Keine Mindestvertragsdauer, aber Rabatt während 24 Monaten
Herr X will den Anbieter wechseln und daher seinen Vertrag kündigen. Der Anbieter informierte ihn, dass die Kündigung aufgrund einer laufenden Mindestvertragsdauer nur unter Kostenfolge möglich sei, denn Herr X habe anlässlich eines Gesprächs mit dem Anbieter einer Vertragsverlängerung von 24 Monaten zugestimmt. Herr X bestritt dies. Der Ombudsmann überprüfte die eingereichten Dokumente und die Gesprächsaufzeichnung, aus welcher der Anbieter die Vertragsverlängerung ableitet. Er kam zum Schluss, dass der Kunde zwar einem neuen Vertrag mit einem Rabatt von 24 Monaten, nicht aber einer Vertragsverlängerung von 24 Monaten zustimmte. Folglich konnte der Vertrag unter Einhaltung der regulären Kündigungsfrist von zwei Monaten auf Monatsende ohne Kostenfolgen aufgelöst werden.
SCHLICHTUNGSVORSCHLAG
Am 11. Juli 2024 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.
Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.
A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN
Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:
„Ich fragte bei Anbieter telefonisch nach um das Ablaufdatum meines Vertrages. Stattdessen wurde die vom Anbieter eigenmächtig angepasste Rechnung (11.03.2024) von 35.95 auf den bisherigen Betrag von 24.95 reduziert und den von uns zu viel einbezahlten Betrag am 10.04.2024 gutgeschrieben. So weit korrekt. Mit der Behauptung, ich hätte den Vertrag gleichzeitig, mit demselben Telefonanruf um 2 Jahre auf 20.03.2026 verlängert, versucht der Anbieter, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Um den Vertrag aufzulösen, soll ich CHF 199 bezahlen. Auf die Bitte, die telefonischen Aufzeichnungen herauszugeben (damit wäre die Behauptung des telefonischen Vertragsabschlusses geklärt), sagt der Anbieter, das gehe nur mit Einsetzung eines Anwalts. Die Masche dabei: viele denken sich, um den Umtrieben aus dem Weg zu gehen und einen Anwalt einzusetzen, bezahle ich die CHF 199. Ich möchte dieses Vorgehen des Anbieters grundsätzlich abklären, da sind es mir die CHF 20 Gebühren wert. Vielen Dank für Ihre Bemühungen und freundliche Grüsse Herr X“
B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS
Der Stellungnahme des Anbieters wird Folgendes entnommen:
„Herr X hat am 20.03.2024 seinen Vertrag AB um 24 Monate zu CHF 24.95/Monat telefonisch verlängert. Die Aufzeichnung des Anrufs finden Sie im Anhang.
Bitte beachten Sie, dass die beigefügte Aufzeichnung des Anrufs streng vertraulich behandelt werden muss, nicht weitergegeben oder veröffentlicht werden darf, und dass sämtliche datenschutzrechtlichen Bestimmungen uneingeschränkt eingehalten werden müssen.
Entgegen der Behauptungen des Kunden, hatte er damals nicht angerufen um die Kündigungsfristen zu erfahren, sondern aufgrund einer erhöhten Rechnung. Er wurde damals informiert, dass der alte Rabatt gemäss den Vertragskonditionen nach 24 Monaten abgelaufen ist, und ihm wurde ein neues Angebot unterbreitet, welches er auch akzeptiert hatte.
Der verlorene Rabatt wurde auch gutgeschrieben und der Kunde erhielt eine neue Rechnung. Er wusste somit Bescheid da er selbst um eine Korrektur gebeten hatte.
Gerne möchte ich hinzufügen, dass der Kunde sich am 27.03.2024 gemeldet hatte, weil er angeblich ein Angebot eines anderen Anbieters erhalten hatte, und somit den Vertrag vorzeitig kündigen wollte. Er wurde informiert, dass er eine Gebühr von CHF 199.00 bei einer vorzeitigen Kündigung bezahlen müsste, und er hat diese Gebühren ebenfalls akzeptiert.
Nachdem wir dem Kunden erklärt hatten, dass er eine Portierung beim neuen Anbieter einleiten muss, haben wir keine Rückmeldung von ihm bekommen und es wurde auch keine Portierung eingeleitet.
Aufgrund dieser Tatsachen, müssen wir an die Vertragskonditionen festhalten und der Kunde kann seinen Vertrag per 20.03.2026 ohne Kosten, oder per sofort für CHF 199.00 kündigen.“
C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN
Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.
Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.
Herr X bemühte sich Ende März 2024 und anfangs April 2024 um eine Einigung mit dem Anbieter bezüglich der bestrittenen Vertragsverlängerung und Gebühr bei vorzeitiger Kündigung – ohne Erfolg. Er legte seinen Versuch zur Einigung mit Anbieter somit glaubhaft dar. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.
D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS
1. Ausgangslage und Problemstellung
Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob der Anbieter aus dem Telefongespräch zwischen Herrn X und einer Mitarbeiterin des Anbieters vom 20. März 2024 korrekterweise den Vertrag „AB“ mit einer Mindestvertragsdauer von 24 Monaten zu einem Abonnementspreis CHF 92.95 abzüglich eines Rabatts von CHF 68.- während 24 Monaten ableitete.
Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.
2. Zur Streitigkeit
2.1. Allgemeines zum Vertragsschluss
Das Zustandekommen eines Vertrags setzt die gegenseitige übereinstimmende Willensäusserung voraus (Art. 1 OR). Im Regelfall müssen die Parteien ausdrücklich die Annahme erklären, um den Vertrag zustande zu bringen. Willenserklärungen können aber nicht bloss ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen. Bezahlt die Kundin oder der Kunde die Rechnung, ohne diese zu beanstanden, stimmt sie oder er grundsätzlich stillschweigend dem Vertrag zu. Zusätzlich zu den gegenseitigen übereinstimmenden Willensäusserungen müssen sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte des Vertrages einigen (Art. 2 Abs. 1 OR).
Wenn keine übereinstimmenden Willenserklärungen vorliegen, kann ein Vertrag dennoch nach dem sog. Vertrauensprinzip zu Stande kommen. Danach sind Willenserklärungen der Parteien so auszulegen, wie sie im Verkehr vom Erklärungsempfänger in guten Treuen verstanden werden durften und mussten (vgl. BGE 132 III 264 E. 2.2). Der bei einem bestimmten Rechtsschein Behaftete hat diesen selbst zu vertreten, da er ihn selbst schuf oder dessen Zustandekommen wenigstens duldete (Zellweger/Bucher, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, N 7 zu Art. 6 OR).
2.2. Zum Telefongespräch vom 20. März 2024
Dem von beiden Parteien eingereichten Vertrag kann entnommen werden, dass am 20. März 2024 telefonisch das Abonnement „AB“ für CHF 92.95 abzüglich eines Rabatts von CHF 68.- während 24 Monaten abgeschlossen wurde. Die Mindestvertragsdauer beträgt gemäss Vertrag 24 Monate. Ausserdem wurde für den Fall einer vorzeitigen Kündigung eine Gebühr von CHF 199.95 festgelegt. Auf den ersten Blick wirkt somit alles klar. Doch dieser Schein trügt, denn für Herrn X scheint nicht klar gewesen zu sein, dass er sich anlässlich des Telefongesprächs für weitere 24 Monate verpflichtete. So meldete er sich Ende März 2024 bereits wieder beim Anbieter. Gemäss Angaben des Anbieters sei die Kontaktaufnahme am 27. März 2024 erfolgt. Der Kunde habe den Anbieter wechseln wollen. Er habe nichts von der Vertragsdauer gewusst. Auch Ende April 2024 meldete sich Herr X erneut beim Anbieter. Das Vorgehen von Herrn X spricht dafür, dass er sich der Verpflichtung um weitere 24 Monate nicht bewusst gewesen war. Was wurde also anlässlich des telefonischen Vertragsgesprächs vom 20. März 2024 tatsächlich besprochen? Zur Klärung dieser Frage wird nachfolgend die zur Verfügung gestellte Vertragsaufzeichnung von einer Dauer von 12 Minuten wiedergegeben und ausgewertet:
Frau X meldete sich beim Kundendienst des Anbieters wegen einer Preiserhöhung. Anstelle der bis anhin bezahlten CHF 28.30 würden nun CHF 35.95 in Rechnung gestellt. Zur Verifizierung bat die Mitarbeiterin Herrn X zu sprechen. Das weitere Gespräch erfolgte zwischen der Mitarbeiterin und Herrn X. Die Mitarbeiterin erklärte, dass der Rabatt abgelaufen sei. Jedes Abonnement habe einen Rabatt während 24 Monaten. Nach Ablauf der Dauer müsse der Vertrag und der Rabatt erneuert werden und die Kunden würden einen personalisierten Rabatt erhalten. Die Mitarbeiterin stellte daraufhin in Aussicht, im System den personalisierten Rabatt für Herrn X zu prüfen. Dadurch würde das Abonnement während 24 Monaten wieder billiger. Herr X sagte, dass dies sehr gut sei. Die Mitarbeiterin fuhr fort, dass er für CHF 24.95 alles in der Schweiz unlimitiert habe. Das heisse, dass er SMS, Anrufe und Internet in der Schweiz unlimitiert habe. Wenn er in Urlaub fahre, habe er 20 GB Internet in Europa zur Verfügung. Dieses Abonnement würde normalerweise CHF 92.95 kosten. Er als langjähriger Kunde erhalte einen Rabatt von CHF 68.-. Die Mitarbeiterin fragte, ob dies ok sei und ob sie den Vertrag verlängern solle. Er meinte daraufhin, dass das sehr gut töne. Daraufhin sagte die Mitarbeiterin, dass sie Herrn X nicht lange aufhalten wolle und das Ganze sogleich verlängere. Das sei dann gültig ab heute. Sie informierte Herrn X in der Folge über die einzelnen Schritte, die sie im System tätigte: Das Abonnement heisse neu „AB“ und koste CHF 24.95. Auf dem Vertrag, den Herr X erhalten werde, stehe oben der volle Preis von 92.95 und unten unter den 24 Monaten stehe klein geschrieben der Rabatt von CHF 68.-. Nicht dass Herr X denke, dass etwas falsch gelaufen sei. Sie erkundigte sich, ob Herr X noch Fragen habe oder ob sie den Vertrag so abschliessen könne. Herr X erkundigte sich daraufhin, ob er eine neue Rechnung erhalte und sie sprachen über die Gutschrift sowie deren Berechnung auf der Folgerechnung. Weiter sprach die Mitarbeiterin an, das Roaming zu entsperren und ihm eine neue SIM-Karte zu senden, da seine veraltet sei. Zuletzt erkundigte sie sich nach dem aktuellen Anbieter für Internet, TV und Festnetz und unterbreitete Herrn X ein Angebot für CHF 39.95. Die Mitarbeiterin wollte den Kunden diesbezüglich am Freitag erneut kontaktieren. Bevor sich die beiden verabschiedeten, stellte Herr X noch eine Frage zur SIM-Karte und deren Aktivierung.
Aus der Aufzeichnung geht hervor, dass Herr X dem Vertrag „AB“ für CHF 92.95 abzüglich eines Rabatts von CHF 68.- während 24 Monaten, ausmachend monatlich CHF 24.95, zustimmte. Die Mitarbeiterin sprach zwar von einer Vertragserneuerung und von einer Vertragsverlängerung, allerdings ohne eine Dauer oder die Mindestvertragslaufzeit zu nennen. Sie erwähnte einige Male eine Dauer von 24 Monaten, welche sie allerdings auf den Rabatt und nicht das Abonnement bezog:
- Erklärung der Mitarbeiterin, dass der Rabatt abgelaufen sei.
- Erklärung, dass jedes Abonnement einen Rabatt während 24 Monaten habe. Weiter legte sie dar, dass das neue Abonnement durch den personalisierten Rabatt, welcher wegen der langjährigen Kundschaft von Herrn X erfolge, während 24 Monaten wieder billiger sei. Ausserdem erklärte sie, dass sich der Rabatt klein geschrieben auf dem Vertrag unter den 24 Monaten finde. Auch hier wieder keine Erwähnung der Mindestvertragsdauer bzw., dass es sich bei den 24 Monaten um die Mindestvertragsdauer handle. All die Male, bei welchen sie die Dauer von 24 Monaten ansprach, machte sie keinen Bezug zur Mindestvertragsdauer und erwähnte mit keinem Wort, dass sich der Kunde um weitere 24 Monate verpflichtete sowie den Vertrag nur gegen eine Bezahlung von CHF 199.95 vorzeitig kündigen könne. Daher durfte Herr X davon ausgehen, dass sich die Dauer von 24 Monaten auf den Rabatt und nicht auf eine vertragliche Verpflichtung bezog. Der Vertrag kam folglich ohne Mindestvertragsdauer von 24 Monaten zustande und ist unter Einhaltung einer Frist von zwei Monaten auf ein Monatsende kündbar (vgl. Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen).
Herr X scheint den Anbieter bereits Ende März 2024 um Kündigung bzw. Anbieterwechsel gebeten zu haben. Daher schlägt der Ombudsmann vor, dass er den Vertrag per sofort ohne Kostenfolgen auflösen bzw. seine Nummer 07x xxx xx xx per sofort zu einem neuen Anbieter portieren kann. Hierfür müsste er sich rasch möglichst beim Anbieter seiner Wahl anmelden und diesen mit der sofortigen Portierung der Nummer beauftragen. Der Anbieter gibt die Nummer per sofort ohne Kostenfolgen zur Portierung frei. Nach der Portierung gilt das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien als aufgelöst, eine Kündigung durch Herrn X ist nicht erforderlich.
Diesen Vorschlag erachtet der Ombudsmann unter den gegebenen Umständen für sachgerecht.
Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.
E. SCHLICHTUNGSVEREINBARUNG
- Die Parteien nehmen zur Kenntnis, dass der Vertrag „AB“ vom 20. März 2024 für CHF 92.95 abzüglich eines Rabatts von CHF 68.- während 24 Monaten ohne Mindestvertragsdauer von 24 Monaten zustande kam.
- Anbieter gibt die Nummer 07x xxx xx xx per sofort kostenlos zur Portierung zum Wunschanbieter von Herrn X frei.
- Herr X meldet sich innert 10 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens beim Anbieter seiner Wahl an und beauftragt diesen mit der umgehenden Portierung der Nummer 07x xxx xx xx.
- Durch die Portierung der Nummer 07x xxx xx xx wird der Vertrag „AB“ von Herrn X per Datum der Portierung ohne Kostenfolgen aufgelöst.
- Diese Schlichtungsvereinbarung wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.