Grundversorgung für alle
Am Wohnort von Herrn X wurde das Festnetz abgebaut und durch eine Mobilfunkantenne vor Ort ersetzt. Seitdem hatten er und seine Nachbarn schlechten Empfang. Telefonate brachen mitten im Gespräch ab; an gewissen Tagen konnten gar keine Verbindung aufgebaut werden. Im Schlichtungsvorschlag führte der Ombudsmann aus, die Grundversorgung umfasse einen öffentlichen Telefondienst, einen Zugangsdienst zum Internet und Dienste für Menschen mit einer Behinderung. Der Zugang zum Internet sowie zum öffentlichen Telefondienst erachtete der Ombudsmann durch die mangelhaft funktionierende Mobilfunkverbindung als nicht mehr gewährleistet und auferlegte dem Anbieter eine Frist zur Problemlösung. Ausserdem schlug er die Rückerstattung der Abonnementsgebühren für die Zeitspanne vor, in welcher die Mobilfunkverbindung Störungen aufwies.
SCHLICHTUNGSVORSCHLAG
Am 22.11.2023 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.
Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.
A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN
Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:
„Wir haben bei uns seit diesem Jahr sehr schlechter empfang. Ich hatte Anbieter Y schon mehrmals angerufen und das Problem geschildert und wurde informiert das ein technisches Problem sei aber es wurde bis jetzt nicht behoben. Alle Nachbarn haben das gleiche Problem und es ist ein grosses Touristen Gebiet das seit Frühjahr sehr schlechter Empfang hat. Eir haben kein Festnetz somit sollte das Mobile wieder wie vorher gehen.“
B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS
Der Stellungnahme von Anbieter Y vom 7. Dezember 2023 wird Folgendes entnommen:
„Wir haben mit Herrn X telefonisch Kontakt aufgenommen um die Lage zu besprechen.
Bei Anbieter Y nutzen wir die Netzinfrastruktur von Anbieter X. Aus diesem Grund können wir zum Sachverhalt keine ausführliche Stellung nehmen. Der Kunde wurde unsererseits stets über die uns zur Verfügung stehenden Mittel informiert und ist grundsätzlich zufrieden mit Anbieter Y. Wir hatten bereits im Vorfeld mit Herrn X Kontakt und haben ihm mitgeteilt, dass wir ein Störungsticket beim Anbieter X eröffnet haben.
Wir werden uns direkt mit der zuständigen Stelle beim Anbieter X in Verbindung setzen um mehr Informationen über die Netzabdeckung am betroffenen Standort einzuholen und den Kunden proaktiv informieren.“
Einer weiteren Mitteilung von Anbieter Y vom 8. Dezember 2023 wird das Folgende entnommen:
„Wie besprochen werden wir den Zustand der Netzabdeckung mit Anbieter X direkt abklären und den Kunden proaktiv informieren.
Aufgrund der Problematik sind wir bereit, eine halbjährige Reduktion von monatlich CHF 10.00 auf das Abo von Herrn X gutzuschreiben.
Aktuell beträgt die Grundgebühr abzgl. Rabatte CHF 25.00.“
C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN
Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt:
Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.
Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.
Der Kunde setzte sich vermehrt telefonisch mit Anbieter Y in Kontakt. Die Parteien konnten keine Einigung finden.
Herr X legte seinen Versuch zur Einigung mit Anbieter Y glaubhaft dar. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.
D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS
1. Ausgangslage und Problemstellung
Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Anbieter Y den Vertrag mit Herrn X vertragskonform erfüllt.
Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.
2. Zur Streitigkeit
Herr X macht in seinem Schlichtungsbegehren geltend, seit Anfang 2023 schlechten Empfang an seinem Wohnort zu haben. Die Problematik bestehe, seit das Festnetz an seinem Wohnort abgebaut und mit einer Mobilfunkantenne vor Ort ersetzt wurde. Nicht nur Herr X sondern auch seine Nachbarn leiden unter diesem schlechten Empfang. Herr X schilderte der Schlichtungsstelle für Telekommunikation, dass Telefonate mitten im Gespräch abgebrochen würden und er an gewissen Tagen gar keine Verbindung aufbauen könne. Dies erachtet der Ombudsmann als besonders prekär, da es so scheint, als wäre die Grundversorgung nicht gewährleistet.
3. Zur Grundversorgung
Ziel der Grundversorgung ist, ein Basisangebot von grundlegenden Fernmeldediensten allen Bevölkerungskreisen in allen Landesteilen zur Verfügung zu stellen. Diese Dienste müssen erschwinglich, zuverlässig und von einer bestimmten Qualität sein.
Telekommunikation ist nicht nur für die Wirtschaft wichtig, sondern auch für die Konsumentinnen und Konsumenten sowie für die Gesellschaft. Der Bund sorgt für eine ausreichende und preiswerte Grundversorgung in allen Landesgegenden (Art. 92 der Bundesverfassung). Dieser Grundsatz ist im Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG) verankert, dessen Ziel vor allem ein wirksamer Wettbewerb im Bereich der Fernmeldedienste, aber auch eine sichere und erschwingliche Grundversorgung für alle Bevölkerungskreise in allen Landesteilen ist.
Der Umfang der Grundversorgung wird vom Bundesrat periodisch überprüft. Die Grundversorgung umfasst den öffentlichen Telefondienst, einen Zugangsdienst zum Internet und Dienste für Menschen mit einer Behinderung.
Die Grundversorgung umfasst gemäss Art. 15 FDV u.a.
- den öffentlichen Telefondienst (das Führen nationaler und internationaler Telefongespräche in Echtzeit, mit einer oder drei Telefonnummern)
- einen Eintrag im Verzeichnis des öffentlichen Telefondienstes (Haushalte haben Anspruch auf zwei kostenlose Einträge)
- einen Zugangsdienst zum Internet mit einer garantierten Übertragungsrate von 10/1 Mbit/s (in Ausnahmefällen kann diese Rate reduziert werden)
Wenn die Grundversorgungskonzessionärin ihre Konzession nicht einhält, kann die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) Aufsichtsmassnahmen ergreifen und Sanktionen auferlegen. In einem solchen Fall ist das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) für die Aufsicht zuständig und beantragt der ComCom gegebenenfalls Massnahmen. Wer der Ansicht ist, die Grundversorgungskonzessionärin halte sich nicht an ihre Konzessionsvorschriften, kann dies dem BAKOM melden.
4. Zu den Verpflichtungen der Parteien bei Leistungseinbusse und Störungen
Der Internet-, TV- und Telefonie-Abonnementsvertrag gehört – wie in der Telekommunikationsbranche vorherrschend – zur Kategorie der sogenannten Dauerschuldverhältnisse. Diese kennzeichnen sich durch stets wiederkehrenden Leistungsaustausch. Dabei werden die Vertragsleistungen unter den Parteien über einen festgelegten oder unbefristeten Zeitraum ausgetauscht (wie bei Miet- oder Arbeitsverhältnissen). Allgemein schulden sich Vertragsparteien bei Störungen in der Vertragsabwicklung entsprechende Mitteilungen, wobei bei Mängeln oder Verzug der Leistungen der einen Vertragspartei auch die Möglichkeit zur Nachbesserung der Leistung bzw. Behebung der Fehler eingeräumt werden kann. Zur Lösung gewisser Probleme ist der Anbieter zudem auf die Kooperation der Kundschaft angewiesen.
Vorliegend scheint es sich um eine Problematik der Grundversorgung zu handeln, da die Grundversorgungskonzessionärin offenbar das lange Jahre funktionierende Festnetz in der Region ausser Betrieb setzte und stattdessen eine Mobilfunkverbindung, die nur mangelhaft funktioniert, einrichtete.
4.1 Im vorliegenden Fall
Herr X hatte bereits mehrfachen Kontakt mit Anbieter Y. Anbieter Y vergewisserte Herr X, dass es sich um ein technisches Problem handle, welches Anbieter Y dem Anbieter X, welcher für die Netzinfrastruktur zuständig sei, weitergeleitet habe. Der Ombudsmann möchte an dieser Stelle erwähnen, dass Anbieter Y als Vertragspartner von Herrn X dafür verantwortlich ist, den Kunden detailliert und innert angemessener Frist über den Fortschritt die Problembehandlung zu informieren und für die rasche Behebung der technischen Störungen zu sorgen.
Im vorliegenden Fall reichte Anbieter Y eine sehr bescheidene Stellungnahme zu dieser ernstzunehmenden Problematik, welche bereits seit Anfang 2023 besteht und bis anhin nicht behoben werden konnte, ein. Herrn X kann im Gegensatz zum Anbieter Y nicht vorgeworfen werden, sich nicht um die Angelegenheit gekümmert zu haben. Er reklamierte mehrfach bei Anbieter Y. Anbieter Y informierte Herrn X wiederum nur sehr spärlich. Herrn X ist beispielsweise bis heute nicht bewusst, wie viel Zeit die Problembehandlung noch in Anspruch nehmen wird.
Der Ombudsmann ist der Ansicht, dass in einem Fall wie dem vorliegenden der Kunde bereits über sämtliche vorgenommene Handlungen zur Problemlösung hätte informiert werden müssen und stets über den aktuellen Stand der Problematik informiert sein sollte. Dies scheint Anbieter Y aber nicht gemacht zu haben. Es scheint ein ganzes Wohngebiet von der Problematik betroffen zu sein. Der Ombudsmann ist daher der Ansicht, dass die technischen Probleme schnellstmöglich behoben werden müssen. Dies insbesondere, da es sich beim Wohnort von Herr X um ein eher abgelegenes Gebiet handelt, an dem es umso wichtiger ist, dass man sich auf eine funktionierende Netzabdeckung verlassen kann.
Der Ombudsmann schlägt daher vor, dass Anbieter Y Herrn X bis Mitte Januar 2024 eine detaillierte Aufstellung sämtlicher bereits vorgenommenen Handlungen zur Problembehebung zustellt und die in Aussicht gestellten Schritte beschreibt. Weiter setzt der Ombudsmann Anbieter Y eine Frist, die technischen Probleme bis spätestens Ende Februar 2024 vollständig zu lösen.
4.2. Entschädigung
Im Gegensatz zu einem Gerichtsverfahren ist es der Schlichtungsstelle nicht möglich, erforderliche Beweiserhebungen durchzuführen, um einen entstandenen finanziellen Schaden überprüfen zu können. Der Ombudsmann kann lediglich einen finanziellen Ausgleich vorschlagen, der sich aber grundsätzlich nicht am Schadenersatzbegriff im rechtlichen Sinne orientiert und im Sinne einer Kulanzentschädigung zu verstehen ist.
Anbieter Y bot in der Stellungnahme an, dem Kunden eine halbjährige Reduktion von monatlich CHF 10.00 auf das Abonnement „Z“ von Herrn X gutzuschreiben. Der Ombudsmann ist der Ansicht, dass Anbieter Y Herr X für das gesamte Jahr eine Entschädigung schuldet, da der Empfang bereits seit Frühling 2023 nicht funktionierte und der schlechte Zustand sich auch kurzfristig nicht zu ändern scheint. Er schlägt daher vor, dass Anbieter Y Herrn X eine Gutschrift im Umfang von CHF 200.- macht.
Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.
E. SCHLICHTUNGSVEREINBARUNG
- Anbieter Y stellt Herrn X bis Mitte Januar 2024 eine detaillierte Übersicht über die bereits vorgenommenen Schritte zur Problembehandlung zu und informiert Herrn X über das weitere Vorgehen.
- Anbieter Y stellt bis Ende Februar 2024 sicher, dass am Wohnort von Herrn X zumindest die Dienste der Grundversorgung ist ausreichender Qualität angeboten werden.
- Anbieter Y erstellt innert 20 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens auf dem Kundenkonto von Herrn X eine Gutschrift in Höhe von CHF 200.-.
- Diese Schlichtungsvereinbarung wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.