Herausgabe von Verbindungsnachweisen ohne Ermächtigung

Anbieter Y stellte die Verbindungsnachweise zweier Mobilnummern auf Verlangen der Ehefrau von Herrn X ohne dessen Zustimmung per Post zu. Vertragsinhaber beider Nummern war Herr X. Anbieter Y stellte sich auf den Standpunkt der Vertretungsbefugnis der Ehegatten, weshalb er zur Herausgabe der Informationen befugt sei und bot Herrn X eine Kulanzgutschrift von einer Abonnementsgebühr von CHF 244.15 an, da er aus dem Ausland mit dem Anbieter Kontakt aufnehmen musste. Der Ombudsmann führte im Schlichtungsvorschlag aus, dass grundsätzlich diejenige Partei Vertragspartner oder -partnerin ist, mit welcher der Vertrag geschlossen wurde. Weiter stellte er fest, dass bei Ehepaaren eine Ausnahme besteht. So können sich Ehegatten für die Bedürfnisse des Familienunterhalts gegenseitig verpflichten und Verträge abschliessen (Art. 166 ZGB). Darunter fallen Verträge über Festnetz-, TV- oder den Internetanschluss. Sie sind in diesem Bereich befugt Entscheidungen zu den Anschlüssen zu treffen und sämtliche Unterlagen, wie Verbindungsnachweise, zu verlangen. Nicht darunter fallen Mobilfunkabonnemente, weil sie individuell genutzt werden. Somit hätte die Ehefrau von Herr X eine Vollmacht benötigt und Anbieter Y hätte die Verbindungsnachweise nicht auf ihr Verlangen versenden dürfen. Der Ombudsmann schlägt daher im vorliegenden Fall eine Gutschrift von CHF 300.- vor.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Am 15. Juli 2022 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe des Kunden samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.

Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Herrn X wird Folgendes entnommen:

„Wie erwähnt bin ich Kunde von Telekomanbieter Y leider wurde meine Daten weiter gegeben an meine Frau und zwar sie hat vier mal versucht an meiner Daten zu kommen aber sie hat 3 mal die Sicherheitsfragen von der Kundenhotline des Anbieter Y falsch angegeben nach dem vierten Anruf gab der Kundenhotline die Daten heraus und zwar meine Frau wollte die detaillierte 6 Monate Rechnungen die Begründung von der Kundenhotline des Anbieter Y ist die Person wo am Telefon war hat die Angaben richtig beantwortet obwohl ich danach fragte ich an Kundendienst Anbieter Y haben sie keine Memo/Schreiben hinterlegt beantworteten Ja es wurde ein Memo also ein Schreiben hinterlegt das es 3 mal Angerufen wurde und keine Auskunft gegeben soll obwohl das Memo/ schreiben bei Anbieter Y hinterlegt ist haben sie nach dem vierten Anruf bei Kundenhotline die Daten herausgegeben also per Post weg an meine Frau und das ist Datenschutz missbrauch und nicht Akzeptabel mit eure Hilfe würde ich gerne gegen Anbieter Y vorgehen.“

B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Anbieter Y wird Folgendes entnommen:

„Der Kunde beanstandet, dass seine Ehefrau eine Rechnungskopie per Post verlangte und diese bestellt wurde, obwohl er der Inhaber des Kundenkontos ist. Bei Anbieter Y werden Kundendaten streng vertraulich behandelt. Wir achten sorgfältig darauf, dass die gesetzlichen Anforderungen des Datenschutzes vollumfänglich erfüllt werden. Entsprechende Prozesse und Kontrollmechanismen werden von einem unserer Datenschutzbeauftragten überwacht. Der Zugang zu Personendaten ist auf Mitarbeitende beschränkt, die diese aufgrund ihres Aufgabengebietes zwingend benötigen. Der Arbeitsvertrag des Anbieter Y verpflichtet den Mitarbeitenden zur Einhaltung sämtlicher interner und externer Datenschutzbestimmungen. Deren Verletzung kann disziplinarische Massnahmen und das Einleiten von Rechtsschritten zur Folge haben.

Die Gespräche mit unseren Kundenberatern werden teilweise zu Qualitätszwecken aufgezeichnet und für eine kurze Dauer (4 Monate) aufbewahrt. Nach diesen 4 Monaten werden die Gesprächsaufnahmen gelöscht und können nicht mehr abgehört werden.

Frau X kontaktierte am 22. Juni 2022 mehrmals unseren Kundendienst und bat um eine Rechnungskopien der letzten beiden Monate per Post. Die Kopien wurden zuerst nicht bestellt, weil die Ehefrau sich nicht korrekt authentifizieren konnte. Als dies möglich war, wurden die Kopien bestellt. Es betraf dies auch nicht 6 Monate rückwirkend wie der Kunde ausführte sondern lediglich für 2 Monate.

Verheiratete Personen haben ein gegenseitiges Vertretungsrecht (bei gemeinsamen Haushalt). Telefon-/Internetabos fallen unter den gewöhnlichen Unterhalt. Somit kann der eine Ehepartner für den anderen z. B. eine Rechnungskopie verlangen, wenn wir die Person authentifizieren können.

Für die Rechnungskopien wurde keine Zustellung an eine nicht im Kundenkonto vorhandene Anschrift gewünscht, sondern diese wurde für die bei uns registrierte Zustellungsadresse gewünscht. Da die Ehefrau gemäss den obigen Gesetzesartikeln ein Vertretungsrecht hat, kann sie demgemäss auch eine Rechnungskopie verlangen.

Aufgrund der Beanstandung vom 23. Juni 2022 von Herrn X wurde versucht, die Zustellung der Rechnungskopien zu verhindern. Es liegen uns keine Angaben vor, ob dieser Versuch erfolgreich war, oder ob eine Zustellung stattfand.

Unsere Kunden haben die Möglichkeit, Ihr Kundenkonto durch ein persönliches Passwort zu schützen. Dies hat Herr X erst am 23. Juni 2022 getan. Ebenso wurde im Kundenkonto auf seinen Wunsch ein Hinweis hinterlegt, dass lediglich Herrn X Auskunft erteilt werden darf. Es wurde ihm auch angeboten, dass die letzten vier Zahlen der angerufenen Nummern maskiert werden. Darauf ging Herr X ebenso wenig, wie auf die Verhandlungslösung ein.

Es ist auch möglich, via Kundenportal die letzten sechs Rechnungen und die Verbindungsdetails einzusehen. Falls seine Frau das Passwort für sein Kundenportal hat, kann Sie auch auf die Rechnungen zugreifen. Wir können diesen Zugang auf Kundenwunsch blockieren, aber dann hätte der Kunde selbst (falls er dieses Portal nutzt) auch keinen Zugriff mehr. Auch auf diesen Punkt erhielten wir keine Antwort. Obwohl hier kein Fehler aus unserer Sicht vorliegt und eine Forderung auf eine Entschädigung in Höhe von CHF 500'000.00 utopisch ist, wurde dem Kunden eine Kulanzgutschrift von einer Monatsrechnung (CHF 244.15) angeboten, weil er uns anscheinend während seinem Auslandaufenthalt kontaktieren musste. Weitere Gutschriften schliessen wir aus.“

C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.

Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.

Am 23. Juni 2022 beschwerte sich Herr X telefonisch bei Anbieter Y, weil auf Verlangen seiner Ehefrau Verbindungsnachweise seiner Nummern herausgegeben worden seien. Dies stelle eine Datenschutzverletzung dar. Er konnte sich mit Anbieter Y nicht einigen.

Herr X legte seinen Versuch zur Einigung mit Anbieter Y glaubhaft dar. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

1. Ausgangslage und Problemstellung

Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Anbieter Y befugt war, die Verbindungsnachweise der Nummern 07x xxx xx x6 und 07x xxx xx x0 der Monate Mai 2022 und Juni 2022 auf Verlangen der Ehefrau von Herrn X per Post zuzustellen.

Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.

2. Vertretungsbefugnis der Ehegatten

Grundsätzlich ist diejenige Partei Vertragspartner oder -partnerin, mit welcher der Vertrag geschlossen wurde. Eine Ausnahme besteht bei Ehepaaren. So können sich Ehegatten für die Bedürfnisse des Familienunterhalts gegenseitig verpflichten (Art. 166 Schweizerisches Zivilgesetzbuch, ZGB / SR 210). Verträge, welche für die normalen und laufenden Bedürfnisse einer Familie abgeschlossen werden, gelten daher auch für die Ehepartnerin bzw. den Ehepartner, welche/r den Vertrag nicht auf ihren bzw. seinen Namen abgeschlossen hat. Ein Festnetz-, TV- und Internetanschluss wird in der heutigen Zeit als laufendes Bedürfnis einer Familie qualifiziert. Somit sind beide Ehegatten befugt, Entscheidungen betreffend diese Anschlüsse zu treffen und sämtliche Unterlagen, worunter auch Verbindungsnachweise fallen, zu verlangen. Davon zu unterscheiden ist das Mobilfunkabonnement. Mobilfunktelefone werden üblicherweise nicht geteilt, sondern von den Ehegatten einzeln genutzt. Jede/r Ehepartner/in besitzt ihr/sein eigenes Mobilgerät mit eigener Nummer. Mit dem Mobiltelefon werden private und/oder geschäftliche Kontakte gepflegt, der persönliche Kalender und weitere auf die Nutzerin oder den Nutzer abgestimmte Applikationen genutzt. Das Mobilgerät gilt somit als persönlich und nicht als Bedürfnis der Familie, weshalb die Vertretungsbefugnis der Ehepartnerin oder des Ehepartners in dieser Hinsicht nicht gilt. Somit ist zur Vertretung bei Angelegenheiten, welche das Mobilfunkabonnement betreffen, eine Vollmacht nötig.

Im vorliegenden Fall ist der Vertragsinhaber Herr X. Er schloss einerseits den Mobilvertrag „W“, Nummer 07x xxx xx x6, ab. Diese Nummer ist seit 17. Dezember 2021 aktiv und wird von Herrn X genutzt. Andererseits schloss er den Vertrag „W“, Nummer 07x xxx xx x0, ab. Diese Nummer ist seit dem 17. Juni 2022 aktiv und wird – auch wenn sie auf den Namen von Herrn X lautet – gemäss Anbieter Y wohl von Frau X genutzt. Die Ehefrau von Herrn X rief am 22. Juni 2022 – vermutlich während Herrn X Auslandaufenthalt – vier Mal den Kundendienst von Anbieter Y an und verlangte die Zustellung der Verbindungsnachweise per Post. Anlässlich des vierten Anrufs konnte Frau X die Sicherheitsfragen korrekt beantworten und Anbieter Y stellte auf ihr Verlangen die Verbindungsnachweise der Monate Mai 2022 und Juni 2022 der Nummern 07x xxx xx x6 und 07x xxx xx x0 von Herrn X per Post zu. Wie oben aufgeführt, hätte Anbieter Y die Verbindungsnachweise der Mobilnummern von Herrn X nicht auf Verlangen der Ehefrau versenden dürfen. Dies auch dann nicht, wenn sie anscheinend eine der Nummern nutzt. Der Unmut von Herrn X kann der Ombudsmann daher gut nachvollziehen.

Anbieter Y bietet in der Stellungnahme eine Gutschrift einer Monatsrechnung in der Höhe von CHF 244.15 an, weil Herr X Anbieter Y am 23. Juni 2022 offenbar während seines Auslandaufenthalts kontaktieren musste. Der Ombudsmann schlägt vor, dass Anbieter Y diesen Betrag auf CHF 300.- erhöht und künftig keine Verbindungsnachweise der Mobilnummer von Herrn X mehr auf Verlangen seiner Ehefrau oder Drittpersonen versendet. Eine höhere Gutschrift kann der Ombudsmann nicht vorsehen. Denn der Ombudsmann kann lediglich einen finanziellen Ausgleich vorschlagen, der sich aber grundsätzlich nicht am Schadenersatzbegriff im rechtlichen Sinne orientiert und im Sinne einer Kulanzentschädigung zu verstehen ist. Der Schlichtungsstelle ist es im Gegensatz zu einem Gericht nicht möglich, Schadenersatz zu sprechen. Für die Geltendmachung von weiterem Schadenersatz infolge der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte muss Herr X deshalb auf den ordentlichen Gerichtsweg verwiesen werden.

Sollte Herr X die Nummern in den Verbindungsnachweisen nur noch mit den letzten vier Ziffern abbilden lassen wollen, kann er dies im Online-Kundencenter selbst veranlassen oder Frau Z von Anbieter Y anfragen.

Diesen Vorschlag erachtet der Ombudsmann unter den gegebenen Umständen für sachgerecht.

Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.

E. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Anbieter Y erstellt innert 20 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens eine Gutschrift von CHF 300.- im Kundenkonto von Herrn X.
  2. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 9. August 2022

Dr. Oliver Sidler Ombudsmann

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