Teurer Ping-Call
Herr X beschwert sich, weil ihm ein hoher Betrag für einen Anruf nach Tonga von Anbieter Y AG in Rechnung gestellt wird. Er erklärt, diesen nicht geführt zu haben und niemanden in Tonga zu kennen. Vorliegend handelt es sich um ein Betrugsphänomen, welches sich Ping-Call nennt. Hierbei wird das Opfer von einer unbekannten Rufnummer angerufen. Wird der Anruf entgegengenommen oder ruft das Opfer zurück, entstehen hohe Kosten. Der Ombudsmann rät der Kundschaft, keine Anrufe von unbekannten Rufnummern entgegenzunehmen oder einen Rückruf an die unbekannte Rufnummer zu tätigen. Anbieter Y AG trägt ebenfalls eine Verantwortung und sollte Massnahmen treffen, um Ping-Calls entgegenzuwirken. Daher wird vorgeschlagen, dass sich Herr X mit 25% bzw. der Anbieter mit 75% an den Kosten beteiligt.
SCHLICHTUNGSVORSCHLAG
Am 3. Juli 2018 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.
Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.
A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN
Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:
„Ich hatte am 30.4. eine Belastung für ein Telefongespräch von 1 Std. nach Tonga, ich habe nie mit jemandem zu diesem Zeitpunkt gesprochen und ich kenne auch niemanden in Tonga.
Ziel: Ich will nicht für ein Gespräch bezahlen, dass ich gar nicht geführt habe.“
B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS
Der Stellungnahme von Y AG wird Folgendes entnommen:
„Herr X, hat den Vertrag am 14.01.2016 für eine Mindestvertragslaufzeit von 24 Monate abgeschlossen. Damals hat er sich für das Abonnement „Z“ entschieden.
Im Abonnement sind folgende Dienste inbegriffen: Alles unlimitiert in der Schweiz
Auf der Rechnung vom 11.05.2018 können wir feststellen, dass ein internationaler Anruf nach Tonga verrechnet wurde. Internationale Anrufe sind im Abonnement von Herrn X nicht inbegriffen und somit wurde dieser Anruf dementsprechend auch verrechnet.
Tonga befindet sich in der Zone 5 und der Tarif beträgt CHF 3.99/Minute.
Diese Informationen sind auch auf unsere Homepage ersichtlich.
Nachdem wir eine Beschwerde von Herrn X erhalten haben, wurde der Anruf überprüft und wir können Ihnen bestätigen, dass der Anrufe zweifelsfrei von der SIM Karte aus, getätigt wurde. Es konnte kein Fehler festgestellt werden.
Aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, wären wir bereit, den Betrag von CHF 119.70 gutzuschreiben. Dies sind 50% der Kosten, die für den internationalen Anruf verrechnet wurden.“
C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN
Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann ombudscom als Schlichtungsstelle bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements von ombudscom geregelt:
Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.
Mit E-Mail vom 7. Juni 2018 erklärt Y AG, der Kunde X hätte am 5. Juni 2018 eine Antwort bekommen sollen, in der bestätigt werde, dass der Anruf am 30. April 2018 getätigt worden sei. Die Kosten seien daher korrekt in Rechnung gestellt worden und müssen bezahlt werden.
Der Kunde X antwortet mit E-Mail vom 7. Juni 2018, er sei nicht einverstanden mit der Antwort von Y AG. Er werde nicht für etwas bezahlen, das er nicht konsumiert habe. Er kenne niemanden in Tonga und er habe mit niemandem telefoniert. Er habe auch einen Zeugen. Er bitte diesen Betrag zu annullieren.
Mit E-Mail vom 22. Juni 2018 erklärt Y AG erneut, der Anruf sei effektiv geführt worden. Es lägen Verbindungsnachweise vor. Der Kunde X sei selber verantwortlich für die Nutzung seines Geräts. Er solle in Zukunft solch suspekte Anrufe nicht entgegennehmen, sondern Y AG anrufen, damit diese den Anruf überprüfen können. Der Betrag von CFH 274.90 sei zu begleichen.
Herr X hat seinen Versuch zur Einigung mit Y AG glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.
D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS
1. Ausgangslage und Problemstellung
Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Herr X die Kosten von CHF 239.40 für den Anruf nach Tonga bezahlen muss, obwohl er angibt, den Anruf nicht geführt zu haben.
Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.
2. Allgemeines zum Sachverhalt
Die Rechnung vom 11. Mai 2018 weist einen einstündigen, ausgehenden Anruf nach Tonga auf. Dieser wurde mit CHF 239.40 in Rechnung gestellt. Auf der Webseite von Y AG ist ersichtlich, dass Tonga zur Zone 5 für internationale Anrufe aus der Schweiz gehört und ein Anruf daher CHF 3.99 pro Minute kostet. Der Kunde beantragt die Annullierung des gesamten Betrages, da er diesen Anruf nie geführt habe und niemanden in Tonga kenne. Y AG erklärt allerdings, der Anruf sei über die Identifikationsnummer der SIM-Karte von Herrn X geführt worden und daher zu bezahlen.
3. Verantwortung der Kundschaft
Aus den Unterlagen geht hervor, dass der Herr X den Vertrag „Z“ am 14. Januar 2016 für 24 Monate abschloss. Bei Vertragsschluss akzeptierte der er die zu diesem Zeitpunkt geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vom April 2015. Diese halten in Ziffer 2 Folgendes fest:
„Sie haften für alle infolge des Bezugs der Dienste anfallenden Gebühren, auch wenn die Dienste durch Dritte bezogen werden.“
Der Ombudsmann möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass der Öffentlichkeit bekannt sein sollte, dass Anrufe ins Ausland teuer sind. Tatsächlich sind die Tarife für einen Anruf ins Ausland für Schweizer Abonnenten ohne entsprechende Option exorbitant. Es ist daher ratsam, keine Anrufe aus dem Mobilfunknetz im Ausland oder aus dem Ausland zu tätigen.
Auf den ersten Blick ist Herr X daher für Anrufe von seinem Mobilfunkanschluss aus verantwortlich, auch wenn dieser allenfalls von einer anderen Person genutzt wurde.
4. Ping-Call Problematik
In der Schweiz gibt es derzeit ein grosses Betrugsversuchsphänomen im Telekommunikationsbereich, welches sich Ping-Call nennt. Das Opfer erhält einen Anruf auf seinem Telefon, der nur wenige Sekunden dauert. Die Rufnummer wird dann als verpasster Anruf auf dem Bildschirm des Mobil- oder Festnetztelefons des potenziellen Opfers angezeigt. Neugierig auf die Identität der Person, die sie angerufen hat, ruft das Opfer zurück. Diese oft ausländischen Rufnummern können teilweise eine Dienstleistung mit Mehrwert darstellen und eine konsequente Abrechnung für das Opfer zur Folge haben. Manchmal hinterlässt die anrufende Person eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter des Opfers und wähnt dieses im Glauben, dass es einen Wettbewerb gewonnen oder ein Paket erhalten hat, damit es einen kostenpflichtigen Rückruf tätigt.
Im vorliegenden Fall überprüfte der Ombudsmann die entsprechende Rufnummer. Es handelt sich hierbei nicht um eine Mehrwertdienstrufnummer. Sucht man die betroffene Rufnummer allerdings im Internet, stösst man auf verschiedene Kommentare, welche diese als Betrug oder Ping-Call melden. Herr X scheint daher nicht der einzige Betroffene zu sein.
Herr X erklärte, dass er die betroffene Nummer nicht gewählt habe. Er kenne niemanden in Tonga. Er wolle nicht für einen Anruf bezahlen, welchen er nicht geführt habe. Ausserdem habe er zum Zeitpunkt des fraglichen Telefonats ferngesehen, wofür er auch einen Zeugen habe.
Der Ombudsmann kann nicht abschliessend beurteilen, ob es sich vorliegend um einen „Ping Call-Fall“ handelt oder ob ohne das Zutun des Kunden eine Verbindung nach Tonga in Rechnung gestellt wurde. Der Ombudsmann kann nicht feststellen, ob die Anrufe aufgrund eines technischen Fehlers des Dienstanbieters abgerechnet wurden oder, ob eine Drittperson den Anruf über den Anschluss von Herrn X tätigte. Da diese Rufnummer allerdings bereits mehrfach als Betrugs- und Ping-Call gemeldet wurde, hält es der Ombudsmann für wahrscheinlich, dass es sich auch im vorliegenden Fall um einen Ping-Call handelte.
5. Verantwortung des Anbieters
Wie bereits ausgeführt, trifft die Kundschaft eine Verantwortung dafür, keine unerwünschten Anrufe ins Ausland zu führen oder anzunehmen. Y AG trifft allerdings ebenfalls eine Verantwortung, ihre Kundinnen und Kunden vor ungerechtfertigten Kosten zu schützen, welche durch betrügerische Ping-Calls entstehen. Die Verantwortung mittels – meist global übernommenen – AGB gänzlich der Kundschaft zu überbürden, erachtet der Ombudsmann als stossend. Es gäbe verschiedene Möglichkeiten, Ping-Calls entgegenzuwirken. Y AG könnte die Kundschaft einerseits flächendeckend über Ping-Calls informieren und erklären, dass unbekannte, ausländische Anrufe weder entgegengenommen noch zurückgerufen werden sollen. Andererseits gäbe es die Möglichkeit einen sogenannten „Call-Filter“ einzurichten, der automatisierte Anrufe erkennt und blockiert. Andere Anbieter nutzen bereits heute diese technische Möglichkeit.
6. Fazit
Der Ombudsmann kann vorliegend nicht feststellen, ob Herr X den betreffenden Anruf entgegen nahm oder zurückrief. Y AG liefert allerdings keine konkreten Nachweise, dass der Kunde X die Rufnummer von Tonga angerufen hat. Dem Ombudsmann liegt lediglich die Rechnung mit den betreffenden Kosten von CHF 239.40 vor. Der Anbieter unternahm offenbar keine bekannten Schritte, um das Problem von Ping-Anrufen zu reduzieren, obwohl dieses Y AG bekannt sein müsste. Andererseits ist der Kunde für die Nutzung seines Anschlusses verantwortlich und der Ombudsmann kann nicht ausschliessen, dass das Telefon von Herrn X oder von einer dritten Partei benutzt wurde.
In Anbetracht dessen, dass Y AG Massnahmen treffen könnte, um das Risiko von Ping-Calls zu minimieren, trägt dieser eine Mitverantwortung. Der Ombudsmann erachtet es daher als angebracht, dem Kunden X einmalig mit einer Gutschrift von 75% der Kosten und somit CHF 179.55 für den Anruf nach Toga entgegenzukommen. Der Ombudsmann weist aber den Kunden X an dieser Stelle darauf hin, keine Anrufe unbekannter, ausländischer Nummern entgegenzunehmen oder zurückzurufen. Der Restbetrag von CHF 59.85 ist vom Kunden X zu bezahlen.
Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.
E. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG
- Y AG erstellt im Kundenkonto von Herrn X, Kundennummer 123456789, eine Gutschrift von CHF 179.55 innert 20 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens.
- Y AG stellt Herrn X eine neue Rechnung über den Betrag von CHF 59.85 mit einem Einzahlungsschein zu.
- Herr X bezahlt die Rechnung von CHF 59.85 innert 20 Tagen nach Erhalt der Rechnung und des Einzahlungsscheins.
- Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.
Bern, 3. September 2018
Dr. Oliver Sidler
Ombudsmann