Unlimitiertes Abonnement mit Limit
Herr X verfügte über ein unlimitiertes Abonnement mit lebenslangem Rabatt, in welchem auch Verbindungen im Ausland enthalten waren. Der Anbieter kündigte Herrn X den Wechsel auf ein im Ausland limitiertes Abonnement innert kurzer Frist an, weil der Kunde die Dienste übermässig und somit missbräuchlich in Anspruch genommen habe. Damit war Herr X nicht einverstanden und ersuchte um lebenslange Beibehaltung des unlimitierten Abonnements. Der Ombudsmann hielt im Schlichtungsvorschlag fest, dass die übermässige bzw. missbräuchliche Nutzung vertraglich zwar erwähnt, aber nicht genauer definiert wurde. Der Anbieter bot somit ein unlimitiertes Abonnement an, welches dennoch über ein nicht genau bestimmtes Limit verfügte. Der Ombudsmann kam im Schlichtungsvorschlag u.a. zum Schluss, dass ohne die Erläuterung des Begriffs der missbräuchlichen Nutzung dem Anbieter ein unlauteres Verhalten nach Art. 3 Abs. 1 lit. b. UWG angelastet werden könnte. Es wurde vorgeschlagen, dass das unlimitierte Abonnement beibehalten werden konnte. Der Ombudsmann wies Herrn X aber darauf hin, dass das Abonnement von beiden Seiten unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt und nicht auf Lebzeiten beibehalten werden kann.
SCHLICHTUNGSVORSCHLAG
Am 1. Juli 2021 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.
Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.
A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN
Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:
„Anbieter Y möchte den Vertrag einseitig kündigen. Jedoch war beim vertragsabschlusss erwähnt das das Abo für Lebenslänglich gültig ist.“
B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS
Der Stellungnahme von Anbieter Y wird Folgendes entnommen:
Mitteilung vom 1. Juli 2021:
„Vielen Dank für Ihre Mitteilung über die Einleitung des Schlichtungsverfahrens.
Es trifft zu, wir bestätigen Ihnen dass wir jene Kunden kontaktieren (weniger als 1%), welche das entsprechende Flat-Rate-Angebot mit Auslandsgesprächen nutzen, dass von über 99% unserer Kunden übliche Nutzungsverhalten deutlich überschreitet. Wir wollen die Angebotsqualität für die über 99% unserer Kunden mit einem normalen Gebrauch sicherstellen.
Deshalb bieten wir den betroffenen Kunden (weniger als 1%) mit einem solch unüblich hohen Verbrauch ein anderes Angebot an. Ein solches Vorgehen behalten wir uns gemäss den AGB (Ziff. 19) ausdrücklich vor. In der Beilage erhalten Sie unsere aktuellen AGB's.
Herr X kann dieses Angebot annehmen, ohne Kosten per sofort kündigen oder ohne Folgekosten seine Rufnummer zu einem anderen Anbieter wechseln. Herr X wurde von unserer Agentin korrekt informiert.
Beachten Sie bitte, dass es in diesem Fall keine weiteren Lösungsmöglichkeiten gibt. Aus diesem Grund lehnen wir diesen Fall zur Schlichtung ab und bitten Sie dieses Verfahren zu sistieren.
Ich bedanke mich für Ihre Bemühungen und hoffe, dass diese Informationen hilfreich sind.“
Mitteilung vom 16. Juli 2021:
„Beachten Sie bitte, dass diese Stellungnahme meine Mitteilung vom 1. Juli 2021 ersetzt. Nach Rücksprache mit unserem Rechtsdienst informiere ich Sie wie folgt:
Wir bedauern, dass Herr X mit dem Abonnementswechsel für seine Rufnummer 07x xxx xx xx, Abonnement „AB“ auf ein Abonnement „BC“ nicht einverstanden ist. Wir bestätigen das Herr X das AB-Abo behalten kann, jedoch behalten wir uns vor, das Abonnement fristgerecht und ordentlich per 30. September 2021 zu kündigen.
Es tut uns leid, dass wir ihm keine andere Alternative anbieten können und wünschen Ihnen ein schönes Wochenende.“
C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN
Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.
Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.
Anbieter Y informiert Herrn X mit E-Mail vom 22. Juni 2021 über den Wechsel zum Abonnement „BC“ per 13. Juli 2021. Herr X nutze 10x mehr Anrufvolumen zu Rufnummern im Ausland als andere Abonnentinnen und Abonnenten. Das neue Abonnement koste CHF 46.- und beinhalte 100 Minuten Anrufe in europäische Länder, 3 GB Roaming-Daten sowie 300 Roaming-Minuten. In der Schweiz bleibe die Nutzung wie gehabt – unlimitierte Gespräche, SMS und High-Speed-Daten.
Herr X ruft am 30. Juni 2021 den Kundendienst von Anbieter Y an und spricht mit Frau T. Er beschwert sich über den Abonnementswechsel. Er sei der Ansicht gewesen, dass das Abonnement lebenslänglich gültig sei. Frau T teilt mit, dass nichts zu machen sei.
Am 1. Juli 2021 wendet er sich ausserdem noch erfolglos via Chat an Anbieter Y.
Herr X hat seinen Versuch zur Einigung mit Anbieter Y somit glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.
D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS
1. Ausgangslage und Problemstellung
Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Anbieter Y wegen übermässiger Nutzung einseitig das Abonnement „AB“ per 13. Juli 2021 zum Abonnement „BC“ ändern durfte.
Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.
2. Zum Sachverhalt
Herr X und Anbieter Y einigten sich am 20. September 2019 über den Vertrag „AB“ für monatlich CHF 88.- abzüglich eines Rabattes „Lebenslang“ von CHF 44.-, ausmachend CHF 44.- pro Monat. Dieses Abonnement verfügte über keine Mindestvertragslaufzeit und beinhaltete eine Flatrate, vermutlich auch im Ausland. Es wurde eine Kündigungsfrist von 60 Tagen auf einen beliebigen Zeitpunkt vereinbart. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bilden Vertragsbestandteil dieses Vertrags.
Anbieter Y zeigte mit E-Mail vom 22. Juni 2021 einen Abonnementswechsel per 13. Juli 2021 infolge übermässiger Nutzung der Dienste (Anrufe auf ausländische Rufnummern) an. Ab 13. Juli 2021 sollte einer Änderung zum Abonnement „BC“ für monatlich CHF 46.- und limitierten Auslandeinheiten (100 Minuten Anrufe in europäische Länder, 3 GB Roaming-Daten sowie 300 Roaming-Minuten) erfolgen.
Der zweiten Stellungnahme von Anbieter Y vom 16. Juli 2021 kann entnommen werden, dass Herr X das ursprüngliche Abonnement „AB“ behalten könne. Anbieter Y behalte sich aber eine fristgerechte Kündigung per 30. September 2021 vor.
Nachfolgend wird das Vorgehen von Anbieter Y überprüft.
3. Zur Streitigkeit
3.1 Zum Vertragsschluss und zur einseitigen Vertragsänderung
Das Zustandekommen eines Vertrags setzt die gegenseitige übereinstimmende Willensäusserung voraus (Art. 1 Obligationenrecht / OR / SR 220). Zudem müssen sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte des Vertrages einigen (Art. 2 Abs. 1 OR). Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz zum Vertragsschluss, dass Parteien an einen vereinbarten Vertragsinhalt gebunden sind, soweit sie nicht einvernehmlich eine neue Vertragsregelung vereinbaren. Eine vertragliche Bindung auf Lebzeiten ist nicht möglich, da diese Art. 27 Abs. 2 ZGB (Schweizer Zivilgesetzbuch / SR 210) widerspricht. Bei Dauerschuldverhältnissen vereinbaren die Parteien daher entsprechende Fristen zur Kündigung der Verträge.
Nach Vertragsabschluss kann der Inhalt grundsätzlich nicht mehr einseitig durch eine Vertragspartei abgeändert werden. Rechnen die Parteien bei Vertragsabschluss mit künftigen Ereignissen, können sie für diesen Fall eine Anpassung vertraglich vorsehen (sog. Anpassungsklauseln), sofern diese genügend bestimmt verfasst ist. Damit Anpassungsklauseln aber überhaupt gültig sind, müssen sowohl das erwartete Ereignis als auch der Umfang der Anpassung vertraglich bestimmt werden. Des Weiteren muss der Vertragspartner im Voraus klar und unmissverständlich über die bevorstehende Änderung informiert werden. Soweit diese Kriterien vollumfänglich erfüllt sind, könnte die eine Partei die Änderung durchsetzen - notfalls auch gegen den Willen der anderen Partei. Ist ein künftiges Ereignis jedoch zu wenig definiert oder nicht hinreichend bestimmt und handelt es sich um eine für die andere Partei nachteilige Vertragsanpassung, räumen sich die Parteien ein Kündigungsrecht ein.
Der Anbieter beruft sich gemäss erster Stellungnahme vom 1. Juli 2021 auf Ziffer 19 AGB, wonach Anbieter Y jederzeit Vertragsänderungen vornehmen kann, wenn diese bis zu 30 Tage vor der Änderung der Kundschaft mitgeteilt werden. Die Änderungsklausel von Anbieter Y ist äusserst offen verfasst, sodass das Ereignis zu wenig definiert bzw. nicht hinreichend bestimmt ist. Herrn X hätte somit eine Kündigungsmöglichkeit per Eintritt der Änderung angeboten werden müssen. Weiter erwähnt Anbieter Y in Ziffer 19 AGB eine Vorankündigungsfrist von bis zu 30 Tagen. Der Wortlaut „bis zu 30 Tagen“ ist zur Bestimmung einer Frist eher ungewöhnlich, wird üblicherweise doch die Terminologie „mindestens 30 Tage“ verwendet. Der Ombudsmann geht vorliegend somit davon aus, dass Anbieter Y Herrn X mindestens 30 Tage zuvor hätte informieren müssen. Indem Anbieter Y die Änderung mit E-Mail vom 22. Juni 2021 per 13. Juli 2021 ankündigte, wurde die Frist nicht eingehalten.
3.2 Übermässige Nutzung
Als Hauptgrund für die Abonnementsanpassung nannte Anbieter Y eine übermässige Nutzung der Dienste für Anrufe auf ausländische Rufnummern. Damit dürfte Anbieter Y die sog. „Fair-Use-Policy“ ansprechen. Dabei handelt es sich um eine Klausel im Vertrag/in den AGB zwischen Anbieter und Nutzerinnen und Nutzern von Pauschalangeboten und findet insb. bei Angeboten mit Flatrate Anwendung. Ziel ist es, eine übermässige oder sogar exzessive Nutzung eines Pauschalangebotes zu verhindern bzw. einzuschränken, damit es – gemäss Angaben des Anbieters – nicht zu einer Überbeanspruchung der Netzkapazität und dadurch zur Einschränkung für andere Kundinnen und Kunden komme.
Herr X schloss – wie bereits erwähnt - am 20. September 2019 den Flatrate-Vertrag „AB“ für CHF 88.-, abzüglich des Rabatts „Lebenslang“ von CHF 44.-, ab. Zum konkreten Vertragsinhalt liegen keine genauen Angaben vor. Den Schilderungen der Parteien zufolge scheint es sich um eine Flatrate, vermutlich im In- und Ausland gehandelt zu haben. Der Ombudsmann überprüfte die aktuellen Angaben des Abonnements „AB“ auf der Webseite des Anbieters. Anbieter Y bewirbt das Abonnement wie folgt: „Alles unlimitiert in der Schweiz, Europa, USA & Kanada.“ Es wird vorliegend – mangels genauerer Angaben der Parteien – davon ausgegangen, dass es sich wohl um eine ähnliche Werbung bzw. ein ähnliches Abonnement handelte. Von einer Limitierung der Dienste sprechen weder Herrn X Vertrag noch die dazugehörigen AGB. Die AGB sehen in Ziffer 10 lit. I lediglich eine übermässige Nutzung, die zu einer System- oder Netzwerküberlastung führen kann, als missbräuchliche Nutzung der Dienstleistungen vor. Was unter einer übermässigen Nutzung zu verstehen ist oder welche Limiten bestehen, wird nicht weiter definiert. Anbieter Y scheint somit ein unlimitiertes Abonnement beworben zu haben, welches letztendlich dennoch über ein Limit verfügte. Der Wortlaut „Alles unlimitiert“ suggerierte dem Kunden eine Leistung, die so nicht erbracht wird. Die Terminologie „unlimitiert“ ist vorliegend irreführend, da dennoch ein nicht näher erklärtes Limit zu bestehen scheint. Der Umstand, dass sich Anbieter Y weder vertraglich bzw. in den AGB noch gegenüber der Schlichtungsstelle oder dem Kunden zum anscheinend bestehenden Limit äusserte, lässt das Vorgehen von Anbieter Y für die Kundschaft noch willkürlicher erscheinen. Der Ombudsmann kommt zum Schluss, dass ohne die direkte Erläuterung des Begriffs der missbräuchlichen Nutzung im Vertrag bzw. den AGB dem Anbieter ein unlauteres Verhalten nach Art. 3 Abs. 1 lit. b. UWG (Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) angelastet werden könnte. Dieser Bestimmung zufolge handelt unlauter und damit unrechtmässig, wer bezüglich einer Leistung unrichtige oder irreführende Angaben macht. Irreführend ist eine Angabe dann, wenn sich der Durchschnittsadressat gestützt darauf eine falsche Vorstellung von den tatsächlichen Gegebenheiten macht. Dabei ist jeweils auf die Marktwirkung einer Angabe und auf die Perspektive bzw. das Verständnis des Adressaten abzustellen (vgl. BSK UWG-Mathis Berger, Art. 3 Abs. 1 lit. b N 49 ff.).
Das Vorgehen von Anbieter Y war nach Meinung des Ombudsmanns rechtlich nicht korrekt. Daher begrüsst er den Vorschlag des Anbieters, das Abonnement „AB“ für CHF 44.- Herrn X weiterhin zur Verfügung zu stellen. Dieser Abonnementsvertrag kann von beiden Seiten unter Einhaltung von 60 Tagen auf jeden Zeitpunkt gekündigt werden. Somit kann auch Anbieter Y den Abonnementsvertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist (und nicht wie angekündigt per 30. September 2021) kündigen. Herrn X Begehren nach Bestehen des Abonnements auf Lebzeiten kann folglich nicht nachgekommen werden.
Diesen Vorschlag erachtet der Ombudsmann unter den gegebenen Umständen für sachgerecht.
Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.
E. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG
- Das Abonnement „AB“ für monatlich CHF 44.- von Herrn X, Rufnummer 07x xxx xx xx, bleibt mit der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von 60 Tagen auf jeden Zeitpunkt bestehen.
- Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.
Bern, 6. August 2021
Dr. Oliver Sidler, Ombudsmann