Wo bleibt die 5G-Verbindung?

Frau X schloss in der Filiale des Drittunternehmens Z den Abonnementsvertrag „AB“ mit Anbieter Y ab. Sie informierte, dass eine 5G-Verbindung erwünscht werde, woraufhin der Mitarbeiter von Z mitteilte, dass sie ein Mobiltelefon mit 5G-Funktion benötige. Daher erwarb Frau X in der Filiale von Z ein entsprechendes Gerät und vereinbarte eine Ratenzahlung mit Y. Die Kundin stellte später fest, dass keine 5G-Verbindung, sondern nur eine schlechte 4G-Verbindung möglich war. Sie wandte sich mit ihrer Beschwerde an Anbieter Y, welcher ihr mitteilte, dass im Abonnement „AB“ keine 5G-Verbindung enthalten sei. Diese müsste gegen einen monatlichen Aufpreis dazu abonniert werden. Frau X war damit nicht einverstanden und verlangte die sofortige Vertragsauflösung sowie Rückerstattung der bezahlten Abonnementsgebühren. Im Schlichtungsvorschlag kam der Ombudsmann zum Schluss, dass Frau X bei Vertragsschluss in der Filiale von Z wohl falsch informiert wurde, denn sie hätte dem Vertragsschluss sonst nicht zugestimmt. Anbieter Y muss für das Fehlverhalten des Mitarbeiters des Drittunternehmens Z im Rahmen der Hilfspersonenhaftung nach Art. 101 OR einstehen. Daher wurde vorgeschlagen, dem Schlichtungsbegehren von Frau X grösstenteils zu entsprechen. Frau X konnte ihre Nummer per sofort zum Anbieter ihrer Wahl portieren, was zur Vertragsauflösung ohne Kostenfolge führte. Da der Anbieter einen Teil der Dienstleistung erbrachte, erachtete der Ombudsmann eine Rückerstattung von 2/3 der bezahlten Abonnementsgebühren für angezeigt.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Am 21. Dezember 2021 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe der Kundin samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.

Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente der Kundin als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Frau X wird Folgendes entnommen:

„Am 06.08.2021 machte ich bei Anbieter Y für meine Tochter J einen neuen Handyvertrag und wir haben ein I Phone 12 mit 5G gekauft. Da meine Tochter allerdings nur 4G oder 3G zur Verfügung hat und auch ein schlechtes Netz hat, habe ich mich mehrfach an Anbieter Y gewendet. Leider änderte sich nichts und ich habe meine Rechtsschutzversicherung beauftragt. Um das schlechte Netz zu belegen machten wir an verschiedenen Orten Sceenshots mit Google Maps. Darauf hin meldete sich Anbieter Y und sie wollten von allem nichts wissen und dann Stück für Stück räumten sie dann doch ein. Unmöglich dieses Verhalten von dem Mitarbeiter, wo mir dann auch seinen Namen nicht mehr nennen wollte. Nun ist jegliche Frist verstrichen und meine Rechtsschutzversicherung bat mich, mich an Sie zu wenden. Sie forderten in einem Brief an Anbieter Y die sofortige Vertragsauflösung und die Rückerstattung der monatlichen Kosten, da in diesem Fall ein Vertragsbruch Seitens Y vorliegt. Ich hoffe sehr das Sie mir weiter helfen können. Im Anhang sende ich den Vertrag und die Screeshots mit.“

B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Anbieter Y wird Folgendes entnommen:

„Dass die Kundin uns bezüglich schlechter Netzabdeckung Ende November kontaktiert hat, ist korrekt - jedoch erst via Rechtschutzversicherung. Wir haben versucht, mit der Kundin Kontakt aufzunehmen, damit wir die Screenshots oder die Adressen erhalten, um Tests durchzuführen- leider ohne Erfolg. Die Screenshots habe ich erst jetzt von Ihnen im Dossier zugestellt bekommen.

5G ist im Abonnement „AB“ nicht inbegriffen, es ist als Zusatzoption für CHF 9.-/ Monat erhältlich. Die Details können Sie hier entnehmen: https://xxxxxxx

Wenn die Kundin den Vertrag vorzeitig (also nicht unter Einhaltung der Mindestvertragslaufzeit) künden will, weil die Netzabdeckung gemäss Screenshots nicht gut ist, dann verzichten wir gerne auf die Kündigungsgebühren. Dass wir jedoch die bisherigen oder fortlaufenden Monatsgebühren stornieren sollen, damit sind wir nicht einverstanden. Wir haben versucht mit der Kundin eine Lösung zu finden, aber sie wollte nicht mit uns sprechen. Ausserdem beanstandet die Kundin CHF 100.-, was nicht korrekt ist denn in diesem Betrag sind auch die Raten des Gerätes sowie die Geräteversicherung inbegriffen.

An effektive Abogebühren wurden der Kundin bisher CHF 56.65 verrechnet.“

C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.

Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.

Frau X teilt mit, sich mehrfach telefonisch mit dem Anbieter in Verbindung gesetzt und den schlechten Empfang an ihrem Wohnort beanstandet zu haben.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2021 teilt Frau T der Rechtsschutzversicherung der Kundin im Auftrag von Frau X mit, dass am 6. August 2021 ein Abonnement für die Tochter von Frau X abgeschlossen und ein iPhone 5G 128 mit monatlichen Raten zu CHF 35.- gekauft worden sei. Das Abonnement sei per 6. Oktober 2021 aktiviert worden. Da die Tochter von Frau X nur über 4G- und nicht 5G-Netz verfüge, möchte Frau X nun infolge Schlechterfüllung vom Vertrag zurücktreten. Ausserdem sei Anbieter Y gemäss Art. 97 OR (Schweizer Obligationenrecht; SR 220) schadenersatzpflichtig. Daher verlangt Frau T, dass die seit der Aktivierung angefallenen monatlichen Abonnementsgebühren von CHF 19.95 an Frau X zurückerstattet werden.

Anbieter Y antwortet nicht auf dieses Schreiben.

Frau X hat ihren Versuch zur Einigung mit Anbieter Y glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

1. Ausgangslage und Problemstellung

Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Frau X infolge der von ihr vorgebrachten Schlechterfüllung des Abonnementsvertrags „AB“ von diesem zurücktreten und als Schadenersatz die bisher bezahlten Abonnementsgebühren zurückverlangen kann.

Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.

2. Zur Streitigkeit

2.1 Zum Sachverhalt

Frau X begab sich am 6. August 2021 in eine Filiale des Drittunternehmens Z, um einen neuen Vertrag für ihre minderjährige Tochter abzuschliessen. Sie habe dem Mitarbeiter mitgeteilt, dass ihre Tochter eine 5G-Verbindung haben möchte. Der Mitarbeiter von Z habe sie daraufhin informiert, dass sie zusätzlich zum Abonnement „AB“ mit monatlichen Abonnementsgebühren von CHF 19.95 und einer Mindestvertragsdauer von 12 Monaten ein neues Mobiltelefon mit 5G-Funktion benötige. Daher bezog Frau X das iPhone 12 5G 128 GB im Wert von CHF 939.- und entrichtete eine Anzahlung in der Höhe von CHF 99.-. Für den Restbetrag von CHF 840.- wurde eine Ratenzahlung von monatlich CHF 35.- während 24 Monaten vereinbart. Zusätzlich schloss Frau X „AppleCare+“ für CHF 198.-. ab. Auch hierfür wurde eine monatliche Ratenzahlung während 24 Monaten zu CHF 8.25 vereinbart. Der Abonnementsvertrag wurde mit der Portierung der Nummer 07x xxx xx xx von Anbieter A zu Anbieter Y am 6. Oktober 2021 aktiviert. Im Abonnement enthalten sind unlimitiertes mobiles Internet in der Schweiz und in EU, GB, US, CA, NO, LI und TR, unlimitierte Anrufe in alle Schweizer Netze und unlimitierte SMS/MMS in der Schweiz. Zur Geschwindigkeit des mobilen Internets äussert sich der Vertrag nicht.

Die Tochter von Frau X konnte zu keiner Zeit von einer 5G-Verbindung profitieren. Im Gegenteil, die eingereichten Unterlagen belegen einen mittelmässigen bis schlechten 4G-Empfang. Die telefonischen Kontaktaufnahmen von Frau X mit Anbieter Y scheinen nicht erfolgreich verlaufen zu sein bzw. dürfte Frau X nicht kohärente Informationen erhalten haben. Zuerst habe es geheissen, Anbieter Y biete kein 5G an. Letztendlich sei 5G gegen Aufpreis dennoch möglich gewesen.

2.2 Zum Vertragsschluss

Im vorliegenden Fall scheint es, als wäre Frau X bei Vertragsschluss in der Filiale des Drittunternehmens Z falsch informiert worden. Denn für eine 5G-Verbindung war nicht nur ein neues Mobiltelefon, sondern auch ein Abonnement notwendig, in welchem 5G enthalten war. Über diesen Umstand dürfte der Mitarbeiter der Filiale von Z Frau X nicht informiert haben, denn sie hätte sonst das Abonnement „AB“ ohne 5G nicht abgeschlossen. Frau X durfte aufgrund der Informationen des Mitarbeiters des Drittunternehmens Z wohl davon ausgehen, dass der Bezug eines Mobiltelefons mit 5G ausreicht, um von einer 5G-Verbindung zu profitieren.

Anbieter Y muss als Anbieter für das Fehlverhalten des Mitarbeiters des Drittunternehmens Z einstehen. Denn wenn ein Anbieter – wie im vorliegenden Fall – ein externes Unternehmen zum Verkauf seiner neuen Abonnements herbeizieht, haftet der Anbieter auch für das Handeln der mitarbeitenden Personen des externen Unternehmens. Denn gemäss Art. 101 OR haftet ein Schuldner gegenüber dem Gläubiger für den verursachten Schaden durch die zur Erfüllung des Vertrages beigezogenen Hilfspersonen. Dies gilt auch für vertragliche Nebenpflichten. Bei den Mitarbeitenden des Anbieters sowie zum Verkauf herbeigezogene Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter von externen Unternehmen wie Z handelt es sich typischerweise um Hilfspersonen im Sinne von Art. 101 OR, da der Anbieter die oder den Mitarbeitenden bewusst (mit Wissen und Wollen) zur Mitwirkung bei der Erfüllung einsetzte. Daher erachtet es der Ombudsmann für angezeigt, dem Schlichtungsbegehren von Frau X grösstenteils zu entsprechen. Frau X beauftragt folglich den Anbieter ihrer Wahl mit der sofortigen Portierung der Mobilnummer 07x xxx xx xx. Durch die Portierung wird der Abonnementsvertrag „AB“ vorzeitig ohne Kostenfolgen gekündigt. Des Weiteren erachtet es der Ombudsmann für angezeigt, Frau X 2/3 der seit 6. Oktober 2021 bis zur Portierung der Mobilnummer 07x xxx xx xx anfallenden Abonnementsgebühren von monatlich CHF 19.95 zurückzuerstatten. Eine Rückerstattung der gesamten Abonnementskosten erachtet der Ombudsmann nicht für angebracht. Schliesslich konnte die Tochter von Frau X die Dienste – zwar nur mit 4G – dennoch nutzen. Frau X bezahlt folglich die Abonnementsgebühren bis zum Zeitpunkt der Portierung, welche zum Vertragsende führt, weiter. In der Folge erstattet Anbieter Y Frau X innert 30 Tagen 2/3 der seit Abonnementsbeginn bis zur Portierung bzw. bis zum Vertragsende angefallenen Abonnementsgebühren zurück. Von der Kündigung und Rückerstattung nicht betroffen sind die Ratenzahlungsvereinbarungen des bezogenen Mobiltelefons sowie „AppleCare+“ bzw. die bisher bezahlten Raten. Anbieter Y stellt Frau X künftig weiterhin bis zum Ablauf der vereinbarten Laufzeit von 24 Monaten CHF 35.- pro Monat für das bezogene iPhone 12 5G 128 GB sowie CHF 8.25 für „AppleCare+“ in Rechnung.

Diesen Vorschlag erachtet der Ombudsmann unter den gegebenen Umständen für sachgerecht.

Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.

E. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Frau X meldet sich innert 10 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens beim Anbieter ihrer Wahl an und lässt diesen die Mobilnummer 07x xxx xx xx so rasch wie möglich portieren.
  2. Anbieter Y gibt die Mobilnummer 07x xxx xx xx per sofort zur Portierung zum neuen Anbieter frei und kündigt den Vertrag „AB“ per Portierungsdatum ohne Kostenfolgen.
  3. Anbieter Y stellt Frau X bis zur Portierung bzw. bis zum Vertragsende die monatlichen Abonnementsgebühren in Rechnung, welche von Frau X bezahlt werden.
  4. Anbieter Y erstattet 2/3 der seit der Aktivierung des Abonnements „AB“ vom 6. Oktober 2021 bis zur Portierung der Mobilnummer 07x xxx xx xx angefallenen Abonnementsgebühren von monatlich CHF 19.95 innert 30 Tagen nach der Portierung bzw. dem Vertragsende auf das in Ziffer E.5 angegebene Bankkonto von Frau X zurück.
  5. Frau X gibt dem Ombudsmann bei der Retournierung des unterzeichneten Schlichtungsvorschlages ihre Bankangaben bekannt:

Name und Adresse des Kontoinhabers:

Name und Adresse der Bank:

Clearing:

IBAN:

SWIFT/BIC Code:

  1. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 29. Dezember 2021

Dr. Oliver Sidler, Ombudsmann

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