrag geregelt und werden über die Nebenkosten abgeführt. Die Kündigung des Kabelanschlusses erfolgt in diesen Fällen an die Vermieterin oder den Vermieter bzw. die Liegenschaftsverwaltung. Bezahlt die Vermieterin oder der Vermieter die Kabelanschlussgebühren, sind diese Teil der Nebenkosten. Die Pflicht zur Prüfung dieser Kosten liegt bei der Mieterin oder beim Mieter. Wer diese Gebühren nicht bezahlen will, muss dies der Vermieterin oder dem Vermieter mitteilen. Die Höhe der Nebenkosten wird in der Folge um den Betrag der Kabelanschlussgebühren reduziert. Die Zustimmung zur Bezahlung dieser Gebühren entsteht beim Abschluss des Mietvertrages oder bei der Ankündigung einer Mietzinserhöhung infolge solcher Kabelanschlussgebühren. Bezahlt die Mieterin oder der Mieter die Nebenkosten mitsamt den Gebühren, werden diese konkludent akzeptiert. Die Kundschaft hat somit ihre Eigenverantwortung wahrzunehmen.

In der letzten Zeit änderten die Anbieter vermehrt die Modalitäten der Verrechnung der Kabelanschlussgebühren. Diese werden zunehmend der Kundschaft direkt in Rechnung gestellt bzw. werden Abonnements angeboten, bei welchen die Kabelanschlussgebühren bereits im Preis enthalten sind.

2.2 Voraussetzung für die Inrechnungstellung der Kabelanschlussgebühr

Das Zustandekommen eines Vertrags setzt die gegenseitige übereinstimmende Willensäusserung voraus. Das hat zur Folge, dass der Anbieter den Kunden in geeigneter Weise über die zusätzlich anfallende Kabelanschlussgebühr informieren muss. Die Kabelanschlussgebühr kann vertraglich geregelt werden. Dies umfasst auch die Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend AGB), sofern diese der Kundschaft in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht wurden und die Höhe der Kabelanschlussgebühr bestimmt oder zumindest bestimmbar ist.

Die AGB des Anbieters halten in Ziffer x ausdrücklich fest, dass die Dienste nur bezogen werden können, wenn ein Kabelanschluss vorliegt sowie die Gebühren bezahlt werden. Der Zugang zum Netz des Anbieters wird durch den Kabelanschluss gewährt. Dieser ist Voraussetzung, damit die kostenpflichtigen Zusatzdienste (wie z.B. Fernsehen mit grosser Senderauswahl) bezogen werden können. Auf den Kabelanschluss kann verzichtet werden. Mit diesem Verzicht verliert man aber auch die Möglichkeit, die kostenpflichtigen Zusatzdienste zu nutzen. Kündigt man diesen Anschluss, so wird er plombiert.

2.3 Im vorliegenden Fall

Der Kunde schloss per 13. Juli 2021 ein Abonnement „AB“ für CHF 59.- mit Anbieter Y ab. Die Mindestvertragsdauer endete am 26. Juni 2023.

Die Werbung des Anbieters und die Vertragsübersicht schweigen sich über das Erfordernis des kostenpflichtigen Kabelanschlusses aus. Das Erfordernis, jedoch nicht die Kosten, werden in den AGB geregelt. Der Ombudsmann vertritt die Ansicht, dass die alleinige Regelung in den AGB nicht ausreichend bzw. diese Regelung sogar missbräuchlich im Sinne von Art. 8 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG / SR 241) ist. Die Kundin oder der Kunde wird durch das Angebot eines günstigen Abonnements geködert, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass nur mittels Bezahlung einer zusätzlichen Gebühr in der Höhe von CHF 34.70 pro Monat das Abonnement „AB“ genutzt werden kann. Dies ist als Verstoss gegen die geltenden Bestimmungen gegen die Preisbekanntgabe und den unlauteren Wettbewerb zu werten. Somit kam der Vertrag über den Kabelanschluss nicht gültig zustande. Der Anbieter darf keine Forderungen aus diesem Vertrag ableiten. Es fehlt die vertragliche Grundlage. Der Kunde gilt mit dieser Schlichtungsvereinbarung über die Kabelanschlussgebühr als informiert. Sollte er damit nicht einverstanden sein, hat er bis 31. Oktober 2023 die Möglichkeit sein Abonnement „AB“ zu kündigen und einen neuen Anbieter zu suchen. Sollte er bis dahin nicht kündigen, akzeptiert er die Kabelanschlussgebühr von CHF 34.70 pro Monat.

Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.

E. SCHLICHTUNGSVEREINBARUNG

  1. Anbieter Y hat die Rechnungen der Kabelanschlussgebühr bis zum 31. Oktober 2023 für das Abonnement „AB“ von Herrn X innert 20 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens zu stornieren.
  2. Herr X hat bis zum 31. Oktober 2023 die Möglichkeit, sein Abonnement „AB“ per sofort kostenfrei zu kündigen. Kündigt er das Abonnement bis dahin nicht, akzeptiert er die Kabelanschlussgebühr von CHF 34.70 pro Monat, welche ihm ab dem 31. Oktober 2023 in Rechnung gestellt werden.
  3. Diese Schlichtungsvereinbarung wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.