Kein Grund für Vertragsrücktritt

Frau Z kaufte ein verbilligtes Mobilfunkgerät und schloss gleichzeitig einen Mobilfunkvertrag für 24 Monate ab. Nach Inbetriebnahme des Geräts stellte die Kundin eine unerwartet lange Aufladedauer des Gerätes fest. Dies entsprach nicht ihren Vorstellungen und sie wollte den Kauf- sowie den Abonnementsvertrag rückgängig machen. Die Garantiebestimmungen interessierten die Kundin nicht.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Mit Eingabe vom 21. September 2012 hat Frau Z ein Begehren um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens eingereicht. Der Ombudsmann hat diese Eingabe samt allen dazu übermittelten Dokumenten studiert und eine Stellungnahme vom betroffenen Anbieter angefordert. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen kann der Ombudsmann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten.

Der vorliegende Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme der Anbieter berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

1. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Frau Z wird Folgendes entnommen:

Am 31. Juli 2012 schloss Frau Z bei Y AG einen Zweijahresvertrag ab und bezog gleichzeitig ein iPhone-Gerät. Während der Nacht habe sie dann das Gerät aufgeladen. Am dritten Tag brachte die Kundin das Gerät wieder zu Y AG zurück, weil der Geräteakku bereits leer war. Frau Z konnte nicht mehr telefonieren. Die Kundin kontaktierte Y AG. Eine Mitarbeiterin habe sie darüber informiert, dass das Gerät jeden Tag geladen werden müsse. Frau Z antwortete, weshalb man ihr das nicht vor dem Kauf des Geräts mitgeteilt habe. Sie habe nicht die Gelegenheit, jeden Tag das Gerät aufzuladen, daher möchte sie das Gerät zurückgeben und den Vertrag wieder auflösen. Frau Z möchte für die Vertragsauflösung aber keine Gebühren bezahlen müssen. Sie befinde sich in einer schwierigen Lebenssituation und hoffe, dass dieses Problem mit Y AG gelöst werden könne.

2. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Y AG wird Folgendes entnommen:

“Frau Z hat im Y AG -Center am 31. Juli 2012 einen Vertrag abgeschlossen und dabei ein iPhone 4S bezogen. Bereits am 4. August 2012 hat sie uns wieder im Y AG Center besucht, um das iPhone zurückzubringen und den Vertrag wieder aufzulösen. Da das iPhone bereits benutzt wurde, konnten wir ihr hierbei keine Ausnahme anbieten. Ihr wurde mitgeteilt, dass weder eine Rückgabe noch ein Umtausch möglich ist. Trotzdem hat Frau Z ohne unsere Zusage das iPhone vor Ort gelassen und die Geschäftsstelle verlassen. Das Gerät blieb für unsere Kundin abholbereit.

Am 16. August 2012 hat uns Frau Z ein weiteres Mal im Y AG- Center besucht. Sie bemängelte die Akkulaufzeit des iPhones. Ihr wurde erklärt, dass dies keinen vorzeitigen Vertragsausstieg rechtfertige. Frau Z hat uns am 17. August 2012 einen Brief zugesandt und um die Kündigung Ihres Vertrags gebeten. Wir haben seither mehrmals erfolglos versucht, sie telefonisch zu erreichen. Frau Z hat darauf eine Kündigungsbestätigung auf das reguläre Vertragsende erhalten. Jedoch wurde weiterhin versucht, Frau Z telefonisch zu kontaktieren, um die Angelegenheit auch betreffend des bei uns abgegebenen iPhones zu besprechen.

Wir bedauern, dass Frau Z mit dem iPhone nicht zufrieden ist. Dennoch ist es uns nicht möglich, einen Vertrag zu stornieren und ein gebrauchtes Handy zurückzunehmen. Dass ein Handy regelmässig geladen werden muss, ist normal. Dies muss beim Verkaufsgespräch nicht proaktiv erwähnt werden. Ausserdem müssen Smartphones aufgrund derer Möglichkeiten generell öfter geladen werden als die vorherige Handygeneration. Gerätespezifische Informationen sollten vor dem Kauf eingeholt werden, sei es mündlich oder über schriftliche Dokumentationen. Damit der Akku ein wenig länger hält, können wir Frau Z empfehlen, das 3G auszuschalten und keine aufwändigen Applikationen (oder gar keine) zu nutzen. Dadurch, und wenn sie ihr Handy ausschliesslich für Anrufe und SMS verwendet, kann sie ihr iPhone länger nutzen, ohne es zu laden, als wenn sie die Funktionen des Gerätes voll ausschöpft. Die Gültigkeit des Vertrags ist nicht infrage gestellt und wir werden einer Kündigung vor Vertragsende nicht ohne die dafür vorgesehene Gebühr von CHF 800.00 zusagen. Ein Entgegenkommen können wir Frau Z in dieser Situation nicht anbieten. Gerne senden wir Frau Z das iPhone zurück. Wir hoffen, dass sie das Gerät durch die oben erwähnten Tipps besser nutzen kann.”

3. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann ombudscom als Schlichtungsstelle bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbieterinnen von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 5 des Verfahrensreglements von ombudscom geregelt. Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel innerhalb der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befasst sein.

Mit Schreiben vom 17. August 2012 beanstandete Frau Z den abgeschlossenen Mobilfunkvertrag, wobei sie ein Gerät (iPhone) bezog. Sie wolle den Vertrag und auch das Mobilfunkgerät nicht mehr, da sie dieses nicht jeden Tag aufladen könne, die Betriebsdauer aber nicht länger dauere. Man habe ihr dieses Gerät verkauft, ohne sie vorgängig über das viele Aufladen des Akkus zu informieren. Am 6. September 2012 wurde ihr die Kündigung auf den 31. Juli 2014 bestätigt. Die Monatsrechnungen seien bis zu diesem Zeitpunkt geschuldet. Somit konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielt werden.

Frau Z hat ihren Versuch zur Einigung mit Y AG glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

4. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

A. Sachverhalt

Frau Z schloss Ende Juli 2012 bei Y AG ein Mobilfunkabonnement für 24 Monate ab. Gleichzeitig erwarb sie ein iPhone-Gerät (Modell 4S). Nach drei Tagen brachte sie das Gerät zurück zum Anbieter, mit dem Wunsch, den Vertrag wieder aufzulösen. Frau Z bemängelte, dass sie das Gerät jeden Tag aufladen müsse. Die Akkubetriebszeit sei ungenügend. Sie könne aufgrund ihrer schwierigen Lebensumstände nicht jeden Tag das Gerät aufladen. Daher sei das iPhone für sie ungeeignet.

B. Rückgabe des Gerätes

Frau Z möchte das Gerät Y AG zurückgeben, weil die Akkulaufzeit nicht ihren Erwartungen entsprach. Grundsätzlich können Käufer nach dem Erwerb eines Kaufgegenstandes Mängel beanstanden und in gewissen Fällen den Kaufvertrag rückgängig machen. Es muss aber unterschieden werden zwischen Kaufangeboten mit einer Art „Zufriedenheitsgarantie“ (auch etwas bekannt unter „Geld zurück- Garantie“, Kunden können dabei aus irgendwelchen Gründen den Kauf rückgängig machen) und den rechtlichen Anforderungen, einen Kaufvertrag rückgängig machen zu können.

Die Angebote von Y AG sind nicht mit einer “Zufriedenheitsgarantie” versehen. Daher müssen die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein, um vom Kaufvertrag zurücktreten zu können bzw. diesen rückabzuwickeln. Als erstes muss nach Entdeckung des Mangels am Kaufgegenstand eine Reklamation (Mängelrüge) erfolgen. Frau Z stellte bereits in den ersten Tagen nach dem Kauf des iPhone fest, dass das Gerät sehr häufig aufgeladen werden muss und dass die Akkulaufzeit nicht ihren Bedürfnisse entspricht. Drei Tage nach dem Kauf rügte sie den Mangel.

Es fragt sich, ob ein Mobilfunkgerät mit grossem Energiebedarf einen Mangel hat. Beim iPhone 4S handelt es sich um ein sogenanntes Smartphone. Solche Geräte haben einen grossen Bildschirm und benötigen zum Betrieb grundsätzlich mehr Strom als einfachere Mobilfunkgeräte. Im Weiteren kommt es darauf an, wie häufig das Gerät benutzt wird. Dazu macht Frau Z leider keine Angaben. Bei einer intensiven Nutzung ist es ohne Weiteres denkbar, dass ein Smartphone jeden Tag aufgeladen werden muss. Der Ombudsmann kann aufgrund der vorliegenden Informationen nicht beurteilen, ob das Gerät wegen der intensiven Nutzung schnell entladen war, oder ob beim Gerät von Frau Z ein Produktionsfehler vorlag. Doch selbst wenn ein Produktionsfehler angenommen würde, hat Y AG bzw. der Hersteller (Apple) das Recht, den Mangel auszubessern oder ein neues Gerät zu liefern. Dieses Recht auf Nachbesserung ist in den Garantiebestimmungen des Herstellers festgehalten. Solche Garantieregelungen sind üblich und finden auch im Fall von Frau Z Anwendung. Die gesetzlichen Regeln (Gewährleistung beim Kaufvertrag) werden vom Hersteller vielfach abgeändert, was grundsätzlich zulässig ist. Weder der Kaufvertrag mit Y AG noch die Garantiebestimmungen von Apple räumen Frau Z das Recht ein, beim Anbieter auf die Rücknahme des Gerätes zu bestehen. Aus Sicht des Ombudsmanns ist im Übrigen nicht erwiesen, dass das Gerät oder der Akku eine Schwächen aufwiesen, die als rechtserhebliche Mängel betrachtet werden könnten. Um darüber Gewissheit zu erhalten, hätte die Kundin das Gerät zumindest vom Garantieservice untersuchen lassen müssen. Frau Z retournierte jedoch nur das Gerät, ohne weitere Abklärungen zu verlangen.

C. Vertragsauflösung
a. Keine Vertragsverletzung

Aus Sicht von Frau Z ist das iPhone wegen der kurzen Betriebszeit unbrauchbar. Beim Kauf des iPhone schloss die Kundin aber auch einen Mobilfunkvertrag über die Dauer von 24 Monaten ab. Nun erwartet Frau Z von Y AG, dass auch der Abonnementsvertrag rückgängig gemacht wird oder Y AG für die Kündigung keine zusätzlichen Gebühren verlangt. Ein gültiger Mobilfunkvertrag kann jedoch nur vorzeitig und gebührenfrei aufgelöst werden, wenn triftige Gründe vorliegen. So müsste Y AG den Vertrag in grober Weise verletzt haben, sodass Frau Z die Weiterführung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden könnte (Kündigung aus wichtigem Grund). Der Ombudsmann kann jedoch keine Vertragsverletzung von Y AG feststellen und es liegen keine Hinweise vor, dass das iPhone einen rechtserheblichen Mangel aufwies.

b. Beratungspflicht

Frau Z beanstandet weiter, dass sie beim Verkauf nicht über die schlechte Leistung (Akku) bei der Betriebsdauer des Geräts informiert worden sei. Freilich haben unterschiedliche Mobilfunktelefone ihre Vor- und Nachteile. Bestimmte Nachteile können aber nicht mit rechtserheblichen Mängeln gleichgesetzt werden. Es liegt somit in der Verantwortung von Kunden und Kundinnen, das Verkaufspersonal beim Beratungsgespräch darauf hinzuweisen, welche Kriterien beim gewünschten Produkt wichtig sind. Frau Z bringt nirgends vor, dass sie bei der Wahl des Geräts ausdrücklich nach einer langen Akkulaufzeit verlangt habe. Dem Ombudsmann fehlen daher Anhaltspunkte, welche auf ein Missverständnis oder eine ungenügende bzw. falsche Beratung vor Vertragsabschluss hindeuten.

c. Tipps für längere Betriebszeit

Der Ombudsmann begrüsst, dass Y AG der Kundin Tipps zur Verlängerung der Betriebszeit des iPhone 4S abgibt. Wie Y AG erwähnt, versuchten Mitarbeiter Frau Z erfolglos telefonisch zu erreichen, um eben diese Empfehlungen an die Kundin abzugeben. Die in der Stellungnahme von Y AG erwähnten Massnahmen zur Verbesserung der Akkulaufzeit können vom Ombudsmann bestätigt werden und dürften für Smartphones generell Gültigkeit haben.

D. Ergebnis

Zusammenfassend kann der Ombudsmann keine Gründe erkennen, die für eine gebührenfreie Auflösung des Vertrages von Frau Z sprechen. Es bestehen keine Anhaltspunkte für einen Mangel am Gerät. Unerheblich ist für Ombudsmann, dass Frau Z angeblich über keine Möglichkeit verfügt, das Gerät aufzuladen. Die vorgebrachten Begründungen und Umstände erscheinen nicht schlüssig. Es besteht der Eindruck, dass die Kundin den Vertragsschluss als solchen im Nachhinein bereute. Der Umstand, dass die Kundin gar nicht an der näheren Überprüfung des Geräts Interesse zeigte, weist in diese Richtung. Vertragsreue stellt jedoch keinen Grund zur Auflösung des Vertrages dar. Letztlich muss der Kundin überlassen werden, ob sie das iPhone bei Y AG abholt und mit dem bestehenden Abonnement wieder nutzt - oder ob sie die vorzeitige Kündigung über CHF 800.00 bezahlen will. Die Kündigungsgebühr entspricht dem üblichen Neupreis für das iPhone 4S zum Erwerbszeitpunkt, welches Frau Z vermutungsweise zu einem Vorzugspreis unter CHF 100 erhielt. Die Kündigungsgebühr über CHF 800.00 scheint somit angemessen. Der Betrag entspricht dem ungefähren Neupreis für das iPhone 4S im Juli 2012.

5. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Y AG stellt Frau Z innert 10 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Bestätigung über die erfolgreiche Schlichtung eine Schlussrechnung über CHF 800.00 samt dazugehörigem Einzahlungsschein zu.
  2. Frau Z bezahlt Y CHF 800.00 innert 20 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Bestätigung über die erfolgreiche Schlichtung mit dem dazugehörigen Einzahlungsschein per Saldo aller Ansprüche.

  3. Nach Bezahlung gemäss Ziffer 2 entfernt Y AG den SIM-Lock am iPhone von Frau Z.

  4. Frau Z holt das bei Y AG hinterlegte iPhone 4S innert 30 Tagen nach getätigter Bezahlung gemäss Ziffer 2 ab.

  5. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 18. November 2012

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