Ungewollte Replay-Option ist kein wichtiger Grund für eine vorzeitige Kündigung
Herr X ist nicht gewillt, die Kündigungsgebühren in der Höhe von CHF 1’148.85 zu bezahlen. Er habe einem Vertrag ohne Replay-Option für CHF 39.95/Mt. zugestimmt, jedoch einen Vertrag mit Replay-Option für CHF 53.90/Mt. erhalten. Der Ombudsmann hält fest, dass Herr X gemäss dem Abonnementsvertrag die vereinbarten CHF 39.95/Mt. und nicht mehr bezahlt. Die Vereinbarung über die Replay-Option ist für Herrn X infolge eines wesentlichen Irrtums einseitig unverbindlich und die diesbezüglich in Rechnung gestellten Gebühren in der Höhe von CHF 8.05 sind Herrn X zurückzuerstatten. Der Kunde ist nach Auffassung des Ombudsmannes jedoch nicht berechtigt, den Abonnementsvertrag vorzeitig ohne Kostenfolgen aufzulösen. Dafür müsste das Vertrauen zwischen den Parteien aufgrund der in Rechnung gestellten Replay-Option derart erschüttert worden sein, dass die Fortführung der vertraglichen Beziehungen Herrn X nicht mehr zuzumuten ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Da sich aus dem Abonnementsvertrag jedoch nicht eindeutig ergibt, dass die Gebühren der Replay-Option dem Kunden jeweils separat in Rechnung gestellt werden und nicht bereits im Preis inkludiert sind, ist der Ombudsmann der Ansicht, dass Anbieter Y die Kündigungsgebühren um CHF 200.- reduzieren sollte.
SCHLICHTUNGSVORSCHLAG
Am 27.2.2024 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.
Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.
A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN
Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:
„Ich habe keinen Vertrag mit Anbieter Y abgeschlossen oder unterschrieben, und kein Internet Router/ TV Box erhalten. Trotzdem läuft ein Vertrag auf meinen Namen. Ich habe diesen nicht unterschriebenen Vertrag schriftlich gekündigt. Jetzt habe ich eine Rechnung von CHF. 1146, 80 bekommen. Ich bin nicht gewillt, diesen Betrag zu bezahlen.“
B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS
Der Stellungnahme von Anbieter Y wird Folgendes entnommen:
„Herr X unterzeichnete am 9. November einen Vertrag V im Anbieter Y Store S. Aufgrund eines technischen Problems konnte der Vertrag nicht im System angezeigt werden, daher wurde der Vertrag am 10. November im gleichen Anbieter Y Store erneuert, mit dem gewünschten Aktivierungsdatum 30 November.
Es ist wichtig zu beachten, dass unsere Verträge, obwohl sie nicht unterschrieben sind, in Kraft treten, sobald der Kunde unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) akzeptiert und den Vertrag anschliessend per E-Mail erhält. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gab es ein Willkommens-Guthaben von 200 CHF als Promotion, das auf der ersten Rechnung des Kunden sichtbar war.
Bei der Überprüfung des bestehenden Vertrags war der Kunde unglücklich, weil er dachte, dass die monatliche Gebühr nicht 39,95 CHF, sondern stattdessen 49,95 CHF betragen würde. Im Vertrag ist jedoch eindeutig eine reduzierte monatliche Gebühr von 39,95 CHF für Anbieter Y-Kunden mit einem berechtigten Mobilvertrag angegeben.
Um auf die Bedenken des Kunden einzugehen, erklärte der Anbieter Y Store Manager dem Kunden die Gebühren am 14. November noch einmal im Laden. Trotz der telefonischen Zusicherung mehrerer Mitarbeiter unserer Kundendienst-Hotline, dass die monatliche Gebühr 39,95 CHF betragen würde, entschied sich der Kunde dennoch, den Vertrag zu kündigen, da er am Tag zuvor einen neuen Vertrag mit einem anderen Anbieter, Z, abgeschlossen hatte. Da wir an diesem Tag ein erhöhtes Anrufvolumen hatten, teilte uns der Kunde daraufhin am 16.11.2023 schriftlich seinen Kündigungswunsch mit, woraufhin wir mehrfach, leider erfolglos, versuchten, den Kunden zu kontaktieren, um mit ihm eine Lösung zu finden und ihm die monatlichen Gebühren noch einmal zu erläutern und auch unsere Gebühren im Falle einer vorzeitigen Kündigungsanfrage zu erklären.
Um weitere Gebühren zu vermeiden, haben wir am 24.01.2024 in unserem System die Kündigung eingetragen, weshalb dem Kunden die Abschaltgebühr von CHF 1'148.85 berechnet wurde. Im Falle einer Stornierung wird eine Gebühr von CHF 199,95 erhoben. In Anbetracht der am 10. November 2023 eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen ist Herr X daher verpflichtet, eine Stornogebühr von 199,95 CHF zu zahlen, wie in unseren Preis- und Produktinformationen angegeben.
Abschliessend halten wir fest, dass Herr X verpflichtet ist, die Stornogebühr von CHF 199.95 zu begleichen, und wir stehen zur Gültigkeit unserer vertraglichen Bedingungen. Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit und stehen für eventuelle weitere Klärungen oder benötigte Informationen zur Verfügung.“
C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN
Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.
Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.
Herr X suchte mehrfach telefonisch den Kontakt mit dem Anbieter und reklamierte auch schriftlich und persönlich im Anbieter Y-Shop S.
Der Kunde legte seinen Versuch zur Einigung mit Anbieter Y glaubhaft dar. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.
D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNES
1. Ausgangslage und Problemstellung
Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob die Forderung von Anbieter Y in der Höhe von CHF 1'148.85 berechtigt ist. Dafür muss geklärt werden, ob der Abonnementvertrag V gültig zu Stande kam und ob im zutreffenden Falle Herr X gehalten ist, die Gebühren für eine vorzeitige Kündigung zu begleichen.
Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.
2. Zur Streitigkeit
Herr X ist der Ansicht, dass der am 10. November 2023 geschlossene Abonnementvertrag V keine Gültigkeit habe. Seiner E-Mail an die Schlichtungsstelle vom 26. Februar 2024 ist zu entnehmen, dass er der Auffassung ist, einem Vertrag ohne Replay- Option für CHF 39.95/Mt. zugestimmt zu haben. In der Folge habe er jedoch einen Vertrag mit Replay-Funktion für CHF 53.90/Mt. erhalten. Nach übereinstimmenden Angaben der Parteien beanstandete der Kunde daraufhin die Gebühren telefonisch und am 14. November 2023 auch im Anbieter Y-Shop. Gemäss Stellungnahme des Anbieters versuchte dieser vermehrt, Herrn X zu erklären, dass die Abonnementsgebühren aufgrund eines ihm gewährten Rabatts monatlich stets wie vereinbart CHF 39.95 betragen und nicht CHF 53.90. Der Kunde entschied sich dennoch dazu, den Abonnementvertrag V zu kündigen und liess seine Kündigung am 16. November 2024 dem Anbieter schliesslich noch schriftlich zukommen. Daraufhin habe Anbieter Y erfolglos versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Schliesslich sei die Kündigung am 24. Januar 2024 eingetragen worden und Anbieter Y stellte Herrn X Gebühren für die vorzeitige Kündigung in der Höhe von CHF 1'148.85 in Rechnung.
Um die Rechtmässigkeit der Forderung in der Höhe von CHF 1'148.85 zu beurteilen, ist in der Folge zunächst zu prüfen, ob der der Abonnementvertrag V gültig zu Stande kam. Im zutreffenden Falle muss sodann analysiert werden, ob dem Kunden ein vorzeitiges kostenfreies Kündigungsrecht zustand.
2.1. Zum Vertragsschluss
Das Zustandekommen eines Vertrags setzt die gegenseitige übereinstimmende Willensäusserung voraus (Art. 1 OR). Im Regelfall müssen die Parteien ausdrücklich die Annahme erklären, um den Vertrag zustande zu bringen. Willenserklärungen können aber nicht bloss ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen. Bezahlt die Kundin oder der Kunde die Rechnung, ohne diese zu beanstanden, stimmt sie oder er grundsätzlich stillschweigend dem Vertrag zu. Zusätzlich zu den gegenseitigen übereinstimmenden Willensäusserungen müssen sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte des Vertrages einigen (Art. 2 Abs. 1 OR).
Wenn keine übereinstimmenden Willenserklärungen vorliegen, kann ein Vertrag dennoch nach dem sog. Vertrauensprinzip zu Stande kommen. Danach sind Willenserklärungen der Parteien so auszulegen, wie sie im Verkehr vom Erklärungsempfänger in guten Treuen verstanden werden durften und mussten (vgl. BGE 132 III 264 E. 2.2). Der bei einem bestimmten Rechtsschein Behaftete hat diesen selbst zu vertreten, da er ihn selbst schuf oder dessen Zustandekommen wenigstens duldete (Zellweger/Bucher, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, N 7 zu Art. 6 OR).
Im vorliegenden Fall ist Herr X der Ansicht, dass kein Konsens bestand, da die Abonnementsgebühren höher seien als vereinbart. Dem Vertrag ist zu entnehmen, dass die monatlichen Abonnementsgebühren CHF 49.95 betragen, Herr X jedoch als Kunde von Anbieter Y mit einem aktiven und berechtigten Mobilabonnementsvertrag CHF 39.95/Mt. bezahlt. Dieser Rabatt von CHF 10.-/Mt. ist auch jeweils auf der Monatsrechnung ausgewiesen. Entgegen der Auffassung des Kunden liegt betreffend die Abonnementsgebühr für den Vertrag also Konsens vor. Nun macht der Kunde jedoch geltend, dass ihm fälschlicherweise auch die 7-Tage Replay-Funktion in Rechnung gestellt wird. Diese ist tatsächlich auf dem Vertrag aufgeführt und wird jeweils mit CHF 3.95/Mt. in Rechnung gestellt. Aufgrund des Vertrauensprinzips darf Anbieter Y hierbei davon ausgehen, dass die im Anbieter Y-Shop abgeschlossenen Verträge dem wirklichen Willen des Kunden entsprechen. Somit ist der Vertrag auch über die Replay-Funktion in einem ersten Schritt zu Stande gekommen.
Damit der (mittels Vertrauensprinzip) entstandene Vertrag über die Replay-Funktion aber auch gültig bleibt, darf er keinerlei Formfehlern oder Willensmängeln (Irrtum, absichtliche Täuschung, Furchterregung gemäss Art. 23 ff. OR) unterliegen.
Herr X stellt sich auf den Standpunkt, dass der Vertrag mangels Unterschrift nicht gültig sein könne. Im schweizerischen Obligationenrecht gilt das Prinzip der Formfreiheit. Wenn das Gesetz nicht eine besondere Form verlangt, wie etwa die Schriftform bei Testament oder die öffentliche Beurkundung beim Grundstückkauf, genügen schon mündliche Willenserklärungen für einen Vertragsabschluss (Art. 11 OR). Es kann vorweggenommen werden, dass der fragliche Telekommunikationsvertrag keinen gesetzlichen Formvorschriften untersteht. Somit ist entgegen der Auffassung des Kunden seine Unterschrift für den gültigen Abschluss des Vertrags nicht notwendig.
Jedoch kann sich die Vereinbarung über die Replay-Funktion als ungültig erweisen, wenn beispielsweise ein Willensmangel in Form eines Irrtums vorliegt. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der oder die Irrende im Bewusstsein der wahren Sachlage den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätte (sogenannter Grundlagenirrtum). Der Irrtum führt für die betroffene Partei zur Unverbindlichkeit, wenn er als wesentlich im Sinne von Art. 23 OR qualifiziert werden kann. Dies bedeutet, dass er subjektiv und objektiv wesentlich sein muss. Subjektiv wesentlich ist ein Irrtum immer dann, wenn der Sachverhalt, auf den sich die irrige Vorstellung bezogen hat, für den Erklärenden eine „conditio sine qua non“ (notwendige Bedingung) für seine Willensbildung gewesen war. Objektiv wesentlich ist der Irrtum dann, wenn er einen Sachverhalt oder einen Sachverhaltsaspekt betrifft, der nach „Treu und Glauben im Geschäftsverkehr“ als eine notwendige Vertragsgrundlage betrachtet werden darf oder muss. Die sich irrende Partei hat der anderen sodann Partei innert Jahresfrist ab Entdeckung des Irrtums anzuzeigen, dass sie den Vertrag nicht halten will (Art. 31 Abs. 1 und 2 OR).
Der Ombudsmann geht im vorliegenden Fall davon aus, dass der Verzicht der Replay-Funktion für den Kunden eine notwendige Bedingung für seine Willensbildung darstellte, kündigte er den Vertrag doch auch aus diesem Grund. Der Preis des Abonnementsvertrags ist sodann nach Treu und Glauben als eine notwendige Vertragsgrundlage im Geschäftsverkehr zu betrachten. Der Irrtum von Herrn X ist also subjektiv sowie objektiv wesentlich. Die Vereinbarung über die Replay-Funktion ist somit als für den Kunden einseitig unverbindlich zu qualifizieren. Die zwischen dem 30. November 2023 und dem 24. Januar 2024 in Rechnung gestellten diesbezüglichen Gebühren in der Höhe von CHF 8.03 (gerundet auf CHF 8.05) sind Herrn X zurückzuerstatten.
2.2. Zur Kündigung
Anbieter Y stellte Herrn X CHF 1'148.85 für die vorzeitige Kündigung des Abonnementvertrags V (dessen Mindestlaufdauer am 30. November 2025 geendet hätte) in Rechnung. Die Parteien vereinbarten vertraglich, dass bei einer Kündigung während des ersten Monats sowie des laufenden Monats eine Kündigungsgebühr von maximal CHF 1'198.80 fällig werden kann. Danach reduziert sich die Kündigungsgebühr um jeweils CHF 49.95 jeden Monat bis zum Ablauf der Mindestvertragsdauer. Anbieter Y löste den per 30. November 2023 aktivierten Abonnementvertrag V schliesslich am 24. Januar 2024 auf. Die Kündigungsgebühr in der ursprünglichen Höhe von CHF 1'198.80 wurde folglich um CHF 49.95 reduziert (also um einen Monat) und beträgt nun noch CHF 1'148.85.
In der Folge muss geprüft werden, ob Herr X zu einer vorzeitigen kostenfreien Kündigung des Abonnementvertrags V berechtigt war, andernfalls die Gebühren in der Höhe von CHF 1'148.85 fällig werden.
Die vorzeitige Auflösung eines Vertragsverhältnisses ist in den Standardverträgen der Anbieter praktisch durchwegs enthalten und hat für die Kundschaft meist auch finanzielle Folgen. Ein Vertrag über Fernmeldedienstleistungen stellt ein Dauerschuldverhältnis (analog Miet- oder Arbeitsvertrag) dar. Dieses wird gesetzlich nicht geregelt. Gemäss Lehre und Rechtsprechung entspricht es einem allgemeinen Grundsatz, dass auch gesetzlich nicht geregelte Dauerschuldverhältnisse aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden können (BGE 128 III 428, E.3). Dies gilt für sämtliche Dauerschuldverhältnisse, auch wenn die Parteien vertraglich keine Regelung zur Vertragsauflösung aus wichtigem Grund getroffen haben (Marc Wolfer, Die vertragliche Regelung der Vertragsauflösung «aus wichtigem Grund», in: AJP 2014 S. 621 ff.). Denn der Vertrag wird nicht mit einer einmaligen, sondern mit wiederholten Leistungen erbracht. Es erfolgt eine dauerhafte Zusammenarbeit, welche ein gewisses Mass an Vertrauen zwischen den Parteien voraussetzt. Daher gelten Dauerschuldverhältnisse unter dem Vorbehalt der Auflösung aus wichtigem Grund. Das Vertrauensverhältnis zwischen Kundinnen und Kunden und Anbietern beruht im Gegensatz zu besonderen privatrechtlichen Vertragsverhältnissen (Mietvertrag, Arbeitsvertrag) jedoch nicht primär auf persönlicher Verbundenheit, sondern auf rein geschäftlichen Interessen.
Wird das Vertrauen durch eine Partei gebrochen, sodass die Fortsetzung der vertraglichen Beziehung für die andere Partei unzumutbar erscheint, kann diese den Vertrag aus wichtigem Grund vorzeitig – d.h. vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit – auflösen. Ein wichtiger Grund bezieht sich auf die Unzumutbarkeit, die Vertragsbeziehungen mit einer Partnerin oder einem Partner fortzuführen, die bzw. der eine schwere Vertragsverletzung begangen und somit das zwischen den Parteien bestehende Vertrauensverhältnis erschüttert hat. Die Vertragsauflösung aus wichtigem Grund dient dem Schutz der Persönlichkeit im Sinne von Art. 27 ZGB (Schweizerisches Zivilgesetzbuch / SR 210). Da die Fortführung der vertraglichen Bindung eine unzumutbare Einschränkung der Persönlichkeitsrechte der einen Partei darstellen würde, soll sich diese von der Vertragsbindung befreien können (BGE 128 III 428 E. 3c, S. 431f.).
Ob ein wichtiger Grund für die vorzeitige Vertragsauflösung vorliegt, ist ein Ermessensentscheid (Art. 4 ZGB / Schweizer Zivilgesetzbuch / SR 210). Hierfür wird eine Interessensabwägung unter Beachtung der konkreten Umstände vorgenommen (BGE 128 III 428 E. 4). Gemäss Rechtsprechung rechtfertigt eine besonders schwere Pflichtverletzung der anderen Partei eine Vertragsauflösung aus wichtigem Grund (BGE 127 III 310, Erw. 3; BGE 121 III 467 Erw. 4d). Ist die Pflichtverletzung weniger schwerwiegend, kann sie nur dann zu einer sofortigen Vertragsauflösung aus wichtigem Grund führen, wenn sie trotz Abmahnung wiederholt wurde (anstelle von vielen: BGE 127 III 310 Erw. 3). So können mehrere Vertragsverletzungen, die einzeln betrachtet nicht schwerwiegend genug sind, dennoch eine vorzeitige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit geeignet sind, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien endgültig zu zerstören (Marie-Noëlle Venturi-Zen- Ruffinen, La résiliation pour justes motifs des contrats de durée, Arbeiten aus dem juristischen Seminar der Universität Freiburg Schweiz, 264, Rz. 412, Zürich 2007 und zitierte Verweise).
Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass aufgrund der fälschlicherweise in Rechnung gestellten Replay-Funktion das Vertrauen zwischen den Parteien derart erschüttert wurde, dass die Fortführung der vertraglichen Beziehungen Herrn X nicht mehr zugemutet werden kann. Dies gilt umso mehr, als Anbieter Y auch vermehrt versuchte, die Unzufriedenheit des Kunden zu verstehen und beheben. Dem Ombudsmann ist zwar nicht klar, weshalb im Rahmen dieser Gespräche die beanstandete Replay-Funktion nicht thematisiert worden zu sein scheint. Jedoch liegt nahe, dass dies aufgrund der Missverständnisse der Grundgebühr des Abonnementvertrags V auch vom Kunden nicht prioritär angesprochen wurde. Der Abonnementvertrag V kann im vorliegenden Fall also nicht fristlos ohne Kostenfolge aufgelöst werden.
An dieser Stelle möchte der Ombudsmann jedoch noch anmerken, dass sich aus der ihm vorliegenden Vertragskopie nicht eindeutig ergibt, dass die monatlichen Gebühren der Replay- Funktion in der Höhe von jeweils CHF 3.95 separat in Rechnung gestellt werden. Der Vertrag führt als Gesamtpreis pro Monat CHF 53.90 (Gebühr des Abonnementvertrags in der Höhe von CHF 49.95/Mt. und Gebühr der 7-Tage Replay- Funktion in der Höhe von CHF 3.95) an. Darunter ist Folgendes aufgeführt: «CHF 39.95 / Monat für alle Anbieter Y Kunden mit einem aktiven, berechtigten Handy-Abo, das während der Bestellung bei Anbieter Y angegeben wurde und das sich nicht in Zahlungsverzug befindet. Die Liste der berechtigten Handy-Abos finden Sie in der Preis- und Produktinformationsbroschüre auf anbieterY.ch/gtc». Diese Formulierung legt eher die Schlussfolgerung nahe, dass der Kunde CHF 13.95 als monatlichen Rabatt erhalten wird (und nicht CHF 10.-), damit der Gesamtpreis schlussendlich CHF 39.95/Mt. beträgt. Der Ombudsmann kann somit nachvollziehen, dass die ganze Sachlage für den Kunden verwirrend war und ist der Ansicht, dass Anbieter Y deshalb aus Kulanz die Forderung in der Höhe von CHF 1'148.85 um CHF 200.- reduziert. Somit beträgt die von Herrn X zu begleichende Forderung – mit zusätzlichem Abzug der CHF 8.05 der Replay-Option – CHF 940.80.
Diesen Vorschlag erachtet der Ombudsmann unter den gegebenen Umständen als sachgerecht.
Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.
E. SCHLICHTUNGSVEREINBARUNG
- Herr X begleicht die Forderung von Anbieter Y in der Höhe von CHF 940.80 innert 20 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens.
- Nach Erfüllung von Ziffer E.1 erklären sich die Parteien betreffend den Abonnementvertrag V inkl. der 7-Tage Replay-Option per saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt.
- Diese Schlichtungsvereinbarung wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.