Gebührenexplosion nach Missbrauch

Firma X bestellte bei der Firma Z einen Geschäftsanschluss mit einer Telefonanlage (VoiP). Nach einigen Monaten stellte die Kundin fest, dass Unbekannte offenbar in das Telefonsystem eindrangen und der Missbrauch zu hohen Telefongebühren führte. Firma X erblickt die Verantwortung für die Gebührenexplosion beim Anbieter, da das zur Verfügung gestellte Warnsystem bei der festgelegten Gebührenlimite nicht funktionierte. Der Anbieter hält dagegen, das Warnsystem beinhalte nur eine Information für den Kunden und sperre betroffene Anschlüsse nach Erreichen des Gebührenlimits nicht automatisch. Der Ombudsmann versuchte zu klären, welche Partei für den Schaden aufkommen sollte.

SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

Mit Eingabe vom 3. Dezember 2012 hat X ein Begehren um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens eingereicht. Der Ombudsmann hat diese Eingabe samt allen dazu übermittelten Dokumenten studiert und eine Stellungnahme vom betroffenen Anbieter angefordert. Nach Prüfung der Ausführungen der Parteien und der eingereichten Unterlagen kann der Ombudsmann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten.

Der vorliegende Schlichtungsvorschlag berücksichtigt sowohl einzelne Argumente des Kunden als auch einzelne Argumente des Anbieters. Rechtliche Erörterungen werden - soweit notwendig - ebenfalls miteinbezogen. Im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens werden nur die wesentlichen Punkte des Schlichtungsbegehrens und der Stellungnahme der Anbieter berücksichtigt. Der Ombudsmann kann die Argumente der Parteien nicht wie in einem Gerichtsverfahren überprüfen.

1. AUSFÜHRUNGEN IM SCHLICHTUNGSBEGEHREN

Dem Schlichtungsbegehren von X wird Folgendes entnommen:

„Wir haben bei Z Network AG einen „D“ bestellt. Am 8. September 2012 wurde die Telefon-Anlage gehackt (unser Fehler, da kein ausreichender Schutz vor dem Wochenende installiert wurde) und es wurden Anrufe getätigt. Am 8. September 2012, 4.10 Uhr erhielt ich (das sah ich erst am Morgen) eine E-Mail von Z Network (automatisch generiert), dass die Sicherheitslimite von CHF 450.- erreicht worden wäre. Ich dachte damals, dies sei vermutlich ein Fehler. Am Montag morgen im Büro habe ich mich dann im geschützten Kundenbereich eingeloggt und staunte nicht schlecht, als ich gesehen habe, dass für ca. CHF 1'200.- nach Lettland telefoniert wurde. Am gleichen Tag schrieb ich Z Network an, wobei man mir erklärte, dass die Anlage gehackt worden sei. Das Konto ist jedoch mit einer Sicherheitslimite von CHF 500.- ausgestattet, d.h. ab diesem Betrag wird es für ausgehende Gespräche gesperrt, was in unserem Fall aber nicht erfolgte. Unseren "Kundenbetreuer" konnte ich nicht erreichen (er war in den Ferien), sodass ich erst letzte Woche die Gelegenheit hatte, mit ihm zu telefonieren, worauf hin er mir mitteilte, dass diese Limite keine Anwendung findet auf "laufende" Gespräche, sondern nur für neu ausgehende. Dies ist aber nirgends ersichtlich, und auch nirgends so vermerkt. Ich bin gewillt CHF 500.- zu bezahlen (den Betrag der Sicherheitslimite), das darüber hinausgehende jedoch nicht.“

2. STELLUNGNAHME DES ANBIETERS

Der Stellungnahme von Z Network wird Folgendes entnommen:

„Zum Ablauf der Auseinandersetzung:

26.07.2012: Anfrage von Herr X 26.07.2012: Telefonat von Herr G (Z Network) mit Herr X 26.07.2012: Angebot AN120138 an Herr X gesendet 26.07.2012: Schriftliche Bestellung von Herr X 27.07.2012: Eröffnung des Kundenkontos 4023 LAUNCHOFFICE (13:27) 27.07.2012: Erstes Telefonat durch Kunde (15:39) 08.09.2012: Hackangriff - Telefonate nach Lettland, Littauen und Ägypten 10.09.2012: Anfrage von X an info@ZNetwork.ch warum Saldo so hoch. 13.09.2012: Bitte um Passwortwechsel auf „D“ von X an G 14.09.2012: Passwortänderung durch G gemeldet an X. Nachfrage warum der Saldo so hoch ist. 3.10.2012: Antwort von X an G, dass seine Anlage gehackt wurde. X bittet G um telefonische Kontaktaufnahme um den Sachverhalt zu klären. 27.11.2012: Mail von X an G mit Belehrungen, Bitten und Rügen 27.11.2012: Mail von G an X mit Info dass der Fall geprüft wird. 29.11.2012: Mail von G an X mit Info dass die Sicherheitslimite eine reine Prophylaxe und keine Gewährleistung darstellt. Angebot für Preisnachlass von CHF 300.- 01.12.2012: Mail von X an G mit der Info dass er mit dem Vorschlag nicht einverstanden ist. Info dass Fall an Ombudscom gemeldet wurde. 3.12.2012: Mail von G an X mit Info dass kein weiteres Entgegenkommen stattfinden wird. Letzte Zahlungsfrist von 5 Tagen. Rechtliche Schritte angedroht. 3.12.2012: Mail von X an G mit der Bitte um Angabe der für Ihn geltenden AGBs sowie der Kündigungsfrist 3.12.2012: Antwort von G an X auf oben genannte Fragen 4.12.2012: Mail von X an G mit der Bitte um Mahnstopp aufgrund der Bestätigung der Einleitung des Schlichtungsverfahrens Gemäss der E-Mail von G an X vom 29. November 2012 mit der detaillierten Erklärung der Sicherheitslimite und aufgrund der Ablehnung unseres Angebotes der Preissenkung um CHF 300.- bestehen wir auf der ganzen Forderung von CHF 1249.70 ohne jeglichen Verhandlungsrahmen.“

3. EINTRETENSVORAUSSETZUNGEN

Gemäss Art. 12c Abs. 1 des Fernmeldegesetzes (FMG / SR 784.10) und Art. 43 Abs. 1 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV / SR 787.101.1) kann ombudscom als Schlichtungsstelle bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbieterinnen von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten angerufen werden. Die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Schlichtungsverfahrens sind in Art. 45 Abs. 2 FDV sowie Art. 5 des Verfahrensreglements von ombudscom geregelt. Das Schlichtungsbegehren muss mit dem dafür vorgesehenen Formular eingereicht werden. Die einreichende Partei muss glaubhaft darlegen, dass sie mit der anderen Partei in der Regel innerhalb der letzten 12 Monate eine Lösung gesucht hat. Das Schlichtungsbegehren darf nicht offensichtlich missbräuchlich sein und es darf kein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache befasst sein.

Mit E-Mail vom 10. September 2012 wandte sich der Kunde an den Anbieter. Dieses Wochenende habe er eine E-Mail mit dem Hinweis, dass die Infolimite von CHF 450.- im Account Kundennummer 4023 überschritten wurde. Nun habe er Gesprächsverbindungen auf der Rechnung festgestellt, die sie nicht geführt hätten. Für ihn stelle sich nun die Frage, weshalb im geschützten my.z........ag.ch- Bereich eine Sicherheitslimite von CHF 500.- eingestellt sei, diese aber scheinbar nicht „greife“. Beim Erreichen dieser Limite sollte das Konto automatisch für ein- und ausgehende Gespräche gesperrt werden. Wie könne der aktuelle Saldo nun CHF 1'272.08 betragen?

Am 27. November 2012 wandte sich Herr X erneut an den Anbieter. Er sei weiterhin der Meinung, dass ein Laie nicht wissen könne, dass die Limite möglicherweise erst greife, nachdem alle Gespräche beendet seien. Dies sei in den Unterlagen nirgends erwähnt. Er sei bereit, den Betrag bis zur Sicherheitslimite zu bezahlen und schlage vor, der Anbieter verzichte aus Kulanz auf die Differenz.

Am 29. November 2012 erhielt der Kunde eine Antwort des Anbieters. Die Sicherheitslimite auf dem Z Network AG- Konto sei lediglich eine Massnahme, um grosse Schäden durch Hackangriffe zu unterbinden. Die Limite stellt keine Gewährleistung für den maximalen Kontoverbrauch dar und habe den Kunden vor einem höheren Schaden bewahrt. Der Schutz der eigenen Telefonanlage sei nicht Aufgabe von Z Network AG. Trotzdem sei der Anbieter bereit, eine Gutschrift von CHF 300.- zu gewähren. Die Restforderung würde sich somit auf CHF 978.86 belaufen. Am 1. Dezember 2012 wandte sich der Kunde erneut an Z Network AG. Er danke für die Bemühungen, sei jedoch mit dem Angebot nicht einverstanden. Der zentrale Punkt sei dabei, dass unter anderem im Z Network AG-Bereich, auf der Website und dem mitgesandten PDF eine Sicherheitslimite erwähnt werde, auf die sich der Kunde verlasse. Dabei ist nirgendwo von parallel aktiven Gesprächen gesprochen worden und auch in den AGB würden solche nicht erwähnt. Er werde nun abwarten, zu welchem Schluss ombudscom komme. Am 3. Dezember 2012 stellte der Anbieter dem Kunden erneut eine Antwort zu. Man könne ihm nicht mehr anbieten und sollte der offene Betrag nicht innert 5 Tagen beglichen sein, müsse die Zahlung auf rechtlichem Weg eingefordert werden. Somit konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielt werden.

X hat seinen Versuch zur Einigung mit Z Network AG glaubhaft dargelegt. Da auch die weiteren Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens erfüllt sind, ist der Ombudsmann zuständig, im Rahmen des Schlichtungsverfahrens zwischen den Parteien zu vermitteln.

4. ÜBERLEGUNGEN DES OMBUDSMANNS

A. Sachverhalt

Herr X interessierte sich für eine Telefonanlage für den Geschäftsgebrauch und wurde dabei auf die Firma Z Network AG aufmerksam, welche Businesslösungen für VoiP (Internettelefonie) anbietet. Am 26. Juli 2012 erhielt Herr X eine Offerte für einen sogenannten „D“. Das Produkt beinhaltete die Einrichtung eines Hauptanschlusses und wiederkehrende Abonnementsgebühren für den Hauptanschluss und einen 10er Nummernblock.

Ein schriftlich unterzeichneter Vertragsabschluss liegt nicht vor. Offensichtlich wurden sich die Parteien jedoch einig und Herr X nahm die Dienstleistungen in Anspruch. Bis zum Missbrauchsvorfall mit den hohen Rechnungsgebühren vergingen nach Angaben des Kunden bereits eine oder zwei Rechnungsperioden. Während des Wochenendes vom 9./10. September 2012 erhielt der Kunde via E-mail eine Warnmitteilung des Anbieters, wonach das Gebührenaufkommen die vom Kunden fixierte Limite von CHF 450.00 überschritten habe. Herr X prüfte darauf den Verbindungsnachweis und stellte fest, dass ein Grossteil der Verbindungen nicht nachvollziehbar war. Der Kunde äusserste gegenüber Z Network AG den Verdacht, dass Unbefugte ins das Telefonsystem des Kunden eindrangen und missbräuchlich nutzten. Im darauffolgenden Kontakt mit dem Kundendienst von Z Network AG stellte der Anbieter klar, dass für solche Vorfälle keine Verantwortung übernommen werden könne. Der Kunde zeigte dafür Verständnis. Er rügte hingegen den Umstand, dass im Kundenkonto eine Sicherheitslimite von CHF 500.00 eingerichtet war und diese offensichtlich nicht funktionierte, wenn ein Rechnungsbetrag über CHF 1200.00 resultierte. So werde bei der Sicherheitslimite auch darauf hingewiesen, dass bei Erreichen der festgelegten Limite das Konto für ein- und ausgehende Anrufe automatisch gesperrt werde.

In der weiteren Auseinandersetzung mit dem Anbieter verwies letzterer darauf, dass die Kostenkontrolle kein sogenanntes „Fraud Managementsystem“ sei, das die Abwehr von Missbräuchen gewährleiste. Die Dienstleistung beschränke sich auf Kundeninformationen zur Kostenkontrolle. Der Anbieter bot dem Kunden freiwillig einen Erlass von CHF 300.00 auf die strittige Forderung. Der Kunde lehnte das Angebot ab und stellte klar, dass er für die strittige Rechnungsperiode einen maximalen Gebührenbetrag von CHF 500.00 zu akzeptieren bereit sei.

B. Vertrag

Der Ombudsmann geht vorliegend von einem gültigen Vertragsverhältnis zwischen den Parteien aus. Diese Frage scheint unter den Parteien auch nicht strittig zu sein. Auf Nachfrage des Ombudsmanns bestätigte Herr X, dass er bereits vor dem Zwischenfall die Dienstleistungen in Anspruch nahm und eine bis zwei Gebührenrechnungen vom Anbieter erhielt. Die entscheidenden Fragen in der vorliegenden Auseinandersetzung stellen sich rund um die Bedeutung und Tragweite der vom Anbieter zur Verfügung gestellten Sicherheitslimite. Der Kunde erwartete von diesem Instrument eine absolute Begrenzung der Gesprächsgebühren auf die festgelegte Limite. Der Anbieter sieht darin „eine prophylaktische Massnahme um immense Schäden durch Hackangriffe zu unterbinden.“ Die Sicherheitslimite stelle hingegen keine Gewährleistung für den maximalen Kontoverbrauch dar, was die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Z Network AG auch so festhielten.

C. Einbezug der AGB in den Vertrag

Herr X rügte, dass er anlässlich der Bestellung bzw. des Vertragsschlusses nicht in klarer Weise über die geltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen von Z Network AG informiert wurde. Der Kunde führt dazu an, auf der Webseite des Anbieters seien drei Versionen von AGB's publiziert. Vor dem Vertragsschluss sei den schriftlichen Unterlagen zum Angebot lediglich der Hinweis "... unterliegt unseren AGB's" zu entnehmen gewesen. Der Kunde hält fest, keine gesondert zugestellte Version der geltenden AGB zum Angebot erhalten zu haben. Aus Sicht des Ombudsmanns ist die Frage nach dem wirksamen Einbezug der AGB als Bestandteil des Vertrages für die eigentliche Streitfrage nicht von Bedeutung. Auf die massgebliche Klausel in den AGB ist an anderer Stelle zurückzukommen.

D. Informationen bei Vertragsschluss

a. Willkommensbrief

Der Ombudsmann verfügt über ein dreiseitiges Dokument des Anbieters, welches die Anmeldung des Kunden bestätigt und Herrn X vor Ausschaltung der Dienstleistungen über Zugangdaten, Support, Rechnungen etc. umfassend informierte. Auf Nachfrage des Ombudsmanns bestätigte der Kunde, das Dokument erhalten zu haben. Unter „Z Network Konto-Limiten“ wurde der Kunde wie folgt informiert:

„Ihr Konto wurde mit einer Sicherheitslimite von CHF 500.– und einer Informationslimite von CHF 450.– für Geschäftskunden eingestellt; d.h. das System informiert Sie automatisch, sobald ihre aufgelaufenen Kosten die Informationslimite erreicht haben. Weitere Informationen finden Sie unter: www.z-ag.ch/limiten.“ Unter dem Link finden sich weitere Hinweise vom Anbieter zur Konto-Limite.

b. Besondere Hinweise

Unter dem Titel „Informations- und Sicherheitslimite“ finden sich eingangs Empfehlungen zur sicheren Wahl von Passwörtern bei Verwendung der kundeneigenen Telefonanlage. Im Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die Einstellung der persönlichen Sicherheitslimite im myCustomer account-Konto der Kunden in erster Linie dazu dient, unbeabsichtigte und in die Höhe schnellende Gebühren zu kontrollieren. In zweiter Linie diene sie dem Anbieter zur Kontrolle von Kreditrisiken säumiger Zahlerinnen und Zahler. In beiden Fällen würden automatisch E-Mails generiert. Zuletzt findet sich der Hinweis, dass mit Überschreiten der Sicherheitslimite das Konto sowohl für ausgehende wie auch eingehende Telefongespräche gesperrt werde. In diesem Fall hätten Kunden vor Freischaltung des Anschlusses entsprechende Zahlungen zu leisten.

Aus Sicht des Ombudsmanns sind die Bestimmungen und Informationen des Anbieters zur Funktion und der Bedeutung des Sicherheitslimite verständlich und klar abgefasst. Es wird darauf hingewiesen, dass die im Kundenkonto integrierte Dienstleistung dazu dient, ungewolltes und explodierendes Gebührenaufkommen zu kontrollieren und auf einen maximalen Gebührenbetrag zu beschränken. Nach Auffassung des Ombudsmanns lassen diesen Informationen bei Kunden den Schluss zu, dass ein bestimmtes Kreditlimit besteht und dessen Überschreiten die sofortige Sperrung der Dienstleistungen zur Folge hat. Keine Erwähnung finden Hinweise, dass die Informations- und Sicherheitslimite von Z Network AG unter bestimmten Umständen unwirksam wäre.

c. Sicherheitslimite

Der Ombudsmann verfügt über keinen detaillierten Verbindungsnachweis zum Missbrauchsvorfall. Objektiv und nach Ansicht des Kunden hat die Sperrung im vorliegenden Fall erst nach massiver Überschreitung der gesetzten Sicherheitslimite eingesetzt. Es fragt sich daher, ob diese überhaupt funktionierte. Vermutungsweise startete die missbräuchliche Nutzung auf einem Gebührenniveau vor der Limite von CHF 500.00 und dauerte bis zur Endsumme von CHF 1100.00 an. Diese Annahme erscheint als einzige plausible Erklärungen zur Entstehung des strittigen Rechnungsbetrages. Die von Z Network AG angebotene Sperrung der Dienstleistung greift während eines aktiven Anrufvorgangs offensichtlich nicht, bzw. erst nach deren Beendigung.

Aus Sicht des Ombudsmanns lässt die gewählte Formulierung in den schriftlichen Unterlagen des Anbieters keinen Interpretationsspielraum zu. Der Anbieter gibt in seiner Produktbeschreibung an, das Kundenkonto werde für ein- und ausgehende Gespräche gesperrt wird, wenn das Gebührenaufkommen die Sicherheitslimite überschritten habe. Bei Kunden dürfte die gewählte Formulierung üblicherweise dahingehend verstanden werden, dass die Sperrung bei Überschreitung der Sicherheitslimite einsetzt und sofort wirksam wird.

Es sind weder aus den allgemeinen Informationen von Z Network AG, noch aus dem Wortlaut zur Informations- und Sicherheitslimite Hinweise ersichtlich, wonach eine Sperrung nach Überschreitung der Sicherheitslimite nicht absolut gilt, sondern vom Nutzungsverhalten abhängt. Bestätigt wird dieser Schluss auch aus dem Inhalt der Warn-Email vom 8. September 2012 an den Kunden zum Sperrzeitpunkt. Die Mitteilung lautete wie folgt:

„(...) gerne weisen wir Sie darauf hin, dass die aufgelaufenen Kosten in Ihrem mycustomeraccount-Konto soeben die Informationslimite von CHF 458.8 erreicht hat. Ihr Konto wurde mit einer Sicherheitslimite von CHF 500 eingestellt. Sollten die aufgelaufenen Kosten diese Limite erreichen, würde Ihr Konto automatisch für ein- und ausgehende Gespräche gesperrt (...)“.

d. Zwischenergebnis

Der Wortlaut zur Funktion der Sicherheitslimite ist eindeutig und orientiert sich im Bezug auf den Sperrzeitpunkt an den aufgelaufenen Kosten bis zur festgelegten Limite. Kunden können und dürfen aufgrund dieser Mitteilung davon ausgehen, dass keine Gebühren über der festgelegten Kontolimite anfallen. Der Umstand, dass das verwendete System des Anbieters die Limite überschreitende Telefonate nicht unterbricht, ist für Kunden weder vorsehbar, noch muss auf Basis der vom Anbieter zur Verfügung gestellten Informationen damit gerechnet werden. Der Ombudsmann möchte Z Network AG daher empfehlen, die Sperrung technisch an den Wortlaut ihrer Produktinformationen anzupassen oder umgekehrt die Angaben zur Informations- und Sicherheitslimite zu überarbeiten und im erwähnten Sinne zu präzisieren. Anzufügen ist allerdings, dass ein System ohne absolute und wirksame (unabhängig der geführten bzw. aktiven Anrufe) Sperrung versehen ist, seinen eigentlichen Sinn und Zweck verfehlt und für Kunden nur von beschränktem Nutzen dürfte.

E. Rechtliche Einschätzung

Im Vordergrund steht eine mögliche Vertragsverletzung nach Art 97 Abs.1 OR. Neben den eigentlichen Hauptleistungspflichten (hier: Erbringung der Dienstleistung gegen Entgelt) bestehen für Vertragsparteien stets auch sogenannte Nebenleistungspflichten. Diese werden aus dem Vertrauensgrundsatz (Art. 2 ZGB) abgeleitet, wonach Vertragsparteien generell zu gegenseitig loyalem Verhalten angehalten sind. Parteien sind neben der Erfüllung der Hauptleistung auch dazu verpflichtet, aufeinander in umfassender Weise Rücksicht zu nehmen. Im Einzelfall werden Sorgfalts- und Obhutspflichten sowie Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichten unterschieden. Der Massstab von Informations- und Aufklärungspflichten bemisst sich nicht abstrakt, sondern aufgrund der Parteien, die sich gegenüberstehen. Damit verbunden ist die Wertung, ob und auf welcher Seite schützenswerte Interessen bestehen. Je grösser das Wissensgefälle zwischen den Parteien, desto höher sind die Anforderungen an Beratung, Information und Aufklärung.

Eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht stellt ebenso eine Vertragsverletzung dar, woraus sich ein entsprechender Haftungsanspruch ergeben könnte. Vorliegend könnte eine Verletzung einer solchen Nebenleistungspflicht darin erblickt werden, dass die Funktion bzw. der Umgang mit der Informations- und Sicherheitslimite dem Kunden falsch oder zumindest unzulänglich kommuniziert wurde. Mitteilungs- Informations- und Aufklärungspflichten dienen zum Ausgleich des unterschiedlichen Informations- und Kenntnisstandes der Parteien. Eine - wie vorliegend - ungleiche und unpräzise Informationsverteilung (Anbieter weiss um die „Tücken“ der Sicherheitslimite, was sich dem Kunden auch bei gründlicher Kenntnisnahme der schriftlichen Informationen nicht erschliessen konnte) war ursächlich für den Schaden des Kunden. Die Erfüllung weitere Tatbestandselemente vorbehalten, dürfte der Kunde einen Haftungsanspruch aus Art 97 Abs. 1 OR geltend machen können.

F. Bedeutung der AGB

Leider hat der Anbieter zu dieser zentralen Frage bisher nicht Stellung genommen. Z Network AG verwies den Kunden stets auf ihre AGB, welche in Ziffer 4 zur Rechnungsstellung festhalten, dass die Kredit bzw. Sicherheitslimite keine Garantie gegen allfällige Missbräuche durch Dritte darstelle. Es sei Aufgabe des Betreibers eines Telefons oder einer Telefonanlage sich vor Missbrauch zu schützen. Z Network AG gewährleiste mit der Sicherheitslimite den maximalen Kontoverbrauch nicht, womit der Anbieter auch in keiner Weise für den entstandenen Schaden verantwortlich oder gar haftbar gemacht werden könne. Aus der Korrespondenz des Kunden ist allerdings nirgends zu entnehmen, dass der Anbieter für die Sicherheit des Telefonsystems oder die verwendete Technik verantwortlich sei oder haftbar gemacht werden soll. Herr X räumte bereits in seinem ersten Schreiben vom 10. September 2012 gegenüber dem Anbieter ein, dass es für ihn nachvollziehbar sei, wenn der Anbieter für den Missbrauchsvorfall keine Verantwortung übernehmen könne. Z Network AG ging auf die konkreten Argumente und Fragen des Kunden – aus welchen Gründen auch immer - nicht ein. Herr X verwies wiederholt darauf, dass er über die Bedeutung der Sicherheitslimite und die in seinem Fall nicht rechtzeitig aktivierte Dienstleistungssperre wegen des Wortlauts in den Produktinformationen irritiert sei. Es ging dem Kunden offenkundig nie darum, den Missbrauch der Telefonanlage dem Anbieter anzulasten. Die Argumentation von Z Network AG mit Verweis auf die AGB zielte nach Ansicht des Ombudsmanns an der Sache vorbei.

G. Ergebnis

Der Ombudsmann kann zusammenfassend festhalten, dass Herr X auf die Produktangaben für Geschäftskunden von Z Network AG vertrauen konnte und durfte. Es bestehen keine gegenteiligen Hinweise, welche die Bedeutung der Sicherheitslimite und der damit gekoppelten Sperrung der Dienstleistungen infrage stellen könnte. Abgegebene Informationen einer Vertragspartei sind rechtlich verbindlich und begründen einen Vertrauensschutz. Aus Sicht des Ombudsmanns hätte Z Network AG aufgrund des eindeutigenWortlauts der Produktbeschreibung weiteres Gebührenaufkommen bei Überschreitung der festgelegten Sicherheitslimite von CHF 500.00 verhindern müssen. Das bereits angebotene Entgegenkommen des Anbieters wird vom Ombudsmann begrüsst, scheint nach dem Gesagten allerdings nicht als angemessen. Der Ombudsmann möchte Z Network AG dazu bewegen als fairer Geschäftspartner und im Sinne der vertraglichen Vereinbarung unter den Parteien ihrem Kunden einen weiteren Schritt entgegen zu kommen. Der Anbieter möchte für die über der Sicherheitslimite entstandenen Kommunikationsgebühren aufkommen und die strittige Gebührenrechnung vom 1. Oktober 2012 um CHF 630.11 reduzieren. Der neue Saldo der offenen Rechnung Nr. 1-2012-017100 würde demnach neu auf die Summe von CHF 569.15. lauten.

5. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG

  1. Z Network AG stellt Herrn X innert 10 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Bestätigung über die erfolgreiche Schlichtung eine Schlussrechnung über CHF 569.15 samt dazugehörigem Einzahlungsschein zu.
  2. Herr X bezahlt Z Network AG CHF 569.15 innert 20 Tagen nach Erhalt der schriftlichen Bestätigung über die erfolgreiche Schlichtung mit dem dazugehörigen Einzahlungsschein.
  3. Dieser Schlichtungsvorschlag wird von beiden Parteien freiwillig und ohne Schuldeingeständnis angenommen.

Bern, 25. Februar 2013

Dr. Oliver Sidler
Ombudsmann

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