Zweifelhafter Vertrag

Die Kundin X bestreitet den mündlichen Vertragsschluss zur Änderung der Preselection mit der Y AG. Um die zwischen den Parteien strittige Vertragsentstehung zu klären, hat sich der Ombudsmann die Tonbandaufnahme angehört. Aus der Tonbandaufzeichnung lässt sich nicht erschliessen, inwiefern Frau X tatsächlich verstanden hatte, worum es im Gespräch geht. Deshalb gelangt der Ombudsmann vorliegend zum Schluss, dass der Vertrag zwischen den Parteien erst zustande kam, als Frau X die schriftliche Anmeldebestätigung und die AGB erhielt und ihre Zustimmung nicht innert nützlicher Frist verweigerte.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Mit Eingabe vom 20. Juni 2014 reichte Frau X ein Begehren um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ein. Der Ombudsmann prüfte diese Eingabe samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte eine Stellungnahme vom betroffenen Anbieter an. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen kann der Ombudsmann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten.

Der vorliegende Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Frau X wird Folgendes entnommen:

»Im Herbst 2013 bekam ich einen Anruf (angeblich von einem Mitarbeiter von Z AG). Dieser machte mir den Vorschlag, in Zukunft ein günstigeres Angebot zu nutzen, um tagsüber gratis telefonieren zu können. Das leuchtete mir ein. Kurz darauf kam ein Schreiben von Y AG ins Haus. Darin wurde mir erklärt, dass wir nun nicht mehr mit Z AG telefonieren. Das machte mich stutzig. Also fragte ich bei Z AG nach. Dort wurde mir geraten, auf keinen Fall einen Vertrag zu unterschreiben (das habe ich dann auch nicht getan).

Trotzdem gelangt Y AG seither monatlich mit einer Rechnung an uns. Dies, obwohl wir sowohl telefonisch wie auch schriftlich darum gebeten haben, diesen merkwürdigen Vertrag aufzulösen. Seit dem 15. Januar 2014 telefonieren wir wieder mit Z AG und bezahlen gleichzeitig auch noch die Rechnung von Y AG!

Wir wünschen uns die sofortige Auflösung des Vertrages mit Y AG. Auch sind wir nicht bereit, weiterhin irgendwelche Zahlungen an diese Firma zu leisten.«

B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Y AG wird Folgendes entnommen:

»Der Vertragsabschluss besteht. Dies kann mittels der Tonbandaufzeichnung bewiesen werden (siehe Anhang). Die schriftliche Auftragsbestätigung vom 21.11.2013 wurde an die Kunden geschickt (siehe Anhang).

Die Rechnungen von Januar 2014 bis Mai 2014 (5 Rechnungen) wurden von den Kunden bezahlt. Alle weiteren Rechnungen sind derzeit noch offen. Die Kündigung der Kunden haben wir erhalten. Die Kündigung erfolgt zum Ende der Mindestvertragslaufzeit (24 Monate) zum 31.12.2015. Alle anfallenden Rechnungen sind bis zum 31.12.2015 von den Kunden zu bezahlen.«

C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann ombudscom als Schlichtungsstelle bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements von ombudscom geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.

Mit Brief vom 19. April 2014 schreibt Frau X, dass sie die Kündigung bereits eingeschrieben an Y AG geschickt habe und per sofort aus dem Vertrag entlassen werden möchte. Am 3. Juli 2014 schreibt Frau X, dass sie die Kündigungsbestätigung nicht akzeptiere. Sie bitte nochmals den Vertrag per sofort aufzulösen. Sie habe kein Interesse an einem Vertrag mit Y AG.

Y AG erklärt mit Schreiben vom 18. Juli 2014, dass keine vorzeitige Kündigung möglich sei. Mit der Begleichung der noch zu erstellenden Rechnung und der Abschlussrechnung wäre die Angelegenheit erledigt. Mit Schreiben vom 21. Juli 2014 bestätigt Y AG die Kündigung per 31. Dezember 2015. Da im Schreiben von Y AG keine Einigungsabsicht zu entnehmen ist, hat sich Frau X erfolglos um eine Einigung bemüht.

Frau X hat ihren Versuch zur Einigung mit Y AG glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

1. Allgemeines zur Vertragsentstehung

1.1 Grundsätzlich ist diejenige Partei Vertragspartner, mit welcher der Vertrag geschlossen wurde. Eine Ausnahme besteht bei Ehepaaren. So können sich Ehegatten für die Bedürfnisse des Familienunterhalts gegenseitig verpflichten (Art. 166 ZGB). Verträge, welche für die normalen und laufenden Bedürfnisse einer Familie abgeschlossen werden, gelten daher auch für den Ehepartner, welcher den Vertrag nicht auf seinen Namen abgeschlossen hat. Ein Festnetzanschluss kann in der heutigen Zeit als laufendes Bedürfnis einer Familie qualifiziert werden. Somit sind sowohl Herr X, wie auch Frau X befugt, Entscheidungen betreffend des Festnetzanschlusses zu treffen.

1.2 Die schweizerische Rechtsordnung schreibt vor, dass zum Abschluss eines Vertrages die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich ist. Zudem bedürfen Verträge zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.

1.3 Verträge über Fernmeldedienste fallen unter die Kategorie der sogenannten Dienstleistungsverträge, d.h. Verträge, welche die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand haben. In der Regel begründen sie ein Dauerschuldverhältnis: Gegen Entgelt wird z.B. die Benutzung eines Festnetz-, Internet- oder Mobilfunkanschlusses zur Verfügung gestellt. Für solche Verträge schreibt das Gesetz keine besondere Form vor, folglich können sie auch mündlich abgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen sogenannten Preselection-Vertrag, wodurch ein Anbieter für nationale und internationale Verbindungen gewählt wird, weshalb die Vorschriften des Anhangs 2 der Verordnung der Eidgenössischen Kommunikationskommission vom 17. November 1997 betreffend das Fernmeldegesetz (SR 784.101.112 / 2; Anhang 2 der ComCom-Verordnung) auch zu beachten sind.

1.4 Ein Preselection-Antrag im Sinne des Fernmelderechts besteht aus dem sogenannten TPV (standardisierter mündlicher Vertragsschluss) und dem Geschäftsgespräch (Beratungsgespräch). Nach Ziffer 4.3 Anhang 2 der ComCom-Verordnung müssen telefonische Preselectionanträge mit einem automatischen Aufzeichnungssystem aufgezeichnet werden. Zudem ist jede Beeinflussung durch Dritte während der Aufzeichnung untersagt. Im Weiteren müsste das sogenannte TPV von einer vom Anbieter unabhängigen Stelle (“TPV-Stelle”) überprüft werden. Die Aufzeichnung muss vollständig sein und vom Anbieter mindestens sechs Monate aufbewahrt werden.

1.5 Um Streitfälle wie dem vorliegenden vorzubeugen, hat der Gesetzgeber Anforderungen an einen Preselection-Antrag definiert. Damit Konsumenten einen umstrittenen Preselection-Wechsel leichter anfechten können, sind alle Anbieter verpflichtet, im Streitfall und auf Anforderung innerhalb von zehn Tagen den Beweis für den Preselectionantrag, dem sogenannten TPV, einschliesslich der Aufzeichnung des geschäftlichen Gesprächs (Beratungsgespräch) zur Kundenanwerbung dem betroffenen Kunden als Beweis zu erbringen (vgl. Ziffer 4.5 Anhang 2 ComCom-Verordnung). Andernfalls muss der Anbieter innerhalb von fünf Arbeitstagen auf eigene Kosten die Preselection aufheben und die Wiederherstellung des vorherigen Zustands veranlassen (vgl. Ziffer 4.5 Anhang 2 ComCom-Verordnung). Die Erbringung der Gesprächsaufnahme ist zudem eine Voraussetzung, damit Y AG dem Ursprungsanbieter einen Preselection-Auftrag erteilen darf (Ziffer. 4.1 Anhang 2 ComCom-Verordnung).

2. Tonbandaufnahme

2.1 Um die zwischen den Parteien strittige Vertragsentstehung zu klären, hat sich der Ombudsmann die Tonbandaufnahme angehört und kann dazu Folgendes festhalten: Das Gespräch beginnt damit, dass sich ein Mitarbeiter der Y AG mit seinem Namen (Herr W) bei Frau X meldet. Der Telefonagent erwähnt, dass vor einigen Tagen sein Mitarbeiter oder seine Mitarbeiterin mit Frau X gesprochen habe. Er sei nun dazu da, damit Frau X, die dazugehörenden Unterlagen mit der Auftragsbestätigung nach Hause bekäme, um sich diese in Ruhe anzuschauen. Das Telefongespräch werde aus Qualitätsgründen mitgeschnitten und eine Frage vorab gestellt, nämlich ob Frau X auch ins Ausland telefoniere. Die Antwort der Kundin lautet »wenig«, woraufhin der Mitarbeiter fragt, ob sich die üblichen Gesprächskosten zwischen ca. CHF 30.00 - CHF 40.00 belaufen würden. Frau X bejaht. Herr W sagt sodann, dass der Tarif in diesem Fall genau der richtige sei. Der Telefonagent klärt Frau X anschließend auf, dass sie nur noch eine Pauschale in Höhe von CHF 14.95 zu entrichten hätte und die Telefonate aufs Schweizer Festnetz in diesem Tarif inbegriffen seien. Die Anrufe auf ein Mobiltelefon sowie ins Ausland seien auch vergünstigt (die genauen Tarife werden nicht genannt). Garantiert werde dieser Tarif zwei Jahre lang und werde sich nicht verändern. Der Spartarif dürfte jedoch nur genutzt werden, wenn der Telefonanschluss bei der Z AG sei. Frau X bezahle der Z AG weiterhin die Grundgebühr und die Anrufe auf die Sondernummern und über Y AG würden lediglich die Gespräche mit den CHF 14.95 als Pauschale verrechnet werden. Das bekomme die Kundin heute von Herrn W kostenlos eingerichtet. Die schriftliche Auftragsbestätigung werde in den nächsten Tagen nach Hause geschickt und sie könne das nochmals überprüfen. Bei Fragen oder Unklarheiten solle Frau X ihn anrufen, ansonsten die nächste Rechnung mit der alten Rechnung vergleichen, dann werde sie auch den Unterschied sehen. Daraufhin führt Herr W den sogenannten “Qualitätsmitschnitt“ durch, bei dem nochmals alle Eckdaten wie Namen der Kundin und Dauer der Umstellung aufgezeichnet und wiederholt werden. Frau X stimmt allem zu. Anschliessend fragt Herr W die Kundin, ob sie auch in Zukunft telefonisch kontaktiert werden dürfe, was Frau X bejaht, und er weist darauf hin, dass er im Auftrag der Y AG und nicht der Z AG anrufe. Das heisse, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingen der Y AG gelten. Frau X werde in den nächsten Tagen alles schriftlich, inklusive der Auftragsbestätigung, erhalten. Herr W führt das Gespräch fort und bittet die Kundin, eine Frage des Qualitätsmitschnitts nochmals zu beantworten, da die Antwort der Kundin vom Computer nicht aufgezeichnet worden sei. Frau X bestätigt die vom Telefonagenten gestellte Frage. Danach erinnert Herr W die Kundin, dass sie die Auftragsbestätigung, welche sie in den nächsten Tagen erhalten werde, überprüfen und kontrollieren solle. Bei Fragen oder Unklarheiten anrufen, ansonsten brauche die Kundin nichts zu unterschreiben oder zurück zuschicken, sondern die nächste Rechnung mit der alten Rechnung vergleichen. Er könne ihr versprechen, dass sie zufrieden sein werde. Zum Schluss des Gespräches wünscht der Anrufer Frau X eine angenehme Woche, gute Gesundheit und alles Gute. Die Kundin bedankt sich und erwidert die Glückwünsche.

2.2 Leider wurde dem Ombudsmann das erste Telefongespräch, welches die Kundin gemäss Aussage von Herrn W einige Tage zuvor mit einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin von Y AG geführt haben soll, nicht übermittelt. Allenfalls hätte dieses Gespräch Aufschluss darüber geben können, weshalb Frau X findet “es ist eine bodenlose Frechheit, was diese Firma mit uns macht“. An dieser Stelle möchte der Ombudsmann deshalb hervorheben, wie zentral es ist, dass Neukunden korrekt und umfassend über den Inhalt und die Tragweite des Anbieterwechsels informiert werden, da sie ihre Zustimmung zum Angebot auf Basis der erhaltenen Informationen geben. Wenn ein Anbieter bei einer telefonischen Kundenanwerbung nicht besonders sorgfältig vorgeht, so besteht die Gefahr, dass Kunden oder Kundinnen den Inhalt des Angebotes nicht richtig verstehen. Missverständnisse und spätere Auseinandersetzungen sind damit vorprogrammiert. Bei telefonischen Beratungen mit anschliessender Anmeldung oder Bestellung ist besondere Vorsicht geboten. Das dem Ombudsmann zur Verfügung gestellte Gespräch beinhaltet in diesem Sinne einen Teil des Vorgespräches und den mündlichen Vertrag (von Y AG „Qualitätsmitschnitt“ genannt). Der vorhandene Teil des Vorgespräches sowie das Vertragsgespräch beinhaltet nach Meinung des Ombudsmanns immerhin alle wesentlichen Vertragsinhalte und es kann daraus geschlossen werden, was zwischen den Parteien vereinbart wurde.

2.3 Aus der Tonbandaufzeichnung nicht erschliessen lässt sich jedoch, inwiefern Frau X tatsächlich verstanden hatte, worum es geht. Auffallend ist, dass die Kundin während des ganzen Gesprächs keine einzige Frage stellt und auch nicht um genauere Informationen bittet. Insbesondere bei älteren Menschen (Frau X ist im Jahre 1935 geboren) stellt der Ombudsmann wiederholt fest, dass sie aus Höflichkeit oder Unsicherheit sich nicht getrauen ein Telefonat zu unterbrechen - oder gar aufzulegen - obwohl sie nicht verstehen, worum es im Gespräch geht. Der Ombudsmann kann gut nachvollziehen, dass es für frühere Generationen in der heutigen Welt, die immer schneller und komplexer wird, zum Teil schwierig oder gar unmöglich ist, sich zurechtzufinden. Als Beispiel sei an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass der Telefonagent von Y AG nie das Wort “Vertrag“ erwähnt, sondern lediglich von einem Auftrag spricht. Es ist verständlich, wenn Kunden daraus folgern, dass es sich um ein Angebot handelt, worauf sie nach Zusendung der schriftlichen Unterlagen nochmals reagieren können und eine Ablehnung des Angebots danach immer noch möglich ist.

2.4 Der Ombudsmann kommt denn auch im vorliegenden Fall zum Schluss, dass der Vertrag mit der Kundin nicht schon am Telefon zustande gekommen ist. Herr W wies zu Beginn des Vertragsgesprächs ausdrücklich darauf hin, dass er dazu da sei, dass Frau X die dazugehörenden Unterlagen mit der Auftragsbestätigung nach Hause bekäme und die Möglichkeit habe, sich alles in Ruhe anschauen zu können. Der Kundin wurde somit ausdrücklich versichert, dass sie die Unterlagen daheim studieren und überprüfen könne, weshalb der Ombudsmann im Telefongespräch noch keinen selbständigen Vertragsschluss erblicken kann.

3. Auftragsunterlagen

3.1 Der Vertrag mit der Kundin kam erst zu Stande, als Frau X die Anmeldebestätigung erhielt und ihre Zustimmung nicht verweigerte. Denn erst mit der Anmeldebestätigung erhielt sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Y AG und somit die versprochenen Unterlagen. Der Tonbandaufzeichnung ist zu entnehmen, dass das Gespräch am 20. November 2013 stattgefunden hat. Davon ausgehend, dass die Auftragsbestätigung (datiert vom 21. November 2013) einen Tag später, also am Freitag, den 22. November 2013, per B-Post verschickt wurde, sollte Frau X die Unterlagen spätestens am Mittwoch, den 27. November 2013, erhalten haben. In den Auftragsunterlagen, die Frau X erhalten hat, ist von einer Einrichtung eines Tarifs die Rede mit der Möglichkeit, dass die Kundin in einigen Tagen ihre Orts-, Fern-, Mobilfunk- und Auslandsgespräche über den kostengünstigen Tarif von Y AG führen könne. Weiter unten im Begleitbrief wird darauf hingewiesen, dass es sich beim Vertrag um einen Preselection-Vertrag handelt. Nach Ansicht des Ombudsmanns hätte die Kundin nach Erhalt dieses Briefes sowie der Tarifbeilagen und den AGB merken müssen, dass sie einen Vertrag eingegangen ist.

3.2 Dem Ombudsmann ist unklar, weshalb Frau X, nach Erhalt der schriftlichen Anmeldebestätigung und der AGB von Y AG, nicht innert nützlicher Frist reagierte und den Vertragsschluss mit Y AG erst knapp zwei Monate später bestreitet. Denn erst nach deren Lektüre und stillschweigender Annahme ist - unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände - der Vertrag mit Y AG zustande gekommen. Der Ombudsmann ist der Meinung, dass Y AG, aufgrund der ausbleibenden Reaktion der Kundin, von einer stillschweigenden Annahme und somit einem Vertragsschluss ausgehen durfte.

4. Widerrufsrecht

4.1 Y AG bietet ihren Kunden nach Vertragsschluss ein Widerrufsrecht nach Art. 40d des Obligationenrechts an. Bei der Kundeninformation über das Widerrufsrecht sind inhaltliche und formelle Kriterien zu beachten. Bei Y AG findet sich die Belehrung in den AGB. Von Gesetztes wegen verlangt wäre jedoch eine optisch deutlich und inhaltlich unmissverständliche Gestaltung der Widerrufsbelehrung, so beispielsweise auf dem Vertragsdokument oder der Auftragbestätigung. Eine blosse Erwähnung in beigelegten allgemeinen Vertragsbedingungen oder Produktinformationen genügt nicht. Eine Verletzung der Belehrungspflicht setzt den Fristenlauf für den Widerruf aus. Auch wenn der Vertrag oder Teile davon bereits erfüllt sind, besteht die Widerrufsmöglichkeit weiterhin. Der Fristenlauf beginnt frühestens ab Kenntnis der Widerrufsmöglichkeit. Den Nachweis, wann ein Kunde diese Kenntnis erlangt hat, ist im Streitfall vom Anbieter zu erbringen.

4.2 Frau X hat nach Erhalt der Unterlagen von Y AG dieses Widerrufsrecht von sieben Tagen unbenutzt verstreichen lassen. Sie bestreitet nicht, die Unterlagen erhalten zu haben. Kunden haben nach Ansicht des Ombudsmanns die Pflicht, erhaltene Unterlagen zu studieren und innert Frist zu reagieren. Tun sie dies nicht, so kann dieser Umstand grundsätzlich nicht dem Anbieter zur Last gelegt werden.

5. Ergebnis

Gestützt auf die vorangehenden Ausführungen und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, wie das Alter der Kundin und der verwirrende Gebrauch von Begriffen wie „Einrichtung eines neuen Tarifs“ anstatt “Vertragsschluss“, möchte der Ombudsmann die Parteien - zur Lösung des Problems - dazu bewegen, einen Schritt aufeinander zuzugehen. In diesem Sinne schlägt der Ombudsmann vor, dass Y AG den vorliegenden Preselection-Vertrag mit Frau X per 31. Dezember 2014 ohne Kostenfolge beendet. Frau X verpflichtet sich im Gegenzug, die bis dahin anfallenden Abonnementsgebühren zu bezahlen. Frau X übernimmt somit für die Hälfte der Mindestvertragsdauer die Abonnementskosten und Y AG verzichtet auf die anderen 12 Monate an Abonnementsgebühren. Es ergeht der folgende Schlichtungsvorschlag:

E. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Der Preselection-Vertrag vom 22. November 2013 zwischen Frau X und Y AG wird per 31. Dezember 2014 ohne Kostenfolge aufgelöst.
  2. Frau X begleicht die anfallenden Abonnementskosten bis und mit 31. Dezember 2014.
  3. Nach Erfüllung von Ziffer 1 und 2 sehen sich die Parteien per Saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt.
  4. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 8. Oktober 2014

Dr. Oliver Sidler
Ombudsmann