Verträge müssen eingehalten werden

Anbieter Y ändert während der Laufzeit des Mobilfunkabonnements die Vertragsbedingungen. Unilimitierte Anrufe ins Ausland einer bestimmten Länderzone sind nicht mehr im Abonnementspreis inbegriffen. Der Kunde erhält damit faktisch weniger Leistungen zum gleichen Preis. Kann eine Vertragspartei während der Vertragsdauer die Bedingungen einfach einseitig abändern? Bei Vertragsanpassungen während der Vertragsdauer sind gewisse Grundsätze zu beachten.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Mit Eingabe vom 5. April 2012 hat Herr X ein Begehren um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens eingereicht. Der Ombudsmann hat diese Eingabe samt allen dazu übermittelten Dokumenten studiert und eine Stellungnahme vom betroffenen Anbieter angefordert. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen kann der Ombudsmann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten.

Der vorliegende Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme der Anbieter berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

1. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:

„Y AG hat unser Vertrag, welcher am 31. Januar 2011 ohne eine Mitteilung und Einwilligung meinerseits geändert und gesteht Ihre Fehler. Meine Anforderungen basieren auf den Y AG- Preisen. Ich rufe ca. 35 Std./Monat nach Israel. Y AG belastet 0.40 CHF/Min. Dieser Vertrag wurde am 17. März 2012 geändert. Dieser Vertrag gilt bis 31. Januar 2013. So sind wir auf 12600 an Mehrkosten wegen der Vertragsänderungen gekommen.

Ziel: 1. Den Vertrag bis 31. Januar 2013 für Gratisanrufe in die Zone A, B, und C weiterführen können. 2. Y AG sollte Ihre lügnerische Werbung "Unlimitierte Gespräche" auf xxx Min. bzw. xx Std. ändern.“

2. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Y AG wird Folgendes entnommen:

“Bei jeder Änderung eines Y- Abonnements fallen die inbegriffenen Gesprächsminuten in die Zone C automatisch weg und können nicht mehr eingefügt werden. Unser Kunde hat uns am 17. März 2012 telefonisch kontaktiert, um Änderungen an seinem Y- Abonnement vorzunehmen. Seither sind Anrufe in die Zone C nicht mehr inbegriffen. Laut der Aussage unseres Kunden wurde er über den Wegfall der Zone C vor der Änderung nicht informiert, was wir ihm schriftlich bestätigt haben. Er hat uns seither mehrmals kontaktiert, um diese Änderung rückgängig zu machen. Wir haben ihn informiert, dass es uns nicht möglich ist, die Gratisanrufe in die Zone C im gleichen Umfang wieder zu aktiveren und haben ihm 120 Gratisminuten für Anrufe in diese Zone sowie eine kostenlose Kündigung angeboten, was er abgelehnt hat. Wir verstehen, was für Folgen diese Änderung für unseren Kunden hat, und bedauern sehr, dass wir ihm seit dem Abonnementswechsel nicht mehr die gewünschte Dienstleistung bieten können.

In der Tat konnten wir mit dem Y- Angebot und den inklusiven Gesprächsminuten in die Zone C ein sehr vorteilhaftes Angebot auf den Markt bringen. Es war zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich nicht geplant, dieses später zu ändern. Aufgrund der sehr hohen Anzahl Anrufe in die Länder der Zone C, konnten wir den Dienst nicht mehr länger gewährleisten. Dies hat nun leider am 15. März 2011 zur Anpassung des Angebots geführt, welche für alle Neukunden sowie bestehenden Kunden, welche ein gewisses Mass an Anrufminuten in die Zone C überschreiten gültig ist. Die Änderungen fanden in Wellen statt und wurden nicht gleichzeitig bei allen betroffenen Kunden durchgeführt.

Wir kontaktieren Kunden, welche ein gewisses Volumen an Anrufen in die Zone C überschreiten, um ihnen mitzuteilen, dass die Konditionen betreffend Zone C ändern. Herr X wurde diesbezüglich bisher noch nicht kontaktiert, jedoch wäre die Änderung beim Ausmass seiner Anrufe in die Zone C auch bei ihm ebenfalls noch durchgeführt worden, hätte der Abonnementswechsel nicht stattgefunden. Auch ist zu erwähnen, dass die Bestimmungen des Y- Abonnements in den Produktinformationen vorhanden sind. Gleichwohl denken wir, dass unser Mitarbeiter, welcher auf Anfrage von Herrn X den Abonnementswechsel gemacht hat, ihn im Sinne der Kundenfreundlichkeit und der Transparenz hätte informieren sollen. Der Vorgang ist so nicht in unserem Sinne verlaufen, weshalb Herrn X mehrmals unser Bedauern ausgedrückt und die kostenlose Kündigung seines Abonnements angeboten wurde. Wir verstehen, dass Herr X von uns erwarten konnte, dass wir ihm bei einem Preisplanwechsel proaktiv Informationen mitgeben, die seine Nutzung beeinflussen könnten. Der Forderung von Herrn X können wir nicht nachkommen. Aufgrund der Umstände möchten wir ihm dennoch einen Schritt näher kommen als die bisherigen Lösungsvorschläge und bieten ihm, nebst der weiterhin gültigen Kündigungsmöglichkeit, Folgendes an:

  • 5 Grundgebühren offeriert (im Wert von insgesamt CHF 525.00)
  • danach monatlicher Rabatt von CHF 10.00 bis Ende der Mindestvertragslaufzeit
  • monatlich 120 Gratisminuten für Anrufe in die Zone C (solange er sein Y- Abonnement mit unlimitierten Anrufen (xx Minuten / Monat) beibehält)

Wir bedauern, dass wir unserem Kunden die ursprünglichen Konditionen nicht mehr anbieten können, und verstehen seine Reklamation. Es gibt allenfalls andere Möglichkeiten, gratis oder günstig in die Zone C zu telefonieren. Beispielsweise mit unserem neuen Y -„Z- PrePay“ Angebot könnte Herr X für CHF 0.05 / Minute ins Festnetz und CHF 0.25 / Minute ins Mobilnetz ebenfalls günstig nach I. telefonieren: www...…… Vielleicht findet unser Kunde somit eine andere Lösung für seine Anrufe in die Zone C, welche 120 Minuten übersteigen. Wir hoffen, dass unser Vorschlag eine Lösung darstellt und einer gütlichen Einigung führen wird. Mehr können wir Herrn X in dieser Situation leider nicht anbieten.”

3. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann ombudscom als Schlichtungsstelle bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbieterinnen von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 5 des Verfahrensreglements von ombudscom geregelt. Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel innerhalb der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befasst sein.

Herr X beanstandete die am 17. März 2012 von Y-AG mittels SMS kommunizierte Vertragsänderungen erstmals an die Z Swiss GmbH, welche als Business-Partner von Y-AG bei der Vermittlung des Mobilfunkvertrages mitwirkte. Danach wandte sich Herr X per Email an Y-AG und verlangte die Einhaltung sämtlicher Leistungen und Konditionen seines abgeschlossenen Vertrages bis zum regulären Vertragsende. In der Folge traten die Parteien in einen regen Schriftverkehr und verhandelten. Am. 2. März 2012 antwortete Y-AG dem Kunden mit Bezug auf eine frühere Erklärung und wies das Anliegen abermals ab. Damit konnten die Parteien keine Einigung erzielen.

Herr X hat seinen Versuch zur Einigung mit Y-AG glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

4. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

A. Sachverhalt

Herr X wechselte mit Vertrag vom 31. Januar 2012 über 24 Monate von Z. zum Mobilfunkanbieter Y-AG. Als Hauptbeweggrund für den Wechsel gibt der Kunde die im Y-AG-Abonnement inbegriffenen Auslandszonen an. Dazu nahm der Kunde auch Kündigungsgebühren bei Z. in Kauf. Am 17. März 2012 erhielt Herr X von Y-AG per SMS mitgeteilt, dass die im Abonnement inbegriffenen Gesprächsminuten für die Auslandszonen 1 und 2, jedoch nicht mehr für die Zone C gelten. Diese einseitige Vertragsänderung wollte Herr X nicht akzeptieren.

In den darauffolgenden Verhandlungen erklärte Y-AG, dass die Änderungen “in erster Linie” für Neukunden gelten würden. Bestehende Kunden könnten “weiterhin von dieser Regelung profitieren”, d.h. die Änderungen treten bei bisherigen Kunden erst mit Änderungen ihres Preisplans in Kraft. Herr X habe jedoch eine temporäre Änderung vorgenommen, womit das Abonnement automatisch an die neuen Konditionen ohne Zone C angepasst wurde. Y-AG räumt ein, dass im Fall von Zone C diese Änderung nicht kommuniziert wurde und entschuldigte sich hierfür. Die Anpassung könne jedoch nicht rückgängig gemacht werden. Y-AG bot dem Kunden als Entgegenkommen 120 Minuten in die Länderzone C an. Alternativ könne der Kunde den Vertrag ohne Kostenfolge per sofort auflösen. Diese Angebote lehnte Herr X ab und forderte im Gegenzug die Leistungen der Zone C bis zum Vertragende im Januar 2013.

B. Einseitige Abänderung eines Vertrages

Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen zum Vertragsschluss (“pacta sunt survanda”), dass Parteien an den vereinbarten Inhalt gebunden sind, soweit die Parteien nicht einvernehmlich eine neue Vertragsregelung treffen. Nach Vertragsabschluss kann der Inhalt grundsätzlich nicht mehr einseitig durch eine Vertragspartei abgeändert werden.

a. Voraussetzungen

Rechnen die Parteien bei Vertragsabschluss mit künftigen Ereignissen oder Veränderungen, können sie dafür mit einer entsprechenden Klausel bereits eine Regelung, d.h. eine Anpassung des Vertrages vorsehen. Dadurch wird der einen Partei das Recht eingeräumt, vom erwähnten Prinzip der Vertragstreue abzuweichen und einseitig die Vertragsbedingungen zu ändern. Das Bundesgericht hat in BGE 84 II 266 E. 2 sowie jüngst in BGE 135 III 1 Erw. 2.5 festgelegt, unter welchen Voraussetzungen solche Anpassungsklauseln überhaupt gültig sind. Solche Klauseln müssen regelmässig sowohl das erwartete Ereignis als auch der Umfang der Anpassung erwähnen. Dies bedeutet nicht anderes, als dass die Voraussetzungen unter denen die Vertragsanpassung vorgenommen werden darf, bereits in den Grundzügen im Vertrag geregelt sein müsste. Ein gültiger Vertrag kommt nur zustande, wenn der Leistungsinhalt sowie der Leistungsumfang mindestens bestimmbar sind und so auch erfüllt werden können. Vorliegend hat Y-AG den Vertrag mit Zone C während der Dauer des Vertrages abgeändert. Es fragt sich, ob diese Praxis zulässig ist und wenn ja, welche Möglichkeiten sich im Gegenzug für den Kunden ergeben.

b. Bestimmung in den AGB

Nach Ziffer 11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) behält sich Y-AG in ihren Verträgen vor, Produktinformationen und andere Teile des Abonnementsvertrages einschliesslich der AGB jederzeit zu ändern. Die Kunden werden über die Änderungen informiert. Wenn sie Änderungen nicht akzeptieren wollen, sind sie berechtigt, innert 30 Tagen seit Erhalt der Informationen schriftlich auf die veränderten Dienstleistungen zu verzichten oder im Falle von wesentlichen Vertragsänderungen zulasten des Kunden den Abonnementsvertrag innert gleicher Frist schriftlich zu kündigen. Y-AG beschreibt weitere Umstände und Sachverhalte (zum Bsp. Änderung von Preisen, Bandbreiten/Geschwindigkeiten und der Netzabdeckung, welche Kunden hinzunehmen hätten und die in keinem Fall zum oben beschriebenen Kündigungsrecht für Kunden berechtigen würden.

c. Änderungen von Y-AG

Herr X hat sich beim Vertragsschluss für ein Mobilfunkabonnement “Y-AG unlimitierte Gesprächsminuten” entschlossen. Das Produkt beinhaltet xx Minuten Gesprächsumfang zu einem Pauschalpreis. Nun teilte Y-AG ihrem Kunden knapp acht Wochen nach Vertragsabschluss mit, dass die xx “unlimitierten” Gesprächsminuten pro Monat für die Auslandszone C nicht mehr gelten würden. Dies entspricht einer Kürzung der Nutzungspauschale für diese Länderzone um 100%. Die Leistungsanpassung erweist sich daher als gravierende Einbusse für den Kunden. Dies gilt umso mehr, als Y-AG den Abonnementspreis unverändert liess. Ziffer 11 der AGB von Y-AG bestimmt im zweiten Abschnitt, dass die Änderungen von Preisen keine wesentliche Änderung des Vertrages darstellen und in diesen Fällen kein Kündigungsrecht für Kunden bestehe.

Der Wortlaut der AGB erweckt den Anschein, als könnten Anbieter AGB frei und ohne jegliche Beachtung von zwingendem Gesetzesrecht und der Rechtsprechung erschaffen. Dem ist nicht so. Das einseitige Änderungsrecht von Y-AG ist nur dann gültig, wenn es bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Sonst kann es vom Einverständnis des Kunden zum Vertragsschluss nicht mehr gedeckt sein. Der Ombudsmann erachtet die AGB-Klausel und die daraus abgeleitete Praxis von Y-AG unter den folgenden Gesichtspunkten als problematisch:

  1. Im Entscheid BGE 135 III 1ff. hält das Bundesgericht fest, dass zur Gültigkeit von Anpassungsklauseln regelmässig sowohl das zu erwartende Ereignis als auch der Umfang der Anpassung vertraglich bestimmt werden sein muss. Ein völlig offen formuliertes Anpassungsrecht widerspricht der Natur und dem Zweck eines Vertrages, mit dem Rechte und Pflichten der Parteien ja gerade festgelegt werden sollen. In den AGB von Y-AG sind weder konkrete Ereignisse noch der mögliche Umfang der Anpassungen erwähnt.
  2. In der Bestimmung von Art. 184 Abs. 3 OR findet sich der gleiche Gedanke, welche für alle Verträge anwendbar ist. Danach ist der Preis genügend bestimmt, wenn er nach den Umständen bestimmbar ist. Der Preis muss mit anderen Worten objektiv bestimmbar sein. Es wäre unzulässig, die Preisbestimmung in die Hände einer Partei zu legen. Die Herabsetzung bzw. Einstellung einer Leistung bei gleichbleibenden Preisen für die andere Partei wie im Falle von Zone C ist gleichbedeutend mit einer Änderung des Preises. Nach dem Wortlaut von Ziffer 11 AGB von Y-AG können die Änderungen jederzeit, beliebig oft und in beliebiger Höhe ausfallen. Zudem können sämtliche Teile des Vertrages betroffen sein. Ein derartiges voraussetzungsloses Änderungsrecht ist geeignet, ein Ungleichgewicht der Vertragsleistungen herbeizuführen. Dies wäre zweckwidrig und unterwirft Kunden faktisch dem Willen des Mobilfunkanbieters und führt zum Gegenteil einer gegenseitig und willentlich abgeschlossenen Vereinbarung.

  3. Bei nicht klar definierten Änderungsklauseln muss der Anbieter dem Kunden ein Ausstiegsrecht gewähren. Dieses ergibt sich aus der sogenannten Ungewöhnlichkeitsregel zur gerichtlichen Überprüfung von AGB und wurde im Bundesgerichtsentscheid BGE 135 III 1ff. jüngst hervorgehoben. Dabei entspricht es der allgemeinen Erwartung der Vertragsparteien, dass sich die mit der Änderung nicht einverstandene Partei noch vor deren Inkraftreten lösen kann. Betroffenen Kunden muss somit als Ausgleich ein ausserordentliches Kündigungsrecht gewährt werden.

d. Fazit

Die Bestimmung in den AGB von Y-AG, eine Preisänderung oder die Verminderung bzw. Einstellung von Leistungen stelle keinen wichtigen Grund für eine vorzeitige Kündigung durch den Kunden dar, dürfte nichtig sein und einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. In diesem Sinne erachtet der Ombudsmann die Gewährung des vorbehaltlosen Kündigungsrechts an den Kunden als Pflicht und kann somit nicht als Entgegenkommen bewertet werden. Auch die allfällige Überlassung eines Mobilfunkgerätes zum Vorzugspreis fällt als besonderes Entgegenkommen ausser Betracht, wenn Kunden ohnehin gewillt waren den Vertrag zu erfüllen.

C. Praxis von Y-AG

Wie Y-AG in einem Schreiben an den Kunden informiert, waren bestehende Kunden nicht von der Vertragsänderung und der enormen Leistungseinbusse betroffen. Erst wenn Kunden eine Änderung des Preisplans vornahmen, trat die Änderung in Kraft. Neukunden sind vom Sachverhalt ohnehin nicht betroffen, da sie vor Vertragsschluss über die zu erwartenden (Gegen-) Leistungen orientiert sind. Als unverständlich erscheint aber die Praxis und die Auffassung von Y-AG, wann eine Änderung des Preisplans vorliegt. Herr X änderte gemäss seinen Angaben nur kurzfristig eine Option (Datenvolumen auf 3 GB anstelle von 1 GB. Letztere Datenmenge ist im Abonnement eingeschlossen). Dabei handelte es sich um eine temporäre Änderung in einem Teilbereich des gewählten Preisplans. Zudem handelte es sich um ein Upgrade, was für den Anbieter generell vorteilhaft ist. Es erscheint daher seltsam, wenn dieser Anlass von Y-AG formell als Änderung taxiert wird, damit dem Kunden eine zu seinen Ungunsten ausfallende Vertragsänderung aufgebürdet werden kann. Sachgerechterweise müsste Y-AG in erster Linie dauerhafte Änderungen, welche den Umfang des Preisplanes zudem vermindern (Downgrade), als Änderung betrachten. Diese differenzierte Lösung würde sich insbesondere aufdrängen, wenn die zu erwartenden Vertragsänderungen für Kunden negativen Charakter haben, was vorliegend zweifellos der Fall ist.

Der Anbieter gibt im Schreiben vom 25. März 2012 offen zu, dass der Wegfall der Zone C ein Fehler von Y-AG sei. Umso erstaunlicher ist die Feststellung, dass der Anbieter für den Fehler ihres verantwortlichen Mitarbeiters nicht angemessen reagierte und die Zone C trotzdem ersatzlos aus dem Preisplan des Kunden entfernte. Ebenso so seltsam mutet die dazu angeführte Begründung von Y-AG an, dass auch Neukunden die Zone C beim Neuabschluss von “Y-AG unlimited” nicht mehr erhalten. Diese Argumentation zielt am Problem vorbei. Es versteht sich von selbst, dass Anbieter Produkte und Dienstleistungen für die Zukunft verändern können und auf dieser Basis neue Verträge zustande kommen. Anders wären Innovationen kaum zu realisieren. Mit dem Verweis auf die Bedingungen bei Neukunden kann jedoch keine massive Leistungsreduktion bzw. kein Eingriff in ein bestehendes Vertragsverhältnis gerechtfertigt werden.

D. Kündigungsrecht des Anbieters?

Abklärungen des Ombudsmanns haben ergeben, dass Y-AG die Vertragsänderungen auch dann vornimmt, wenn Kunden die Änderungen ablehnen und am bisherigen Vertrag festhalten und nicht kündigen wollen. Diese Situation findet sich auch im vorliegenden Fall, da Y-AG dem Kunden die Gratisanrufe in die Zone C seit März 2011 ohnehin nur noch im Umfang von 120 Minuten bis Vertragsende gewährt. Gemäss dem unterbreiteten Lösungsvarianten von Y-AG ist Herr X gezwungen, vorzeitig zu kündigen oder die neuen Bedingungen zumindest für den Rest der Vertragslaufzeit zu akzeptieren. Nach Ansicht des Ombudsmanns sind weder genügende vertragliche noch andere Grundlagen ersichtlich, die Y-AG bei solchen Vertragsänderungen ermächtigen würden, das Vertragsverhältnis zu einem beliebigem Zeitpunkt vorzeitig und einseitig zu beenden. Y-AG ist wie ihre Kunden an die Mindestdauer gebunden. Sofern Kunden wesentliche Vertragsänderungen wie vorliegende nicht akzeptieren, so könnte Y-AG den Vertrag frühestens auf das Ende der Mindestvertragsdauer regulär kündigen. Ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Kündigung wird von Y-AG vorliegend nicht angeführt.

Als naheliegende und mögliche Erklärung zur kundenunfreundlichen Vertragsänderung drängt sich die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Angebotsnutzung auf. Y-AG ging bei der Lancierung des Angebots möglicherweise von einer geringeren Nutzung aus und unterschätzte die hohe Nachfrage. Dieses unternehmerische Risiko ist jedoch vom Anbieter zu tragen und dürfte als wichtiger Grund zur vorzeitigen Vertragsauflösung auch bei einer gerichtlichen Überprüfung nicht anerkannt werden.

E. Ergebnis

Zusammengefasst müsste Y-AG nach Auffassung des Ombudsmanns den abgeschlossenen Vertrag mit dem Kunden ihrerseits erfüllen und die versprochenen Konditionen bis Ende der Mindestlaufzeit gewähren. Y-AG müsste demnach die Zone 3 beim bestehenden Vertrag wieder aufschalten. Der Anbieter wies in all seinen Antwortschreiben an den Kunden darauf hin, dass dies unmöglich sei. Daran bestehen berechtigte Zweifel, wenn dem Kunden im Rahmen des Entgegenkommens 120 Minuten als Gesprächsguthaben weiterhin angeboten werden können. Der Ombudsmann schätzt die Chance vielmehr als gering ein, dass Y-AG zur Wiederherstellung des ursprünglichen Vertragszustandes im Einzelfall gewillt sein könnte. Insofern ist das verbesserte Angebot in der Stellungnahme begrüssen, welches die erlittene Einbusse durch die Änderungen bei Zone C doch wesentlich besser ausgleicht. Der Ombudsmann möchte den Anbieter jedoch dazu bewegen, den monatlichen Rabatt bis Ende der Vertragslaufzeit im Januar 2013 auf CHF 20.00 zu erhöhen. Dies scheint angemessen, da der Kunde sich primär wegen der Zone C für den Preisplan bei Y-AG entschieden hat. Die Leistungsreduktion um über 90% (bei gleichbleibenden Abonnementsgebühren!) erscheint in vorliegenden Fall immer noch von einschneidendem Ausmass.

Der Ombudsmann hofft, dass die Parteien diesem Kompromiss für eine einvernehmliche Lösung unter Beilegung der bisherigen Differenzen zustimmen können.

5. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Y-AG Communications AG erlässt Herrn X fünf Grundgebühren seines Mobilfunkvertrages “Y-AG unlimitierte Gesprächsminuten”. Die Gutschrift beträgt insgesamt CHF 525.00.
  2. Nach dem Erlass der Grundgebühren gemäss Ziffer 1 gewährt Y- AG Herrn X auf den Monatsgebühren bis zum 31. Januar 2013 eine Ermässigung von monatlich CHF 20.00.
  3. Für Anrufe in die Länderzone C gewährt Y-AG Herrn X ein in den Abonnementsgebühren inbegriffenes Gesprächsguthaben von 120 Minuten während der gesamten Abonnementsdauer von “Y-AG unlimited”.
  4. Mit Unterzeichnung des Schlichtungsvorschlages verzichtet Herr X auf das ihm zustehende ausserordentliche Kündigungsrecht wegen einseitiger Vertragsänderung durch Y- AG bis Ende der Vertragslaufzeit am 31. August 2013.
  5. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 24. Juni 2012

Dr. Oliver Sidler
Ombudsmann

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