Sperrung der Nummer wegen Premium-SMS

Frau X wurden unerwünschte, kostenpflichtige Mehrwertdienst-SMS mit der Telefonrechnung von Anbieter Y in Rechnung gestellt. Frau X beanstandete diese Kosten innert Frist bei Anbieter Y und bezahlte die nicht bestrittenen Beträge der Rechnungen ein. Dennoch mahnte Anbieter Y die Kundin, sperrte die Nummer von Frau X und verrechnete Sperrgebühren. Damit war Frau X nicht einverstanden und reichte ein Schlichtungsbegehren ein. Der Ombudsmann kam im Schlichtungsvorschlag zum Schluss, dass die Nummer aufgrund der Bestimmung gemäss Art. 38 Abs. 4 FDV nicht hätte gesperrt werden dürfen und die Sperrgebühren zu annullieren seien. Nach Auslegung der AGB des Anbieters erachtete der Ombudsmann auch die Auferlegung der Mahngebühren für nicht korrekt und schlug vor, diese zu annullieren.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Am 18. Oktober 2021 leitete der Ombudsmann ein Schlichtungsverfahren zwischen den Parteien ein. In diesem Zusammenhang prüfte er die Eingabe der Kundin samt allen dazu übermittelten Dokumenten und forderte beim betroffenen Anbieter eine Stellungnahme ein. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen unterbreitet der Ombudsmann den vorliegenden Schlichtungsvorschlag.

Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl die rechtlichen Bestimmungen, einzelne Argumente der Kundin als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme des Anbieters berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

A. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von Frau X wird Folgendes entnommen:

„Mit den Rechnungen Juli, August und September stellte mir die Firma Anbieter Y zahlreiche «Premium SMS xxx» in Rechnung, die meine Telefonrechnungen verdoppelten, fast verdreifachten

  • 26.08.2021 Anfrage beim Anbieter Y (Mail) über diese Kosten ergab einen Verweis an eine mir unbekannte Drittfirma, welche mir Auskunft erteilen soll und eine zukünftige Sperrung der Premium SMS durch Anbieter Y
  • 30.08.2021 Einschreiben an die genannte Drittfirma Anfrage über den Ursprung der Kosten; sowie an Anbieter Y, da ich diesen für zuständig erachte
  • 14.09.2021 Überweisung der Rechnung August und September, abzüglich der ungeklärten Kosten, sowie der zu viel bezahlten Kosten für Juli
  • Ab 23.09.2021 erhielt ich von Anbieter Y SMS, Mail, Brief und eine Mahnung mit der Drohung der Anschlusssperrung wegen offener Rechnungen. Gleichentags meinerseits Mail an Anbieter Y mit der neuerlichen Schilderung der Gründe für den Rechnungsabzug – welches unbeantwortet blieb
  • 12.10.2021 Erhalt der Oktoberrechnung, welche wieder «normal» ist, abgesehen von der Belastung von CHF 40.00 Mahngebühren
  • 14.10.2021 Anschlusssperrung wegen offener Rechnungen

Bis heute weiss ich nicht, was da für Kosten mit den Premium SMS mit der Kurznummer xxx berechnet werden. Diese hielt ich von Beginn an für Irrläufer, aber weder die Drittfirma noch Anbieter Y geben Auskunft dazu. So kann ich weder beurteilen, ob ich diese Kosten allenfalls versehentlich verursacht habe, noch einen allfälligen Irrläufer identifizieren. Vermeiden geht erst recht nicht. Eine SMS mit der Nachricht «STOPALL» war gar nicht möglich, da ich keine SMS erhalten haben (Vermute ja drum einen Irrläufer). Im Ktipp Nr. xx war eine Rechtsanfrage in einer Angelegenheit, die ich als gleich beurteile (mit der Ausnahme, dass es ein anderer Telefonanbieter war) und die ich so verstanden habe, dass eine Sperrung des Anschlusses rechtlich nicht korrekt ist. Zumal ich jeweils die unstrittigen Teile, unter anderem die Raten für das Handy, bezahlt habe und der Anbieter Y über Grund und die Höhe des einbehaltenen Betrages informiert habe. Dort allerdings beschränkt man sich auf Drohungen mit Anschluss-Sperrung.

Ziel: Entsperrung des Handys und Gutschrift der Kosten für die Premium SMS.“

B. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Anbieter Y wird Folgendes entnommen:

„Die Kundin hat uns erstmals Ende Oktober kontaktiert und nachgefragt, was die Premium SMS auf der Rechnung seien. Daraufhin haben wir ihr die Firma angegeben, damit sie abklären kann um was für Premiumdienste/Services es sich handle. Im September hat die Kundin uns wieder kontaktiert und wir haben wunschgemäss die Premiumdienste gesperrt und die Kundin nochmals informiert an welche Firma sie sich für eine Rückforderung des Betrages wenden kann. Daraufhin haben wir nichts mehr von der Kundin gehört, sie hat einfach nur Teilbeträge aus der Rechnungen bezahlt wodurch Mahnkosten verursacht wurden.

Wir können auf die Mahngebühren und Sistiergebühren verzichten, die Kundin soll einfach den Gesamtbetrag (exkl. Mahngebühren und Sistiergebühren) der Rechnungen bezahlen“

C. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann die Schlichtungsstelle für Kommunikation bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbietern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 8 des Verfahrens- und Gebührenreglements der Schlichtungsstelle für Kommunikation geregelt: Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel während der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf sich kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befassen oder befasst haben.

Die Schlichtungsstelle prüfte die eingereichten Unterlagen und konnte keine offensichtliche Missbräuchlichkeit gemäss Art. 45 Abs. 2 FDV feststellen.

Frau X erkundigt sich mit E-Mail vom 26. August 2021 bei Anbieter Y, um was es sich bei den Gebühren der Kurznummer xxx handle. Anbieter Y verweist die Kundin an den Mehrwertdienstanbieter Z und informiert über die Möglichkeit, die Mehrwertdienste zu sperren.

Frau X wendet sich mit Einschreiben vom 30. August 2021 an Mehrwertdienstanbieter Z und Anbieter Y. Sie beanstandet die Kosten erneut.

Am 14. September 2021 bezahlt Frau X den nicht bestrittenen Teil der Rechnungen von Anbieter Y vom August und September 2021.

Anbieter Y mahnt die Kundin ab 23. September 2021 per SMS, E-Mail sowie brieflich und droht zuletzt wegen der ausstehenden Forderungen den Anschluss zu sperren.

Frau X erklärt per E-Mail erneut, weshalb sie die Abzüge getätigt habe.

Anbieter Y antwortet nicht, sondern sperrt am 14. Oktober 2021 den Anschluss von Frau X.

Frau X hat ihren Versuch zur Einigung mit Anbieter Y glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

D. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

1. Ausgangslage und Problemstellung

Im vorliegenden Schlichtungsverfahren geht es um die Frage, ob Anbieter Y befugt war, infolge der unbezahlten Mehrwertdienstgebühren Mahngebühren in Rechnung zu stellen sowie die Mobilnummer zu sperren und Gebühren für die Sperrung zu verrechnen.

Der Ombudsmann prüft die Sach- und Rechtslage und stellt den Parteien einen Lösungsvorschlag zu.

2. Zur Streitigkeit

2.1 Rechtliche Bestimmungen

Der Ombudsmann nimmt vorweg, dass Anbieter von ihrer Kundschaft Mahngebühren einfordern können, sofern diese Gebühren betragsmässig im Vertrag oder der Auftragsbestätigung zwischen den Parteien vereinbart wurden. Gleich verhält es sich mit den sog. Sistierungsgebühren, welche für die Sperrung einer Nummer anfallen. Vertragsbestandteil bilden auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters. Das Bundesgericht hat in BGE 84 II 266 E. 2 sowie in BGE 135 III 1 Erw. 2.5 festgelegt, unter welchen Voraussetzungen AGB-Klauseln gültig vereinbart werden können. Das erwartete Ereignis und der Umfang der Anpassung müssen bereits in den Grundzügen vertraglich festgelegt worden sein. Ein Vertrag kommt nur zustande, wenn der Leistungsinhalt sowie der Leistungsumfang mindestens bestimmbar sind. Analog verhält es sich mit den Bestimmungen in den AGB.

Eine Ausnahme zur Sperrung der Dienste sowie der Kündigung der Verträge infolge Nichtzahlung sieht Art. 38 Abs. 4 FDV vor: „Bestreitet eine Kundin oder ein Kunde eine Rechnung für Mehrwertdienste, so darf die Anbieterin von Fernmeldediensten nicht deshalb den Anschluss sperren oder den Vertrag vor Beilegung der Streitigkeit kündigen.“

2.2 Im vorliegenden Fall

Der Anbieter hält in Ziffer 9 Abs. 3 AGB fest, dass Kundinnen und Kunden nach Ablauf der Zahlungsfrist ohne Mahnung in Verzug geraten und einen Verzugszins von 7% zu entrichten haben. Für eine Mahnung sei Anbieter Y berechtigt, Mahngebühren bis CHF 40.- in Rechnung zu stellen und die Dienste einzustellen (Sperrung). Für die Kosten der Sperrung habe die Kundschaft aufzukommen. Der Anbieter beziffert die Mahngebühr in den AGB genau, sodass er grundsätzlich zur Auferlegung der Kosten von CHF 40.- berechtigt ist. Die Kosten der Sperrung werden hingegen nicht genügend genau festgehalten. Der Anbieter dürfte seiner Kundschaft für die Sperrung somit keine Gebühren auferlegen. Die Sistierungsgebühr, welche vom Anbieter in der Stellungnahme leider nicht beziffert wurde, sollte daher annulliert werden.

Der Anbieter stellte Frau X erstmals mit Rechnung vom 5. Juli 2021 Mehrwertdienstgebühren der Kurznummer xxx von Mehrwertdienstanbieter Z in Rechnung. Diese Rechnung wurde bezahlt. Frau X scheint die unerwünschten Kosten erst auf der Folgerechnung vom 5. August 2021, zahlbar bis 31. August 2021, bemerkt zu haben und beschwerte sich erstmals am 26. August 2021 beim Anbieter. Dieser habe ihr erklärt, sich an den Mehrwertdienstanbieter wenden zu müssen. Dieser Anweisung folgte sie am 30. August 2021. Gleichentags wandte sie sich mit der Beanstandung nochmals an den Anbieter. Seit dieser Kontaktaufnahme scheint sich der Anbieter bis auf die Zustellung von Mahnungen nicht mehr an die Kundin gewandt zu haben.

Die Beanstandung der Rechnung vom 5. August 2021 erfolgte innert der in Ziffer 9 Abs. 2 AGB festgehaltenen Frist von 30 Tagen nach Erhalt der Rechnung. Die Rechnung wurde auf den 5. August 2021 datiert und der Kundin per Post zugestellt. Die Rechnung dürfte somit frühestens am 6. August 2021 bei der Kundin eingegangen sein. Erfahrungsgemäss erhalten Kundinnen und Kunden die Rechnungen auch erst eine Woche nach Rechnungsdatum oder sogar noch später von den Anbietern zugestellt. Somit hätte die Rechnung noch bis zum 6. September 2021 oder sogar noch später beanstandet werden können. Frau X bezahlte die nicht bestrittenen Beträge der Rechnungen vom 5. August 2021 und 6. September 2021 am 14. September 2021. Die in Ziffer 9 Abs. 3. AGB festgehaltene Regelung, wonach Kundinnen und Kunden nach Ablauf der Zahlungsfrist in Verzug geraten, macht im Hinblick auf Absatz 2 wenig Sinn. So geraten Kundinnen und Kunden bereits in Verzug, obwohl die Frist für die Beanstandung der Rechnung noch nicht abgelaufen ist. Sinnvollerweise sollten Mahngebühren erst nach Ablauf der Beanstandungsfrist erfolgen. Stehen die Parteien – wie vorliegend – noch in Kontakt, erachtet es der Ombudsmann nicht für angezeigt, bereits Mahngebühren zu erheben. Zielführender wäre es, wenn der Anbieter in solchen Fällen einen Mahnstopp setzt, bis sich die Angelegenheit klären konnte. Der Ombudsmann erachtet die Erhebung der Mahngebühren aufgrund der rechtzeitigen Beanstandung der Mehrwertdienstgebühren und der anschliessend bezahlten unbestrittenen Rechnungsbeträge für nicht angezeigt. Auch die Sperrung der Nummer am 14. Oktober 2021 hätte gemäss Art. 38 Abs. 4 FDV nicht erfolgen dürften. Die nach der Verfahrenseinleitung vorgenommene Entsperrung der Nummer durch den Anbieter war daher angebracht.

Der Ombudsmann schlägt vorliegend vor, dass der Anbieter die Mahn- und Sperrgebühren in unbekannter Höhe annulliert und einen Mahnstopp bis 31. Dezember 2021 setzt. Frau X wird vom Mehrwertdienstanbieter die Rückerstattung der bestrittenen Gebühren in der Höhe von CHF 165.- erhalten und den Betrag, abzüglich des bereits bezahlten Betrags von CHF 45.- der Rechnung vom 5. Juli 2021, ausmachend CHF 120.-, nach Erhalt umgehend an den Anbieter weiterleiten. Frau X nimmt zur Kenntnis, dass die zwei Mehrwertdienst-SMS der Kurznummer xxxx nicht Mehrwertdienstanbieter Z, sondern Mehrwertdienstanbieter A zugeteilt sind und von ihr nicht bestritten wurden. Sollte der Betrag von CHF 1.20 noch offen sein, müsste er bezahlt werden.

Diesen Vorschlag erachtet der Ombudsmann unter den gegebenen Umständen für sachgerecht.

Sollte die Umsetzung dieses Schlichtungsvorschlags bereits vor der beidseitigen Unterzeichnung ganz oder teilweise erfolgt sein, so gilt die Vereinbarung in diesem Punkt als erfüllt. Diesbezügliche Rechte und Pflichten fallen dahin.

E. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Anbieter Y annulliert die Mahn- und Sistierungsgebühren innert 10 Tagen nach Erhalt der Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss des Schlichtungsverfahrens im Kundenkonto Nr. xxxxxxxxxx von Frau X.
  2. Frau X bezahlt die Rechnungen, mit welchen Mahn- und Sistierungsgebühren in Rechnung gestellt wurden, innert der angegebenen Zahlungsfrist mit Abzug der Mahn- und Sistierungsgebühren.
  3. Nach Eingang der Rückerstattung von Mehrwertdienstanbieter Z in der Höhe von CHF165.- überweist Frau X den Betrag abzüglich des bereits bezahlten Betrags in der Höhe von CHF 45.- gemäss Rechnung vom 5. Juli 2021, ausmachend CHF 120.-, innert 10 Tagen an Anbieter Y (siehe Ziffer E.4).
  4. Anbieter Y gibt nachfolgend seine Zahlungsangaben samt Referenznummer für die Überweisung gemäss Ziffer E.3 Schlichtungsvorschlag an:



  5. Anbieter Y setzt im Kundenkonto Nr. xxxxxxxxxx von Frau X einen Mahnstopp bis 31. Dezember 2021.
  6. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 29. Oktober 2021

Dr. Oliver Sidler, Ombudsmann

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